Die Botin des Koenigs reiter2
zu wecken. Es war entweder eine sehr gut geheim gehaltene Affäre oder eine Liebe, die nicht erwidert wurde. Ansonsten hätten die ewig neugierigen Höflinge längst schon herausgefunden, um wen es ging.
Der Gedanke faszinierte sie, denn obwohl sie eine hervorragende
Beobachterin war, konnte sie nicht erraten, wer sein Herz gefangen haben könnte.
Sie kam zu dem Schluss, dass sie König Zacharias sehr mochte, gerade weil er nicht aus politischen Gründen heiraten und trotz der Konsequenzen lieber seinem Herzen folgen wollte. Estora beneidete diese andere Frau und fragte sich, ob der König selbst schon begriffen hatte, wie sehr sie ihn interessierte.
Sie lächelte.
Genau in diesem Augenblick erklang der Stundenschlag der Glocke drunten in der Stadt.
Maras heftig klopfendes Herz fachte das Feuer in ihr an und drückte es nach außen. Sie trug Feuer wie eine zweite Haut, und das Brennen erfüllte sie trotz ihrer Angst mit Freude. Sie tauchte tief in diesen gewaltigen, unberührten Quell der Macht und nutzte ihn.
Sie formte mit den Händen einen Feuerball. Er pulsierte wie ein vom Blut angeschwollenes Herz, im Gleichklang mit Maras eigenem Herzen.
Sie warf den Feuerball, und er explodierte an der Brust des Geistes. Aber zu Maras Entsetzen absorbierte das Geschöpf das Feuer sofort und löschte es. Auch das Feuer in ihr selbst schien niederzubrennen, und eisige Kälte drang in ihre Adern.
Der Geist zog sein Schwert. Die Klinge schimmerte in kränklichem Grün.
»Wir haben solche wie dich schon früher getötet.« Die Stimme des Geistes sickerte in jeden Riss in dem alten Holzhaus. »Sieh hin!«
Auf der Klinge glitzerten Bilder. Dieses Schwert hatte viele Leben genommen. Es war aus den kreischenden Seelen Tausender geschmiedet, Tausender, die vor den Dunklen aus
ihren Dörfern geflohen und dennoch niedergestreckt worden waren, Unschuldige ebenso wie Krieger.
Einer unter den Tausenden war nun deutlicher zu sehen – ein Grüner Reiter in altmodischer Gewandung. Der Geist nahm ihm sein Feuer, sobald er ihn berührte. Der Reiter schrie auf.
Maras Schrei war ein Echo des seinen. Selbst ihre Brosche schien sich bei der Erinnerung gequält zusammenzuziehen.
Nur das Feuer, das zwischen ihnen brannte, hielt den Geist davon ab, näher zu kommen. Die Flammen knisterten, als sie Karigans Bett erreichten. Der Strohsack brannte bald lichterloh.
Mara schwitzte, aber nicht von ihrem eigenen inneren Feuer, sondern von der Hitze der Flammen um sie herum. Ihre Arme und Beine waren kalt geworden.
»Wir haben viele wie dich genommen.« Die Stimme des Geistes war nicht prahlerisch oder zornig. Sie war tonlos und tot.
Mara wich vor dem Feuer zurück und versuchte, ihr eigenes inneres Feuer wieder heraufzubeschwören. Mondsteinkristalle glitzerten neben ihr auf dem Tisch.
»Wir suchen«, sagte der Geist. »Wir suchen Galadheon.«
Sein uralter Feind. Der Gedanke kam ungebeten zu Mara.
Dieses Geschöpf hatte zu viele Leben zerstört. Nicht nur Leben, sondern Seelen. Zorn heizte ihr Blut erneut auf.
Der erstickende Rauch ließ sie husten.
»Du wirst es uns sagen«, erklärte der Geist.
Das Glitzern der Mondsteinkristalle gab Mara Hoffnung. Sie nahm sie in die Hand. In ihrer anderen Hand, der mit den fehlenden Fingern, bildete sich ein neuer Feuerball. Sie warf ihn nicht nach dem Geist, sondern hinter ihn.
Weißgoldene Flammen spritzen gegen den Türrahmen.
Gierig verschlang das Feuer das alte Holz. Sie warf einen zweiten Ball in den Flur dahinter und schnitt dem Geist damit den Fluchtweg ab. Sie konnte ihn mit ihrer Fähigkeit vielleicht nicht direkt verwunden, aber das Feuer, das ringsumher brannte, schien ihm zu schaden. Über das Zischen der Flammen hinweg hörte sie das Zischen des Geistes.
Er versuchte sich zu nähern, aber das Feuer zwischen ihnen hielt ihn auf. Er drehte sich hierhin und dahin, suchte einen Fluchtweg, und sein Umhang wirbelte um ihn herum.
Mara warf noch mehr Feuer auf die Wände. Die Flammen verschlangen Karigans Bücher, und dann breiteten sie sich über die Dachbalken aus. Das alte Haus ächzte, als wäre es tödlich verwundet.
Der Geist streckte die Hände durch die Flammen und wollte nach Mara greifen. In einem letzten verzweifelten Versuch, sich zu retten, warf sie die Mondsteinkristalle nach ihm. Sie flogen glitzernd durch die Flammen, ein Schauer aus Licht und Farben. Dann verschwanden sie hinter dem Flammenschleier.
Der Geist schrie auf; ein Kreischen wie das Klagen von tausend
Weitere Kostenlose Bücher