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Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Titel: Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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eines Vertrauten als Stallknecht und galoppierte nach Rom zurück. Der düpierte Monarch nahm diese Schlappe mit aristokratischer Grandezza hin: So sind sie halt, die heißblütigen jungen Leute! Prinz Djem hingegen überlebte den erzwungenen Ausflug nach Neapel nicht. Nach offiziellem Kommuniqué starb er am Fieber, doch daran glaubte kaum ein Zeitgenosse. Gegen einen Giftmord spricht allerdings, dass die osmanische Geisel für ihren neuen Herrn nur lebend von Wert war.
    Von diesen kleinen Misshelligkeiten ließ sich Karl VIII. auf seinem Weg nach Neapel nicht aufhalten. Am 22. Februar 1495 gab der jugendliche König Ferrandino seine Hauptstadt auf und verließ mit spanischer Hilfe sogar sein Königreich. In einer Abschiedsansprache an seine Untertanen entband er diese von allen kriegerischen Verpflichtungen. Das hieß konkret: Arrangiert euch mit den neuen Herren, so gut ihr könnt. Ich komme zurück, wenn ihr mich braucht und sich die Gelegenheit dazu bietet.
    Die Gelegenheit zur Rückkehr kam schneller als erwartet. Schon am 31. März 1495 schlossen die wichtigsten italienischen Mächte einschließlich des Papstes eine Abwehrliga gegen den fremden Eindringling, die rasch zu einem Vertreibungs-Bündnis wurde. Karl VIII. hatte sich durch Steuerforderungen in seinem neuen Königreich unbeliebt gemacht. Durch die Allianz seiner Feinde sah er sich zudem vom Nachschub abgeschnitten. So blieb ihm nur ein überstürzter Rückzug. Vor dem Apennin-Übergang kam es am 6. Juli 1495 zu einer Schlacht mit dem Heer der Liga, die unentschieden ausging. Doch schadete der hohe Blutzoll, den beide Seiten entrichten mussten, den Franzosen am meisten. Diese zogen sich daraufhin fluchtartig in die Heimat zurück. Nach nur einem Jahr war der Spuk vorbei und das alte Mächtegleichgewicht wiederhergestellt, so schien es.
    Doch der Schein trog. Der blamierte französische Monarch schwor baldige Rache; die Zeit der Splendid isolation für Italien war somit aller Wahrscheinlichkeit nach zu Ende. Zudem war die aragonesische Monarchie am Vesuv vollends erodiert. Ferrandino war zwar, wie versprochen, zurückgekehrt, doch war seine Autorität wie die der ganzen Dynastie dahin. Das Sagen hatten im südlichen Königreich jetzt die großen Barone. Wenn sich ihnen bei einem erneuten Herrschaftswechsel günstigere Perspektiven boten, waren die Tage der Aragonesen in Neapel gezählt. Geschwächt war auch das Haus Sforza. Ludovico hatte Karl VIII. zu seinem Neapelzug angestachelt, war danach auf die Seite von dessen Gegnern getreten, um schon im Oktober 1495 wieder ein Bündnis mit dem König zu schließen. Eine solche Schaukelpolitik musste alles Vertrauen, das wichtigste Kapital der Politik, zerstören.

8. Der Kampf gegen Savonarola und die römischen Barone
    Der Sieger des turbulenten Jahres 1495 hieß Alexander VI. Als lachender Dritter profitierte er vom Prestigeverlust seiner Gegner, ohne einen Schwertstreich getan zu haben. Nach der Schlappe des französischen Königs konnte ihn Ascanio Maria Sforza nicht mehr erpressen. Dieser wohnte zwar weiterhin im Vatikan, doch mit seiner Machtstellung war es jetzt nicht mehr weit her. In Furcht vereint waren die ewigen Rivalen Colonna und Orsini. Beide hatten ihren päpstlichen Lehnsherrn in der Stunde der Not verraten und mussten jetzt mit dessen Revanche rechnen. Wie stark sich Alexander VI. fühlte, zeigte die Ernennung neuer Kardinäle im Februar 1496. Das Quartett, dem der Papst den Purpur verlieh, bestand ausschließlich aus spanischen Gefolgsleuten; mit Juan Borgia-Lanzol dem Jüngeren, einem Enkel der Papstschwester Juana, war sogar ein weiterer Nepot darunter. Damit war die Familie Borgia im Senat der Kirche bereits dreifach vertreten.
    Das ging nicht ohne Widerspruch ab. Schon im Februar 1495 hatte Florenz’ geistiger Führer Savonarola von der Kanzel des Domes herab verkündet, dass Alexander VI. unrechtmäßig gewählt und darüber hinaus ein Ungläubiger sei. Auf diese schrillen Töne reagierte der Beschuldigte erstaunlich gelassen. Ja, er lobte sogar den seelsorgerischen Eifer des Dominikanerpriors und forderte diesen lediglich auf, sich in seinen öffentlichen Verlautbarungen Zurückhaltung aufzuerlegen und seinen Anspruch, Sprachrohr Gottes zu sein, von den zuständigen Behörden in Rom überprüfen zu lassen. Das war ein kluger Schachzug, der die Gegenseite ins Unrecht setzen sollte. Denn dass der Heißsporn in Florenz dieser Vorladung nicht Folge leisten würde, war

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