"Die Bombe is' eh im Koffer"
soll, sondern auch ein Getränk bekommen und dann noch was zu essen. Das ist lange her. Wenn Sie mich fragen, war das vermutlich Graf Zeppelin, und der hat sich immerhin noch was dabei gedacht, der hatte ja auch ein Luftschiff, in dem man recht langsam vor sich hin geschippert ist. Und wenn man nach Sydney fliegt, ist das ja vielleicht auch heute noch angemessen, aber warum zwischen Frankfurt und München? Zwischen Frankfurt und München verhungert kein Mensch. Aber man ist ja im Flugzeug, also muss auch gegessen werden.
Leider sind die Flugzeiten inzwischen so kurz, dass man in der knappen Zeit nicht mal mehr mit der Mikrowelle was Brauchbares zubereiten kann. Der gemeine Flugpassagier bekommt daher auf den blödsinnigsten Strecken auch die blödsinnigste Verpflegung. Zum Beispiel: eine Tüte Kartoffelchips. Dabei ist eine Tüte Kartoffelchips eigentlich gar keine Verpflegung, das ist nur eine kulinarische Bankrotterklärung. Das kann man zu Hause mal servieren, wenn man gar nichts anderes hat, und auch das nur, wenn der Besuch überraschend um zwei Uhr morgens eintrifft. Wenn man aber seit einigen Wochen mit zweihundert Passagieren zu einem Flug nach München verabredet ist, und man hat für die dann nichts anderes vorbereitet als eine Tüte Kartoffelchips oder einen abgepackten Folienkeks, dann ist das kein Essen mehr.
Viel schneller dürfen unsere Passagiermaschinen jedenfalls nicht mehr werden, sonst haben die Stewardessen nur noch Zeit, einem beim Aussteigen eine Rolle Butterkeks an den Hinterkopf zu schmeißen und » Mahlzeit!« zu schreien.
Insofern habe ich großes Verständnis dafür, wenn die Passagiere vorsichtshalber selber was Vernünftiges zu essen einpacken. Das gute, alte belegte Brot. Die Knackwurst. Erstaunlicherweise gehen ungeheuer viele Passagiere noch weiter: Sie packen gleich die komplette Infrastruktur ein– Küchengeräte.
» Was ist das denn?«
» Ein Brotbackmaschin.«
Sie hatte einen hübschen amerikanischen Akzent. Mit einem hübschen amerikanischen Mund. Sie war um die eins neunzig groß, ein echter Hingucker, dunkelblond. Schick. Schlank. Und obenrum, also– schöne Brötchen!
» Wieso haben Sie eine Brotbackmaschine im Handgepäck…?!«
» Wissen Sie, wie schwer es in die US ist, an gutes Brot zu kommen…?«
Rund um die Brotbackmaschine tauchten immer mehr Mehlpackungen auf. Lauter Brotmischungen. Roggenbrot, Roggenmischbrot, Kartoffelbrot…
» Ich fange an, es zu ahnen. Sagen Sie, das ist ja das Zwei-Kilo-Modell!«
» Ja und?«
» Zwei Kilo Brot– da futtern Sie ja ewig dran!«
» Haben Sie eine Ahnung, was ich Brot essen kann!«
Was für Augen. Mit denen zusammen hätte ich gerne ein paar Brote gegessen.
» Und warum stopfen Sie das ganze Zeug nicht ins Reisegepäck…?
» Wieso? Ist das hier verboten?«
» Nein, aber ist das nicht unhandlich so, den ganzen Tag mit einer Brotbackmaschine in der Tasche?«
» Der Reisegepäck is full. Stuffed! Noch mehr Brotmischung.«
» Ein ganzer Koffer voller Brotmischungen?«
» Sie ahnen wirklich nicht, was ich Brot esse.«
Wer soll das auch ahnen? Wer weiß schon, was in den Passagieren vorgeht? Was soll man zu einem Kerl sagen, der ganz entspannt am Nachschautisch steht, zusieht, wie man sich so durch seinen Trolley forstet und dabei plötzlich auf etwas stößt, das sich anfühlt wie…
» Eine Shisha?«
» Aber sicher, Mann!«
» Eine Wasserpfeife?!«
» Klar, das wird sicher gemütlich.«
Man fasst es nicht. Abgesehen davon, dass man an Bord einer Boeing 737 weder Wasser in ausreichender Menge mitnehmen noch rauchen darf– wie soll das aussehen? Vor meinem geistigen Auge schwebt eine Boeing 737 durch den Nachthimmel, in der die Stewardess mit der Gasmaske überm Gesicht ihr Speisewägelchen durch die Shisha-Schwaden schiebt.
Gut, es ist jedem freigestellt, keine Shisha zu rauchen, solange er mag. Und eine Wasserpfeife ist leer auch nicht richtig schwer, die kann man schon mal eine Weile tragen. Aber eine Küchenmaschine nicht. Die wiegt immerhin locker zehn Kilo, die soll ja nicht beim Rühren selbsttätig über den Tisch wandern. Ich fand sie bei einer stämmigen, sogar sehr stämmigen Dame. Sie erinnerte mich an Lea Linster, aber Lea Linster kriegt selbstverständlich ihre Küchenutensilien vor Ort angeliefert, die muss keine pinkfarbene Kitchen Aid für 870 Euro in der Handtasche mit sich herumschleppen.
» Was haben wir denn da– eine Küchenmaschine?«
» Ist ein Geschenk.«
» Ja, aber warum haben
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