"Die Bombe is' eh im Koffer"
’tschuldigung, gibt’s hier einen Kiosk, wo ich die neue Vogue kriege?«
Tatsache ist, dass es uns verboten ist, während des Dienstes Privatgespräche zu führen, weil wir uns auf unsere Aufgabe konzentrieren müssen und sollen. Das ist eine absolut vernünftige Anweisung, aber der Excuse-Me ist davon überzeugt, dass wir sie nur deshalb befolgen, damit wir mehr Zeit für ihn haben.
Verschärfend kann ein Jumbojet mit fünfhundert Japanern in Hell’s Kitchen einfallen. Die sind an und für sich pflegeleicht, aber dennoch aufwendig, weil man sich mit ihnen so schwer verständigen kann. Einige Kollegen haben sich tapfer die wichtigsten Begriffe auf Japanisch angeeignet– Koffer,öffnen, so was in der Art. Aber die können nicht überall sein.
» ’tschuldigung, wo kann ich mich hier denn mal frischmachen?«
» Excuse me, what time is it?«
» Haben Sie mal ’ne Zigarette?«
» Foto? Foto?«
Das ist natürlich wieder rührend am Japaner. Zahlreiche Japaner kommen nach Europa, um 14 Tage lang zu fotografieren. Eine sehr sinnvolle Einrichtung, denn zwei Wochen später, wenn die Japaner die Kamera dann langsam wieder vom Auge nehmen, können sie an den Bildern erkennen, wo sie eigentlich gewesen sind, wer dabei war, und ob es sich lohnt, selbst mitzugehen oder ob man nicht nächstes Mal einfach einem Mitreisenden die Kamera in die Hand drückt und in der Zwischenzeit selbst ein paar lukrative Überstunden macht. So weit sind wir aber noch nicht, einstweilen wollen die Japaner erst ein Erinnerungsfoto zusammen mit ihrem Luftsicherheitsassistenten. Das Foto wird leider unscharf, weil jemand den Luftsicherheitsassistenten fortwährend am Ärmel zieht.
» Excuse me, where is the restroom?«
» Excuse me, where is the restroom?«
» Excuse me, where is the restroom?«
Es kommt manchmal vor, dass man die Frage trotz mehrfacher Wiederholung nicht beantworten kann. Nicht aus Unhöflichkeit, sondern weil man gerade die Schuhe eines vermeintlichen Terroristen mit der Handsonde untersucht. Es ist gut möglich, dass man anschließend die Frage auch nicht beantwortet, weil Stille eingetreten ist und man daher annimmt, der Frager habe sich wohl resigniert entfernt. Also verabschiedet man sich von dem Schuhterroristen, der mal wieder kein Terrorist war, sondern nur dringend in den ICE nach Hannover muss. Und während man also gerade kurz durchschnauft und den nächsten Passagier herwinkt, um ihn–
» EXCUSE ME!!!
WHERE IS THE RESTROOM??! «
Anhand zahlreicher Beinahe-Herzinfarkte habe ich gelernt: Ein Excuse-Me verschwindet nicht von selbst. Überrascht hat mich eigentlich nur, dass nie einer von den Excuse-Mes erst die Verstärkeranlage von Motörhead aufgebaut hat, um mich und die gesamte Halle B Mitte mit seiner idiotischen Frage nach dem Scheißhaus in die nächste, hoffentlich leisere Welt zu blasen.
» Himmel, in zwanzig Minuten fährt mein ICE , verdammt nochmal, ich habe reserviert!«
Das kommt verschärfend hinzu: der Zeitdruck. Man kennt ja den Moment, wenn man ziemlich spät am Flughafen ankommt und noch durch die Kontrolle muss, da wird man einfach hibbelig, aber es muss ja nun mal sein. Hier haben wir die Situation, dass die Leute aufgehalten werden, weil sie etwas völlig Schwachsinniges tun sollen– weil sie, man kann es nicht deutlich genug sagen, nicht vorher aussortiert worden sind. Die Folge ist, dass die Situation an sämtlichen Kontrollgeräten ständig kurz vor einer Schlägerei steht. Und die Passagiere sind genauso geladen wie die Luftsicherheitskräfte. Fehler darf es da keine geben– aber gerade hier entstehen sie.
Ich habe einmal eine Flasche Champagner nicht abgenommen. Ein Manager hatte sie dabei, ich wollte sie ihm schon abnehmen. Dann nahm er mich zur Seite, zeigte mir seinen Personalausweis: Er war in Frankfurt geboren, er wohnte in Frankfurt, und er erzählte mir kurz die Geschichte mit der Champagnerflasche. Eine Stewardess hatte ihm auf seinem gerade beendeten Lufthansa-Flug die Brille beim Zurückbeugen vom Servieren vom Kopf gewischt. Die Brille segelte in den Zwischengang, die Stewardess hatte sich vielmals entschuldigt, sich umgedreht, um die Brille aufzuheben und war dabei ganz folgerichtig auch noch auf sie draufgetreten. Der Schaden würde natürlich ersetzt, aber als kleine Wiedergutmachung gab sie ihm die Flasche Champagner mit.
Ich sah mir den Typ an, die Tasche war clean, die Handsonde hatte nichts ergeben, der Flaschenverschluss wirkte komplett unverdächtig,
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