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Die Botschaft Der Novizin

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Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kleinen zu bezeichnen war mehr als komisch.
    Der Schwarze musste ihr Lachen gehört haben, denn er drehte sich um und grinste sie an.
    »Das ist Hammar«, erklärte Signora Artella. »Er bewacht das Haus hier. Kaum jemand widersetzt sich seinen Anweisungen. Und wenn doch, ist er ein geschickter Fechter und von unübertroffener körperlicher Kraft.«
    Hammar zwängte sich auf der anderen Seite des Küchenzugangs auf einen Platz und blieb dort sitzen.
    Isabella schloss die Augen. Wo war sie mit ihren Überlegungen stehen geblieben? Eine Frage hatte sich ihr noch vor wenigen Minuten in ihren Kopf gestohlen, bis der Riese sie von dort vertrieben hatte.
    »Ach ja«, fuhr sie fort. »Warum wird erst jetzt nach der Schrift gesucht? Sie ist doch seit mehreren Jahren verschwunden.« »Seit achtzig Jahren, um genau zu sein.« Auch Signora Artella ließ ihre Blicke wohlwollend über die Muskeln des Mannes gleiten und wirkte ein wenig in Tagträumen verfangen, als sie fortfuhr. »Wir suchen danach, weil wir nicht wissen, was mit dem Kloster geschehen wird. Die neue Lehre, die aus Deutschland über die Alpen dringt, führt zur Auflösung von Frauenkonventen. Mädchen und Frauen suchen sich außerhalb der sicheren Klostermauern Männer. Sie heiraten, zeugen und gebären Kinder, und die Klöster verfallen. Wir wollen die Schrift retten, sie an einen Ort bringen, an dem sie weitere Jahrhunderte sicher sein wird.«
    Ungläubig sah Isabella Signora Artella an. »Wo könnte das sein?«
    Suor Patina brachte eine Pfanne, die nach Fischen roch. Es waren kleine Sardellen, die in Mehl gewälzt und in heißem Fett ausgebacken worden waren. Dazu gab es Brot und ein Gelee aus Datteln, das bis zu ihnen herüber süß roch. Auch die Nase des Riesen blähte sich. Er lachte übers ganze Gesicht und machtesich über die Portion her, bevor die Pfanne noch auf dem Tisch stand.
    »Isabella!«, sagte Signora Artella ernst, als hätte sie das Zwischenspiel mit dem schwarzen Riesen abgewartet, um ihr diese Mitteilung zu machen. »Wir, Suor Anna und ich, wünschen, dass du dich aus der Sache heraushältst.« Sie streckte ihr die offene Hand hin, ohne sie anzusehen. »Händige mir bitte den Schlüssel deiner Tante aus. Bitte! Ich spreche mit deinem Vater. Er wird dich aus dem Kloster herausholen und mit einer Mitgift ausstatten. Dann kannst du Marcello Tanti heiraten. Wir wünschen dir jedenfalls viel Glück dabei.« Ihr schien das Gespräch nicht leichtzufallen. Sie atmete immer schwerer. »Schlag dir das Kloster San Lorenzo und sein vergessenes Evangelium aus dem Kopf. Es ist nicht mehr als eine Legende. Vielleicht hat es diese Schrift nie gegeben. Glaub mir, es ist besser so für dich.«
    Jetzt erst sah sie Isabella direkt in die Augen, und darin las die Educanda, dass Signora Artella keinen Fingerbreit von ihrer Meinung abweichen würde. Sie las allerdings auch etwas anderes, etwas, das sie nicht recht verstand: keine Furcht, keine Hoffnungslosigkeit, sondern eine Art Triumph, einen Sieg, der ihr die Wangen rötete.
    Isabella stand auf. Sofort hielt der Riese am Nachbartisch mit dem Essen inne und sah zu ihnen herüber. Signora Artella machte eine kleine Geste mit der Hand, und sofort verlor er das Interesse am Geschehen. Die Spannung im Körper des Schwarzen ließ nach, und er griff beinahe gleichgültig unbeteiligt nach seinem Brot.
    »Ich werde nichts dergleichen tun, Signora Artella. Und von einem Schlüssel weiß ich nichts«, behauptete Isabella, ohne die Alte aus den Augen zu lassen.
    »Ich habe euch beide nicht nur hierhergebracht, damit Anna ihr Kind ohne größeres Aufsehen bekommen kann. Schließlich haben wir den Patriarchen und diesen Nuntius im Haus. Ich wollte euch beide schützen.« Sie hielt ihre immer noch offeneHand energisch in ihre Richtung. »Gib ihn freiwillig her.« Mit einem leichten Seitenblick auf den Riesen flüsterte sie: »Ich möchte dich nicht zwingen müssen, Isabella.«
    Kurz überlegte Isabella, wie weit sie kommen würde, wenn sie sofort losliefe. Doch ihr war klar, dass dieses Ungeheuer sie bereits an der Tür eingeholt hätte. Langsam zog sie den Schlüssel zwischen ihren Brüsten hervor und schob den Faden, an dem er hing, über den Kopf. Stumm reichte sie den Schlüssel der Nonne hinüber, die ihn rasch an sich nahm und unter ihrem Habit verbarg.

KAPITEL 37 Die Pforte war geölt und quietschte nicht, was darauf hindeutete, dass sie häufig benutzt wurde und irgendjemand wegen des Lärms vorgesorgt hatte.

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