Die Botin des Koenigs reiter2
für alle Mal ein Ende zu machen.
Der Wald war still, der Nebel viel dünner. Tatsächlich konnte sie gesundes Grün erkennen, das sich durch die dichte Decke verrotteter schwarzer Blätter und Zweige geschoben hatte. Es sah aus, als sei der Wald dabei zu heilen, und das ließ sie hoffen, dass Karigans Plan sich tatsächlich als erfolgreich erweisen könnte. Oder erwiesen hatte, oder … Diese Zeitreisen waren so verwirrend.
Selbst als Geist konnte Lil nicht hinter den Schleier der Zeit schauen und wissen, was die Zukunft bringen würde, es sei denn, sie trotzte den Göttern wie jetzt und sah sich die Zukunft einfach an.
Hier war sie nun, aber sie wusste immer noch nicht, was geschehen würde. Was würde aus Karigan werden? Selbst wenn ihr Plan Erfolg hatte, bestand durchaus die Möglichkeit, dass die junge Frau dabei ihr Leben verlor.
Ein annehmbares Risiko. Lil hatte sich selbst vielen Gefahren ausgesetzt und war bereit gewesen, ihr Leben für einen Erfolg zu geben. Dennoch, sie hatte die junge Frau lieb gewonnen, und sie wusste, welch ein Wagnis sie auf sich genommen hatte.
Den Göttern zu trotzen brachte nun eine weitere Gefahr mit sich. Falls Lil Aerycs Zorn geweckt hatte, würde sie womöglich in der Hölle landen. Die Toten sollten sich nicht in die Belange der Lebenden einmischen, jedenfalls nicht in diesem Maß.
Also wartete sie, berührte ihre Brosche, lauschte nach einem Zeichen von Karigan, sie durch die Zeit zu ziehen. Es war ein waghalsiger Plan: Karigan würde zu dem Gefäß werden,
das Mornhavon in die Zukunft tragen würde, um ihn dort abzusetzen.
So würden die Sacorider Zeit gewinnen, um sich auf die drohende Gefahr vorzubereiten. Es war ein Plan, bei dem viel schiefgehen konnte. Vielleicht würde es auch überhaupt nicht funktionieren. Lil wusste nicht, ob sie hundert Jahre weit in die Zukunft gereist war oder nur eines, und ein zu kurzer Zeitraum würde ihnen nicht viel helfen.
Der Ruf war leise. Er drang kaum durch ihre Brosche, aber sie hatte ihn gehört. Sie packte die Brosche mit einer Hand, hob mit der anderen das Horn an die Lippen und blies den Reiterruf. Sie zerrte an Karigan, an der Brosche, die sie miteinander verband. Es mochte die wilde Magie sein, die Karigan erlaubte, durch die Zeit zu reisen, aber Lil musste entscheiden, wann das geschah.
Sie strengte sich an, Karigan zu sich zu ziehen, wie ein Fischer mit einem riesigen Schwertfisch ringt, der an seiner Schnur hängt. Es war schwer, sie vorwärtszuzerren. In der Vergangenheit hatte Lils eigener Körper als Anker dienen können, aber das war jetzt unmöglich, da ihr Körper in der Zukunft nicht existierte.
Sie kämpfte, bis sie glaubte, all ihre Essenz verbraucht zu haben. Würde nichts von ihr bleiben, das Karigan helfen könnte?
Bevor sie sie sah, spürte sie bereits ihre Präsenz – sowohl die von Karigan als auch die von Mornhavon. Karigan war ein winziger Lebensfunke, umgeben von dem trüben Schleier Mornhavons. Dann erschien ihr Körper, zusammengerollt auf dem Waldboden.
Der Wald reagierte subtil auf Mornhavons Gegenwart. Die Bäume und Pflanzen schienen leise zu vibrieren und beugten sich auf Karigan zu.
Der Plan hatte funktioniert, jedenfalls bis jetzt. Karigan hatte Lil angewiesen, sie in der Zukunft zu lassen, falls Mornhavon ihren Geist nicht fliehen würde. Lil jedoch dachte, dass sie Besseres verdient hatte.
Ich habe nichts zu verlieren, dachte Lil, außer den Annehmlichkeiten des Himmels, sollte man mich in die Hölle schleudern. Es bestand allerdings auch die Möglichkeit, dass Aeryc ihre Existenz vollkommen beendete.
Sie benutzte die Brosche, wie Karigan es einmal in der Vergangenheit auf dem Kendroa Mor getan hatte, damit sie miteinander verschmolzen.
Als sie das tat, sah sie, wie sehr Karigans Präsenz durch Mornhavons glühenden Hass getrübt war. Und was sollte dieser Schnee?
Sie blinzelte durch das Schneegestöber und sah ihn, einen dunklen Schemen. Er bemerkte sie ebenfalls.
Du.
Die Welt von Karigans Geist bebte angesichts der Gewalt seiner Stimme.
Weiche, erwiderte Lil. Du kannst diese Person nicht bewohnen.
Ich tue, was ich will.
Er klang wie ein verwöhntes Kind. Lil sah sich im Schnee um, aber sie konnte keine Spur von Karigan entdecken, keinen Funken von ihr. Das war kein gutes Zeichen. Also war jetzt drastisches Handeln vonnöten. Sie verlor keine Zeit.
Sie packte ihre Brosche und zwang sich in Karigans Körper, verschmolz vollkommen mit ihr, Geist, Seele und Körper. Aus
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