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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Blatt hervor, das vier Zeilen lesen ließ. »Beweist es mir!«, spottete der Priester. »Hier steht: )Von den Übrigen haben sechs ...‹«
    »)... jährlich jeweils zwei Tagewerk zu ackern, zu säen und einzubringen, auf der Herrschaftswiese zwei Fuder Heu zu schneiden und einzufahren sowie zwei Wochen zu fronen. Je zwei geben einen Ochsen als Kriegssteuer, wenn sie nicht selbst ins Feld ziehen ... ‹«, fuhr der Alte fort. »Soll ich weitermachen odergenügt Euch diese Demonstration?« Seine Stimme war eisig geworden. Dem Priester selbst lief ein Schauer über den Rücken. Wenn er sich überlegte, wie viele Werke er gelesen hatte und auswendig kannte, dann war das gegenüber dem gewaltigen Fundus hier nur ein verschwindend kleiner Bruchteil.
    »Also, was könnt Ihr uns sagen?«, stieß Padre Antonio nach. Ohne eine Antwort abzuwarten, trat er in einen der Gänge hinein, die von den Büchern gebildet wurden. Er steuerte auf einen Schrank zu, in dem Papyrusrollen lagerten. Er entnahm eine davon und rollte sie vorsichtig auf. Die Ränder bröckelten bereits, doch als er die ersten Windungen aufgewickelt hatte, erkannte er ägyptische Hieroglyphen.
    »Ich sagte Euch doch«, ertönte die Stimme des Alten in seinem Rücken, »dass ich viele Seiten in meinem Gedächtnis gespeichert habe. Es wird Zeit brauchen, sie alle hervorzuholen. Ich melde mich bei Euch.«
    Wie vom Skorpion gestochen drehte sich Padre Antonio um. »Glaubt Ihr, ich bin hierher nach Venedig gekommen, um mich vertrösten zu lassen?«
    Der Alte schnaufte wieder durch die Nase. »Ihr überseht etwas, mein Freund. Ich bin alt, Ihr seid jung. Euch ist der schnelle Erfolg wichtig. Doch in den Archiven der Zeit gibt es keine schnellen Erfolge. Es gibt nur gründliches Nachdenken und intensive Suche.«
    Padre Antonio ließ seine Finger über die glatten Lederrücken der Bücher gleiten. Manche waren weiß gekalkt, sodass sie wie verputzt wirkten. Andere waren naturnah oder hölzern oder mit Öl eingerieben. Er roch den Firnis, das Leinöl, den Honig, ließ sich vom ranzigen Duft betäuben. »Ich werde auf Eure Antwort warten. Ich bin von Seiner Heiligkeit entsandt worden, die Frauenklöster in Venedig auf ihre Gottgefälligkeit hin zu überprüfen. Wir haben in San Lorenzo begonnen – des Vertrags wegen und wegen Eurer Ankündigung. Es wäre freundlich, wenn Ihr mir Eure Ergebnisse mitteilen könntet,bevor keine einzige Nonne mehr im Konvent lebt, weil sie alle zu diesem Luther übergelaufen sind.«
    Der Alte zog die Oberlippe in den Mund und spie sie wieder aus, als wolle er die Lippen anfeuchten und sich gleichzeitig die Nase putzen. Angewidert wandte der Priester sich ab. Hieronymus Aleander hatte einen Fehler begangen, sich diesem Menschen anzuvertrauen.
    »Habt Ihr Euch schon einmal überlegt, diesen Schatz der Kirche zu vermachen?«
    Jetzt lachte der Alte beinahe lautlos. Der Geistliche sah den Mann nicht mehr, weil er sich bereits zu weit entfernt hatte. Doch er hörte seine Stimme.
    »Mein Junge. Ich bin viermal so alt wie Ihr. Ich habe mehr päpstliche Nuntien kommen und gehen sehen, als Ihr Kardinälen begegnet seid. Alle Päpste haben versucht, diese Sammlung hier in die Hand zu bekommen und sie der Vaticana einzuverleiben. Es ist ihnen nicht gelungen. Und da glaubt Ihr, hier auftauchen und mich ausfragen zu können. Wir sind in Venedig. Und hier ist heiliger Boden.«
    Im Grunde tat Padre Antonio dieser Bücherwurm leid, der glaubte, nur weil er in Venedig saß, wäre er dem Arm Roms entzogen. Ganz leise, sodass er selbst es kaum hörte, flüsterte er: »Kein Buch, das in die Vatikanischen Bibliotheken gehört, weil es unseren Glauben berührt, wird durch die Welt vagabundieren, um dort Unheil zu stiften.« Lauter und so, dass der Alte ihn hörte, stellte er eine Frage: »Warum habt Ihr Euch an meinen Herrn gewandt, an Hieronymus Aleander? Ihr wisst doch bereits mehr, als Ihr mir verraten wollt.«
    Als Padre Antonio über den Bücherstapel blickte, der ihm die Sicht auf den Alten verdeckt hatte, stutzte er. Der Stuhl war leer. Hatte er sich zuvor mit aller Vorsicht bewegt, lief er jetzt hastig einen Gang entlang, der ihn um einen ganzen Bücherberg herumführte, nur um festzustellen, dass der Mann verschwunden war. Narrten ihn seine Sinne? Ihm war, als würdedas leise Lachen des Alten in seinen Ohren nachklingen. Doch war das unmöglich. Der Alte war verschwunden und hatte ihn mit einem Zweifel hinterlassen. Wusste der Bücherwurm, was es mit den

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