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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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genug Zutaten gefunden haben, sehen wir uns die Sache genauer an. Die Tasche wird mit dem EGIS -Teststreifen abgewischt, der kommt ins EGIS -Gerät und wird dort auf Sprengstoff untersucht. Aber das Prinzip ist klar: Wir suchen nach Dingen, die man im weitesten Sinne zum Bombenbauen verwenden könnte. Und mit diesen Indizien laufen wir nach und nach voll wie eine Regentonne. Erst kommt ein Indiz, dann noch eins, dann das dritte– und los geht’s. Und so läuft das nicht nur bei der Suche nach den Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen. So ticken wir insgesamt. Man kann in anderen Bereichen nur nicht so genau mitzählen. Und das macht die Sache mit den coolen Sprüchen so gefährlich.
    » Na, Jungs, heute schon ’ne Bombe gefunden?«
    Es gibt einen wichtigen Begriff, den man in diesem Zusammenhang kennen sollte: den Begriff des » erhöhten Grundrauschens«.
    Erhöhtes Grundrauschen ist Geheimdienstdeutsch. Aber die Bedeutung kennt fast jeder Mensch, und garantiert kennen sie alle Eltern. Das ist, wie wenn man zwei Kinder hat und noch acht Kinder zu Besuch, und man geht draußen vor dem Kinderzimmer vorbei. Manchmal ist alles ganz ruhig, dann spielen die irgendwas. Oder es wird munter gekräht, dann spielen die was Lautes. Es gibt aber auch die Momente, wo hinter der Tür gekichert und gegiggelt wird, und psst, psst, und hihihi, und da kann man sich an den Fingern einer Hand abzählen, dass da was ganz besonders Witziges im Busch ist, das die Aufsichtspersonen vermutlich gar nicht so witzig finden werden. Diese Vorahnung ist ein » erhöhtes Grundrauschen«. Und wenn die Geheimdienste lauter kichernde Terroristen hören und das Rascheln, mit dem die Terroristen sich voll Vorfreude die Hände reiben, dann geben sie eine Terrorwarnung heraus. Wir Luftsicherheitsleute haben auch ein » erhöhtes Grundrauschen«, aber ein etwas anderes: Unser Rauschen setzt ein, wenn die Sache schon passiert ist.
    Nach dem 11. September zum Beispiel. Nach den Attentaten in Madrid. Nach der Discobombe in Indonesien. Dann sind wir nicht mehr so freundlich, weil wir selber Angst haben. Wir sind kribbelig, aufgescheucht wie ein Hühnerstall. Und unsere mentale Regentonne ist schon vom Start weg halbvoll.
    » Na, Jungs, heute schon ’ne Bombe gefunden?«
    Bombe ist übrigens generell kein sehr gutes Wort. Auf » Bombe« reagieren wir alle. Und natürlich denken wir alle dasselbe, was jeder normale Mensch auch denkt: » Wenn der Kerl wirklich eine Bombe hätte, würde er’s doch nicht aussprechen!«
    Schon klar. Wir sind ja auch nicht doof.
    Trotzdem können und dürfen wir den anderen Gedanken nicht weglassen:
    » Wenn aber doch?«
    Es geht um die Sicherheit. Und nicht nur das: Wir können uns obendrein auch noch den Ärger vorstellen, den es gibt, wenn der Bombenwitzbold tatsächlich eine Bombe dabeihat und es später rauskommt, dass er es auch noch in der Kontrolle erwähnt hat. Die Medien, die dann über uns herfallen würden, wären noch das Geringste. Und kein Mensch wird in dem Fall zu uns sagen: » Aber das war doch klar, dass Sie den Mann nicht richtig kontrolliert haben. Wenn jemand einen Witz über Bomben macht, brauchen Sie den selbstverständlich nicht zu durchsuchen.«
    » Na, Jungs, heute schon ’ne Bombe gefunden?«
    Der Satz ist daher wie eine Extrafüllung für unsere mentale Regentonne. Und wir reden hier nicht von einem Schnapsgläschen für die Regentonne, auch nicht vom Sandeimerchen der kleinen Friederike, wir reden von einem 50-Liter-Fass, mindestens, und mit ordentlichem Schwung reingefeuert. Wenn da nichts passieren soll, muss die Regentonne vorher praktisch leer sein. Auf gut Deutsch: An den meisten Tagen bettelt man mit diesem Gag darum, seinen Flug zu verpassen. Sorry, wir können einfach nicht anders.
    Der Typ war um die dreißig, groß, schlank, kurze blonde Haare, Jeans, Sneakers, ganz entspannt. Aber nicht entspannt genug, dass er die Gruppe der Mädels, die nach ihm kam, ignorieren konnte. Da wollte er witzig sein und cool und sagte schön laut und lässig, als ich ihn sondete:
    » Jungs, die Bombe sucht ihr vollkommen umsonst. Ich bin doch nicht so blöd und hab die hier!«
    Mein Kollege am Nachschautisch sagte ruhig und gelassen:
    » Das würde ich an Ihrer Stelle nicht so laut sagen, das könnte für Sie schwierig werden.«
    Für den Typ klang das vielleicht von oben herab, so nach dem Motto: Der belehrende Beamte droht mit dem Zeigefinger. Aber er wusste nicht: Das war eine Warnung, und zwar

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