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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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ist seltsam, wie solche Ereignisse wirken. Die Geschichte spricht sich herum, und dann ist die ganze Truppe der Luftsicherheitsassistenten ein bisschen hibbelig. Wie ein Ameisenbau, wenn man mal mit einem Stock reinbohrt. Da tut man keiner Ameise was, aber trotzdem sind die die nächste Stunde total wuselig. Und es kann gut sein, dass uns der Fund drei Tage später nur deshalb aufgefallen ist.
    Zwei Jungs um die zwanzig kamen durch die Handgepäckkontrolle. Die waren absolut unscheinbar. Sie trugen Anzüge, waren sorgfältig frisiert, fast wie die Popper in den Achtzigern, aber das sah völlig unpolitisch aus, das waren halt zwei normale Junior Vice Executive Assistants oder sonst eine gehobene Form von Vorstandspraktikanten, und die hatten eben die Haare schön. Kann ja mal vorkommen. Das einzig Ungewöhnliche an ihnen war, dass sie in ihrem Koffer jede Menge Taschenlampen transportierten. Klein, länglich, wie diese praktischen LED -Pointer, die man am Schlüsselbund hat– machen ein kaltes blaues Licht und halten ewig. Etwa hundert Stück davon hatten sie dabei. Ich sah mir einen davon an, probierte ihn aus– tadellos. Kreisrunder Lichtkegel, ein bisschen schmutzig vielleicht. Ich wollte schon » in Ordnung« sagen, als der Kollege Matthias vorbeikam.
    Matthias war zehn Jahre jünger als ich und ein ganz Penibler. Vor allem aber gab es einen Unterschied zwischen uns: Matthias war mal bei der Bundeswehr gewesen. Und es muss wohl seine Bundeswehrerfahrung gewesen sein, die ihn bei den beiden Jungs mit den Lämpchen stutziger werden ließ als mich.
    » Lass mal sehen!«, meinte er und nahm eines der Lämpchen. Er leuchtete hierhin, dorthin, hielt seine Handfläche drunter und schien nicht recht zufrieden.
    » Was suchst du denn?«, fragte ich schon etwas genervt.
    » Moment, Moment«, murmelte er und leuchtete hektisch durch die Gegend. » Wart mal.«
    Ich sah kopfschüttelnd, wie er mit einem der Lämpchen weglief. Dann ging er damit in unsere Untersuchungskabine, zog den Vorhang vor und rief wenig später: » Achim, kommst du mal her?«
    Ich ging seufzend zur Kabine und quetschte mich neben Matthias. Ich zog den Vorhang zu.
    Da standen wir nun beide im Dunkeln.
    » Toll«, sagte ich, » unser eigener Darkroom.«
    » Blödmann«, sagte Matthias, » guck doch mal!« Und er knipste das Lämpchen an.
    Vor mir, an der Wand unseres Darkrooms, leuchtete ein schöner heller Kreis auf.
    Und in diesem Kreis war ein weniger schönes, dunkles Hakenkreuz.
    Matthias hielt das Lämpchen näher an die Wand und wieder weiter weg. Das Hakenkreuz schrumpfte und wuchs. In der richtigen Entfernung konnte man somit mühelos ein knapp meterhohes Hakenkreuz an die Wand werfen. Ich war baff.
    Wir holten uns Unterstützung bei der Polizei, die die Leuchten mitsamt den beiden Transporteuren abholten. Die Lämpchen blieben da, und die erkennungsdienstlichen Daten der beiden Rechtsausleger auch. Und ebenfalls bei uns blieb die Erkenntnis, was in solchen Lämpchen drinstecken konnte. Im Nachhinein musste ich zugeben, dass ich bestimmt schon einige von den Dingern durchgewinkt hatte. Das würde mir nicht mehr passieren. Ich bin in solchen Fällen auch nicht sauer. Was man nicht kennt, kann man nur schwer finden. Und man hat wieder einen kleinen Trick gelernt, der künftig nicht mehr klappt. Daher fing ich gleich an zu grinsen, als ich zwei Wochen später fünfhundert Lämpchen fand.
    Sie waren sauber abgepackt in einem großen Beutel. Der befand sich in einem mittelgroßen Trolley, der wiederum zu drei Jungs von Anfang zwanzig aus dem Nahen Osten gehörte. » Geschenke« seien das, sagten sie, » Geschenke«. Ich nahm sofort eines der Geschenke und leuchtete damit an eine Wand. Ich sah gar nichts. Zu hell. Also rannte ich, wie bei Matthias gelernt, mal eben in den kleinen Darkroom. Ich knipste das Lämpchen an, und von der Wand lächelte mir Osama bin Laden entgegen. So mildtätig und verständnisvoll wie der Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer.
    Ich holte trotzdem die Polizei, die den Beutel und die Buben gleich mitnahm. Etwas irritierend war nur, dass die drei so gar nicht in das Standardbild vom Terrorismusumfeld passen wollten. Sie haben fast geweint, als gäbe es noch richtig Ärger, wenn ihre Eltern davon erführen. Man hatte den Eindruck, als fänden sie zwar bin Laden cool, hätten für ihn deshalb aber noch lange keine Bomben transportiert. Ich hoffe mal, dass die Festnahme daran nichts geändert hat.

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