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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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Flugzeugentführer blond, trug ein grünes Mützchen und schielte, und letztes Jahr hat einer in der U-Bahn Giftgas verteilt, der trug ein grünes Mützchen, schielte und war blond – dann braucht man keine Polizeiausbildung, um sich zu sagen: Na, vielleicht sollte man mal ein bisschen besser auf die schielenden Blonden mit den grünen Mützchen achten.
    So banal ist das. Tut mir leid, wenn manche was anderes erwartet haben. Und so banal muss das auch sein, damit die Arbeit effizienter wird. Das hat dann auch mit Diskriminierung nichts zu tun: Man untersucht ja nicht die einen bis auf die Knochen und die anderen gar nicht, sondern man wird nur bei der einen Gruppe etwas schneller hellhörig. Und das halte ich für legitim: Bei einer Vergewaltigung fahndet man schließlich auch nur nach einem Mann und nicht aus Gründen der Gleichberechtigung auch nach einer Frau.
    Was selbstverständlich nicht ausschließt, dass das nächste Attentat von einem weitsichtigen dunkelhaarigen Frührentner ausgeführt wird. Statistisch gesehen wird es sogar mit jedem Attentat wahrscheinlicher, dass der Attentäter diesmal nicht schielt, nicht blond ist, nicht mit einer grünen Mütze herumrennt. Aber wenn man da keinen speziellen Tipp von Informanten aus der Szene bekommt, dann muss man das Entdecken des Ausnahmeattentäters den normalen Kontrollen überlassen, weil jede andere Bevölkerungsgruppe für sich immer noch unwahrscheinlicher ist. Als Abwechslung zu blonden, schielenden Grünmützen sind die rothaarigen Fleischereifachverkäuferinnen genauso denkbar wie linkshändige Landschaftsgärtner. Das ist ja das Fiese an der Fahnderei: Man kann zu Lernzwecken immer nur die Vergangenheit heranziehen. Also: Mit Ihrem Zeitungs- und Fernsehwissen– nach wem würden Sie suchen?
    Nach Arabern?
    Na, das war jetzt ein bisschen flapsig formuliert, aber die Richtung stimmt schon mal. Sie haben sich vermutlich gedacht, dass der internationale Terrorismus derzeit häufig islamistische Wurzeln hat. Und dass Menschen aus dem Orient häufiger mit dem Islam zu tun haben als Menschen aus China. Sehen Sie, da denken Sie jetzt schon wie die Polizei– nur hat die Polizei etwas mehr Daten zur Verfügung als Sie und ich, die wir mit unserem Bauchgefühl vorliebnehmen müssen. Menschen, die aus dem Nahen und Mittleren Osten stammen, sind uns also einen Extrablick wert– übrigens nicht nur uns, sondern auch unseren amerikanischen Freunden. Was noch?
    Männer?
    Stimmt auch, obwohl ich gelesen habe, dass bei den Palästinensern inzwischen auch mehr und mehr Frauen mit Sprengstoffgürteln hantieren. Man nennt sie dort » Schwarze Witwen«. Auch wieder erstaunlich, wo bei den Islamisten die Gleichberechtigung einsetzt, aber vielleicht ist das ja auch ein logistisches Problem. Zynische Kollegen von mir lästern dann, dass im Paradies scheinbar schon so viele Gotteskrieger angekommen sind, dass sie so die nötigen Jungfrauen hinterherschicken müssen. Aber wie dem auch sei: Die Mehrheit der Anschläge wird von Männern verübt. Und das ist letzten Endes gut nachvollziehbar, weil sich Männer generell mehr aufregen als Frauen. Wer’s nicht glaubt, sollte einem Mann mal die Fernbedienung verstecken. Weiter geht’s– was halten Sie noch für verdächtig?
    Bärte?
    Nein, Bart stimmt noch nicht. Präziser, bitte. Sie haben wahrscheinlich Osama bin Laden vor Augen. Aber das hilft auch weiter: Was ist der Unterschied zwischen Osama bin Laden und Mohammed Atta? Genau: das Alter.
    Es ist kein Zufall, dass nicht bin Laden ins World Trade Center geflogen ist. Das hätte bin Laden vermutlich auch nie getan. Entweder hielt er sich für zu wichtig oder zu bekannt, meine persönliche These ist– der Mann war schlicht nicht bekloppt genug. Und das sind Männer in diesem Alter selten. Die sind schon auch Überzeugungstäter, sicher, und wenn man denen beim Tee gegenübersitzt, dann sagen die einem garantiert auch, dass sie selbst jederzeit bereit wären, für ihre Sache in den Tod zu gehen, zu fahren oder zu fliegen– aber, seltsam, seltsam, wenn’s dann so weit ist, findet sich doch immer ein anderer. Und das Alter dieses anderen liegt üblicherweise irgendwo zwischen sechzehn und Ende zwanzig.
    Das ist das Alter, in dem man erstmals denkt, man würde total durchblicken. Das Alter, in dem die zornigen jungen Männer noch etwas zorniger sind als sonst. Man hat keine Familie, an die man denken muss, man hat vielleicht noch nicht mitbekommen, dass es unterm Strich keinen

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