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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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fachgerechtem Gebrauch eine erstklassige Hieb-, Stich- und Stoßwaffe abgeben kann. Das Horn hingegen durfte mit an Bord. Das versteht manchmal echt kein Mensch. Mein Kommentar ist da meistens: » Sehen Sie, wenn Sie eine Fahrradklingel dranschrauben, wer weiß, dann sieht die Sache rechtlich vielleicht schon wieder ganz anders aus…« Und manchmal rätseln bei uns alle gemeinsam, das ist dann die reinste Familienquizshow. Wie damals, als mich Judith zum Monitor gerufen hat.
    Es war die Tasche von irgendeinem Russen oder Ukrainer, er sprach jedenfalls gut, aber akzentuiert Deutsch, und auf dem Monitorbild von seiner Tasche waren sechs merkwürdige Gegenstände zu erkennen. Die waren rundlich, grauorange, irgendwie sahen die Teile aus wie faustgroße Marshmallows. Also ging ich zur Nachkontrolle. Die Tasche rollte aus unserem Strahlenschränkchen und machte » rruh, rruh«. Ich sah vorsichtig hinein.
    Es waren sechs Tauben. Brieftauben der edelsten Sorte, wie ich erfuhr. Der Herr hatte sie extra in Omsk gekauft. 800 Euro kostete eine dieser Edeltauben, da war schon klar, dass man die nicht ins Reisegepäck stopft wie einen alten Socken. Andererseits wussten wir auch nicht, was wir mit den Tauben tun sollten. Sind Tauben erlaubt? Wir riefen den Einsatzleiter. Der Einsatzleiter sah uns an, dann sah er die Tauben an.
    » Rruh, rruh«, machten die Tauben.
    » Keine Ahnung«, sagte er schließlich. » Da müssen wir die Bullen fragen.«
    Wir alarmierten die Bundespolizei. Zwei Kollegen kamen und begutachteten den Herrn, dann uns, dann die Tauben. Die Tauben blickten die Polizeibeamten treuherzig an.
    » Rruh, rruh«, sagten sie.
    » Süß«, sagte der eine Beamte. Dann richtete er sich auf, blickte uns fest in die Augen und verkündete mit entschlossener Stimme:
    » Keine Ahnung. Tauben hatten wir noch nicht.«
    » Und jetzt?«
    » Müssen wir den Stations-Chef fragen.«
    Wir waren inzwischen eine ganz stattliche Versammlung. Die Schlange am Kontrollpunkt wurde länger. Zwei Polizisten, vier Luftsicherheitsassistenten, der russische Herr, die Tauben, die immer wieder ihren Senf zu allem gaben. Zwischenzeitlich kam dem einen der beiden Polizisten eine Idee.
    » Wissen Sie«, meinte er verschwörerisch, » wir haben doch noch ein wenig Zeit, bis der Flug geht. Warum lassen Sie die Tauben nicht einfach heimfliegen?«
    » Und wie soll das gehen?«
    » Na, Sie bringen die Viecher raus und fertig.«
    Der Russe verdrehte die Augen.
    » Ihnen ist aber schon klar, dass die Tauben dann wieder nach Omsk fliegen? Die waren doch noch nie bei mir zu Hause!«
    » Rruh, rruh«, bestätigten die Tauben aus Omsk.
    Der Stations-Chef kam. Der Stations-Chef blickte erst auf die Volksversammlung, dann auf uns, die Polizisten und besah dann die Tauben. Die Tauben setzten ihr freundlichstes Gesicht auf. Der Stations-Chef legte die Stirn in Falten. Dann hob er den Kopf und sagte:
    » Ist okay.«
    Jubel brach aus. Wildfremde Menschen fielen sich um den Hals. Der Russe machte den beiden Polizisten einen Heiratsantrag.
    Na ja, das stimmt so nicht ganz.
    Er nahm eigentlich nur seine Tauben und ging zu seinem Gate.
    Aber mit einer Fahrradklingel dran hätte die Sache auch ganz anders ausgehen können.

Hell’s Kitchen
    Es ist möglich, Mist zu bauen. Also im konstruktiven Sinn: Unsinn zu errichten. Jeder Luftsicherheitsassistent am Frankfurter Flughafen weiß das, auch wenn er es vielleicht nicht für möglich gehalten hätte, bevor er seine Arbeit antrat. Der größte anzunehmende Unsinn, der baulich organisierte Irrsinn hat einen Namen: Kontrollstelle B Mitte. Aber niemand nennt die Kontrollstelle B Mitte »Kontrollstelle B Mitte«, denn inzwischen wurde sie intern umgetauft: Wir nennen sie Hell’s Kitchen, die Küche der Hölle.
    Hell’s Kitchen liegt im Terminal 1. Sämtliche Gates, die mit A, B oder C anfangen, gehen von Terminal 1 weg, insgesamt 117 Stück. Der mittlere Abschnitt ist Gate B. Hier liegt der Zugang zu den B-Gates, die so ziemlich genau die Hälfte aller Gates im Terminal 1 ausmachen. Und Gate B ist aufgebaut wie ein großes Ypsilon. Unten, am Fuß vom Y ist die normale Kontrollstelle. Hier gehen alle Leute durch, die in Frankfurt einfach nur den Flughafen betreten und wegfliegen wollen. Auf dem Weg zu ihrem Gate gehen sie den unteren Stiel des Y nach oben entlang, und kurz, bevor sich das Y gabelt, gehen sie an B Mitte vorbei. Das ist in Ordnung so, denn sie sind ja schon kontrolliert. Für sie ist B Mitte auch nicht

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