"Die Bombe is' eh im Koffer"
oder ganz raus muss. Und dass man die Jacke bitte auch noch ablegen möchte. Das ist der Einweiser.
Dann gibt es den Kollegen, der einem zunickt, dass man jetzt bitte durch die Torsonde gehen möchte. Und wenn man durchgegangen ist, dann hat er diese Handsonde, mit der er einen nochmal untersucht, wenn was piept. Von hinten nach vorn, von oben nach unten. Er untersucht Hals und Kragen, dann die Arme, die man ausstreckt, erst oben am Arm entlang, dann unten. Wenn man mal drauf achtet, wird man feststellen, dass er mit der einen Hand die Sonde an einem entlangführt und die andere Hand immer brav hinter der Sonde hertastet, so als wäre die Sonde der Blindenhund von der Hand. Dann macht der Kollege das so, wie’s sein soll, die Faustregel lautet: Hand folgt Sonde. Er untersucht die Achselhöhlen, den Rücken, die Brust und die Brusttaschen, den Hosenbund, die Hosenbeine, die Schuhe. Das ist der Sonder.
Weiter gibt es den Kollegen, der einem wieder die vollen Kästchen zuordnet, wenn sie auf den Rollen aus dem Röntgengerät rutschen. Manchmal fragt er, ob er in das eine oder andere Teil einen Blick werfen darf. Er fummelt sich vielleicht durch die Unterwäsche, und wenn man die Reise gerade erst angetreten hat, duftet alles noch ein bisschen nach Waschmittel, und dann ist man darüber genauso froh wie der Posten, der einem gegenübersteht: die Nachschaukraft.
Und dann gibt es noch den einzigen Kollegen, der sitzen darf. Das ist der, der den Koffer gerade durchleuchtet hat. Den Gürtel und das Kleingeld. Der sitzt da und sieht auf seinem Bildschirm den Kofferinhalt in Orange, in Blau, in Grün, je nachdem, was so drin ist, Legosteine oder Wurstbrote. Er sieht in die Ecken, er sucht nach allem Verbotenen. Das ist der Monitorer. Und das ist eine wirklich teuflisch anstrengende Aufgabe.
Der Monitorer hat eine ganze Latte von gefährlichen und verbotenen Gegenständen im Kopf. Und wie die von verschiedenen Seiten aussehen. Weil man eine Pistole von der Seite ja ganz gut erkennt, aber wenn man von oben draufsieht, dann besteht da kein allzu großer Unterschied zu einer mittelgroßen MagLite-Taschenlampe. Und ein dünnes Messer kann von der Seite auch mal aussehen wie eine Stricknadel. In seiner Ausbildung haben sie den Kollegen getriezt, bis er in Tests alles Gefährliche gefunden hat. Dazu hat er zehn Bilder ansehen müssen, zehn von diesen Kunstwerken in Orange-Blau-Grün, und keines davon länger als zehn Sekunden. Und anschließend hat er alles gehabt. Und ich versichere: Dieser Teil der Ausbildung ist die Hölle. Für jedes von diesen Bildern muss man vorher ungefähr hundert andere Bilder ansehen. Mit dem Zoom ranfahren, Ausschnitte vergrößern oder verkleinern, die Kontraste verändern oder auch ganz auf Schwarz-Weiß zurückfahren. Man muss die ganzen echten Verstecke kennen, doppelte Böden, Seitenfächer, und die vermeintlichen Verstecke, wo niemand was versteckt, sondern die Sachen einfach nur schwer zu sehen sind. Wenn man das einen Tag lang geübt hat, sieht man zum Schluss in den Koffern überhaupt nichts mehr außer Sternchen. In Blau-Grün-Orange.
Wenn man die Prüfung mit den zehn Bildern erst mal bestanden hat, dann darf man das auch nicht mehr länger als zwanzig Minuten am Stück machen, damit man nicht irgendwann anfängt, Handgranaten mit Radieschen zu verwechseln. Danach wird man abgelöst. Praktisch wird zwar meistens eine Dreiviertelstunde draus, das ist schon auch noch vertretbar, aber dann ist wirklich Feierabend.
Für den Kollegen vom Handgepäck, den vom Paragrafen fünf.
Wer sich hingegen für Paragraf acht entscheidet, macht den ganzen Tag nichts anderes. Der sieht acht Stunden am Tag Koffer vorbeirollen. Er spricht mit keinem Menschen, außer gelegentlich einem Kollegen. Oder mit dem Kofferknacker. Wenn er was Gefährliches entdeckt, ruft er den Kofferknacker, der öffnet ihm dann den Koffer. Und in New York oder Paris oder sonst wo holt dann sechs Stunden später jemand seinen Koffer ab mit einem kleinen Zettel: » Wir mussten Ihr Gepäckstück leider öffnen.« Und wenn’s verbotene Gegenstände sind, dann ist sogar der ganze Koffer weg und dafür kommt eine Strafanzeige. Aber von diesen ganzen Abenteuern kriegt der Paragraf-acht-Mann leider nicht mehr viel mit. Der sieht von früh bis spät nur KofferKofferRucksackKofferKofferGolftascheKofferTauchzeugKofferKoffer.
Diese Menschen verlernen das Sprechen. Und das Denken. Die sitzen da und werden geistige Pantoffeltierchen. Ich
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