Die Botin des Koenigs reiter2
niederzumetzeln. Aber als der Geist sich umdrehte und durch die Bresche in den Wald rannte, folgten ihm die Erdriesen, und Laren, ihre Reiter und die Soldaten blieben verdutzt und ungläubig zurück.
Sie würden später Zeit haben, sich zu wundern, aber jetzt mussten sie sich erst einmal um die Verwundeten kümmern. Und um die Toten. Laren warf einen weiteren Blick auf die Bresche und fragte sich, ob sie auch Karigan dazu zählen sollte.
Karigans Körper war noch kälter geworden. Lil wusste, dass das von der Zeitreise kam. Sie hatte allerdings keine Ahnung, wieso das geschah. Vielleicht, weil Fleisch und Blut nicht dazu gemacht waren, die Anstrengung einer Reise durch die Zeit zu ertragen.
Sie brachte sie beide zurück in Karigans Gegenwart und drückte ihre – Karigans – Hand auf die Messerwunde, um die Blutung zu stillen. Lil hatte sich keinen tödlichen Stich beigebracht, doch er blutete stark und tat weh wie alle fünf Höllen.
Sie sollte Karigan wohl durch die Bresche zu ihrem Hauptmann zurückbringen. Da Mornhavon sich nicht länger in dieser Zeit befand, sollte sich die Lage dort beruhigt haben.
Das dachte sie jedenfalls, bis sie ein wildes Stampfen hörte – eine Gruppe von Erdriesen, die durch den Wald brachen. Sie duckte sich hinter einen dicken Baum, damit sie nicht niedergetrampelt wurde.
Hinter den Riesen schritt Varadgrim durch den Nebel. Lils Hand zuckte sofort zum Griff ihres Säbels. Er war ein alter Feind, ein Feind, der viele ihrer Reiter getötet hatte. Inzwischen war Varadgrim nicht viel mehr als ein lebender Leichnam, und Lil selbst hatte das Grab hinter sich, aber der alte Hass glühte immer noch in ihr.
Als er sie spürte, blieb Varadgrim stehen und wandte sich ihr zu, und die Fetzen seines uralten Umhangs flatterten ihm um die Knie. Er hatte ein Schwert, glänzend und neu, aber es war kein Seelenräuber.
Ihr Säbel fuhr zischend aus der Scheide.
Nicht ihr Säbel, erinnerte sie sich zu spät, und nicht ihr Körper, mit dem sie tun konnte, was sie wollte. Aber sie sehnte sich danach zu kämpfen. Der Säbel fühlte sich in ihrer Hand gut an. Ihr Drang, Varadgrim zu töten, lag in heftigem Widerstreit mit dem Bedürfnis, den Körper, der ihr anvertraut war, gut zu behandeln.
Am Ende nahm Varadgrim ihr die Entscheidung ab. »Ich werde Galadheon töten.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Lil. »Weißt du, wem du wirklich gegenüberstehst?«
»Liliedhe Ambriodhe ist tot. Galadheon muss sterben.«
Lil war ein wenig enttäuscht, dass sie ihn so wenig beeindruckte.
Er begann den Kampf ohne weitere Vorwarnung. Er war nicht mehr der Varadgrim aus alten Tagen, der zu dramatischen Erklärungen und großen Gesten geneigt hatte, aber sie nahm an, dass es nicht spurlos an ihm vorübergegangen war, tausend Jahre in einer Gruft angekettet gewesen zu sein.
Sie hob den Säbel, um seinen Angriff abzuwehren. Karigan war zierlicher gebaut als sie und nicht ganz so groß, also musste sie sich anpassen, aber sie stellte erfreut fest, dass Karigan in bester Kampfform war.
Das Klirren der Klingen erfüllte den Wald wie das Geräusch eines Hammers auf einem Amboss. Nebel umwirbelte die Kämpfenden. Varadgrim bewegte sich einfallslos, aber nicht ziellos.
Ebenso wie er gestattete Lil sich keine überflüssigen Manöver. Sie musste sowohl ihre eigene Kraft als auch die von Karigan schonen. Lil hatte immer gekämpft, um zu töten, weil es einfach erforderlich gewesen war, und nicht um kunstvolle Beinarbeit oder komplizierte Manöver vorzuführen. Nein, für sie war das Töten eine nützliche Fähigkeit, die sie im Langen Krieg ständig weitergeschliffen hatte. Damals hatte es keine Zeit für Ausschmückungen und Prahlerei gegeben, und sie würde auch jetzt nicht damit anfangen.
Varadgrim bewegte sich steif, und das kostete ihn seine Schnelligkeit. In gewisser Weise erwies er sich als enttäuschender Gegner. Vielleicht nahm ihm Mornhavons Abwesenheit die Energie. Zwar war er nach wie vor eine Furcht erregende Präsenz, aber sie hatte keine Angst vor ihm, und daher konnte er diesen Vorteil nicht nutzen.
Dennoch war es durchaus möglich, dass er länger standhalten
würde als sie. Karigan war vom Blutverlust geschwächt, und der Kampf ließ die Wunde nur noch stärker bluten. Und Lil hatte als Geist ihre eigenen Grenzen. Der Kampf musste ein Ende finden, und zwar bald.
Sie behielt den Baum in ihrem Rücken und gestattete Varadgrim, näher zu kommen. Sie duckte sich unter einem Schlag, der in den
Weitere Kostenlose Bücher