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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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Playmobil-Mädchen.
    Ich hatte volles Verständnis. Ich hätte mich sogar sofort selbst angezeigt, wenn ich damit diese Stimme hätte abschalten können. Wie der kleine Oskar Matzerath in der » Blechtrommel«. Aber mit Text.
    » Ich will, dass Sie auf der Stelle entlassen werden«, kreissägte es aus dem Playmobil-Kopf, » Sie haben meinen Mann gezwungen, sich in aller Öffentlichkeit nackt auszuziehen.«
    Ich sah mich vorsichtig um. Vielleicht benötigten ja schon einige Brillenträger Hilfe beim Zusammenkehren ihrer zersplitterten Gläser. Aber noch war alles heil. Der Playmobil-Matzerath hatte das offenbar auch bemerkt und war mit dem Ergebnis noch nicht zufrieden. Vermutlich, weil der Bundespolizist noch nicht aus den Ohren blutete. Sie modulierte deshalb ihre Stimmbänder fachgerecht um eine kleine Terz nach oben.
    » Sie sind ein Nazi! Sofort raus mit Ihnen.«
    Währenddessen hatte Boris Hansoff seine Hose endgültig geöffnet und ungefragt fallen lassen. Die Hose rauschte schwungvoll nach unten und blieb federnd knapp über Kniehöhe hängen. Da er sein Hemd herzhaft hinter den Nachschautisch gefeuert hatte, konnte man auch sehen, warum: Boris hatte sie an Hosenträgern befestigt, die er unter dem Hemd trug. Das war schon mal eine gute Erklärung für das Klingeln der Handsonde.
    » Dich«, mahnte er nachdenklich, » hätte ich damals vergasen lassen, duuu!«
    Letzteres kam jetzt doch reichlich unerwartet. Wie ich es verstanden hatte, war der Nazi an diesem Checkpoint immer noch ich. Hinter mir widmete sich der Bundespolizist freundlicherweise der singenden Säge von Playmobil.
    » Guten Tag, ich bin von der Polizei. Bitte beruhigen Sie sich. Der Mann hat doch Recht, Sie müssen sich kontrollieren lassen. Aus luftsicherheitstechnischen Gründen ist jeder Passagier verpflichtet, sich genauestens kontrollieren zu lassen. Oder er darf nicht mitfliegen.« Er hielt sich ganz ordentlich. Er rezitierte seinen Klassiker in der perfekten Tonlage, einer Mischung aus Lehrbuch und Kindergarten.
    » Sie sind ja auch ein Nazi! Sie stecken mit dem da unter einer Decke! Ich werde Sie auch anzeigen!«
    » Dienstaufsichtsbeschwerde«, keuchte Häuptling Hängende Hose mit rüttelnden Fäusten. » Das gibt eine Dienstaufsichtsbeschwerde!«
    Dann kam Schumi.
    Schumi war Einsatzleiter. Warum er so hieß, weiß ich nicht. Er sah auch nicht aus wie Schumi, weder wie der hübsche junge Schumi noch wie der späte Elefanten-Schumi. Und einen Hüftschwung hatte er auch nicht. Aber er war einer von den Guten, die ihre Leute arbeiten lassen und nur dann eingreifen, wenn sie tatsächlich etwas Sinnvolles tun können. Schumi packte seine Engelszunge aus und brachte Boris Hansoff, den künftigen Chilenen, tatsächlich dazu, sich in unsere Untersuchungskabine zu begeben. Dort konnte er sich nach Herzenslust ausziehen.
    Ich schnitt ganz gut ab mit meiner Vermutung. Gut, Brustbeutel gab es keinen.
    Aber er trug eine Oberschenkelmanschette. Und in der Hose steckte ein Geldgürtel, was mich in Kombination mit den Hosenträgern schwer an Henry Fonda in » Spiel mir das Lied vom Tod« erinnerte: » Wie soll man einem Mann mit Gürtel und Hosenträgern trauen? Der Mann traut ja nicht mal seiner eigenen Hose.«
    Was ich nicht geahnt hatte, war, dass sich ein kleines Stiefelmesser in seine nagelneuen Wanderschuhe verirrt hatte. Vermutlich für den Fall, dass ihm Zollnazis die Schuhe klauen wollten.
    Wir brachten ihn samt seiner Säge zur Polizeiwache im Terminal 2, Ebene 2.
    » Ich verlange, dass diese Männer sofort entlassen werden«, predigte Boris Hansoff und deutete mit rudernden Armen auf den Bundespolizisten und mich. Dabei wandte er sich an Schumi, vermutlich wegen dessen beeindruckend roten Krawatte.
    » Ich will eine Anzeige machen!«, zeterte er.
    » Und zwar wegen…?«
    » Weil das Nazis sind! Haben Sie das nicht gesehen?« Das war Madame Playmobil.
    » Genau! Wegen Nazitum!«
    » Nazitum?«
    » Und Verschwörung!«
    Schumi und ich, wir waren noch dabei, als die Personalien der beiden festgestellt wurden. Dann war es Zeit, das Alptraumpaar nach Chile zu entsorgen.
    Mit dem Bundespolizisten und seinem Revierleiter wünschten wir ihnen alles Gute und ließen sie ziehen. Ich sah auf die Uhr.
    Erst zwanzig Minuten vorbei.

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