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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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ich redete, sah ich, wie die Tränen in seinen Augen aufstiegen.
    » Sorry«, sagte er, » so sorry«. Dabei hatte er doch gar nichts angestellt. » But can I… can I… drink? Please?«
    Also machten wir eine Ausnahme.
    Natürlich konnten wir ihm seinen Saft nicht lassen. Aber wir stellten ihm einen kleinen Stuhl hin, ans Ende des Personenkontrollbereichs, in unserem Blickfeld. Und ich sah, wie er sich zu seinen dreißig Litern Apfelsaft setzte, den ersten Karton öffnete und an den Mund hob.
    Ich schwöre, ich habe noch nie in meinem Leben jemanden mit einem solchen Genuss Rotwein, Champagner, Cognac trinken sehen wie diesen kleinen Inder seinen Apfelsaft. Es war, als schluckte er das reine Gold, eine Offenbarung, flüssiges Glück. Und in fünf Minuten war der erste Karton leer.
    Aber beim zweiten war nach zwei Schlucken Schluss. Und er musste ja auch zu seiner Maschine. Also nahm er die übrigen neunzehn Kartons und trug sie zum Müllcontainer, langsam, schleppend, als ginge er zu ihrer Hinrichtung.
    » Es ist nur Apfelsaft«, beruhigte ich mich, » es ist doch nur Apfelsaft!«
    Fast hätte es geklappt.
    Aber dann stemmte er die Kartons auf den rappelvollen Müllcontainer. Und bevor er umkehrte und zu seinem Flugzeug ging, streichelte er die Kartons langsam und liebevoll zum Abschied.
    Und mir schnürte es derart den Hals zu, dass ich mich ganz, ganz schnell um den nächsten Kunden kümmerte.

Große Klappe
    Witze sind eine tolle Sache. Alle Luftsicherheitsassistenten mögen Witze. Und flotte Sprüche. Wir alle mögen flotte Sprüche.
    Aber nicht immer.
    » Na, Jungs, heute schon ’ne Bombe gefunden?«
    Dabei flachsen wir gerne. Der Tag an so einer Kontrollstelle ist ja an sich sehr eintönig. Es gibt relativ viele ähnliche Dinge, die man immer wieder macht. Manchmal macht man aber auch sehr lange immer das gleiche Nichts, das ist auch nicht schön. Ich habe schon aus Langeweile sämtliche anwesenden Passagiere supergründlich gefilzt. Natürlich habe ich dann auch prompt nichts gefunden, aber man macht’s halt, nur damit man nicht so dumm rumsteht. Wenn die Passagiere dabei freundlich sind oder gut drauf, dann hilft uns das allen weiter. Und wenn einer von ihnen mal einen lustigen Spruch bringt, dann gibt man einen lustigen Spruch zurück. Ich liebe zum Beispiel englische Fußballmannschaften. » Send him back« ist ihr Lieblingsgag. Den können die stundenlang spielen.
    » Send him back!«
    » Bitte?«
    » Watch out for my friend!«, und dabei wird immer mit rollenden Augen auf den Hintermann in der Kontrolle gezeigt. » He’s very dangerous!«
    » Don’t believe him!«, schreit dann der. » He’s the dangerous one!«
    » You should watch them play«, seufzt meistens der Trainer, » not one of them is dangerous at all.«
    Flachsen bei der Kontrolle ist eine schöne Sache.
    Aber wie gesagt– nicht immer.
    » Na, Jungs, heute schon ’ne Bombe gefunden?«
    Wenn man wissen möchte, wann ein guter Tag für lustige Sprüche ist und wann nicht, sollte man ein bisschen darüber Bescheid wissen, wie Luftsicherheitsassistenten ticken. Das ist gar nicht so schwer, wir sind sogar ziemlich berechenbar. Und das lässt sich ganz gut am Beispiel der USBV erklären.
    Die USBV ist nicht unsere Vereinssatzung, sondern eine Abkürzung, und sie steht für eines der Dinge, die wir am akribischsten suchen. Schon deshalb, weil wir nicht wissen, wie unser Zielobjekt aussieht. USBV steht für Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung, und das heißt letzten Endes, dass niemand diese Vorrichtung irgendwo im Supermarkt gekauft hat, sondern dass sie hausgemacht ist. Marke Eigenbau. Es kann also sein, dass sie aussieht wie eine Bombe, aber das wäre so wahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass jemand auch gleich noch einen Zettel draufgeklebt hat mit » Achtung, Bombe. Nicht anfassen!«. Nein, wenn jemand was mit einer Bombe vorhat, dann will er, dass man die Bombe nicht findet. Wir wissen also nicht, wie das Ding aussieht, wir wissen nur, was drin sein muss.
    Eine Bombe braucht einen Sprengstoff, klar.
    Dann braucht sie einen Zündmechanismus, einen Zünder, eine Energiequelle und eine Verdrahtung. Ein Bild macht das Ganze etwas übersichtlicher: Man stelle sich eine Revolverpatrone vor. Der Sprengstoff ist das Pulver in der Patrone. Der Zünder ist das Zündplättchen hinten dran, so eines, wie man es aus Spielzeugpistolen kennt– das Plättchen, das knallt, wenn man draufhaut. Der Hahn, der wiederum auf das Plättchen

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