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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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benötigen wenig Schlaf. Sie sollen die Gänge bewachen.«
    Die Turmuhr schlug, und Padre Antonio horchte auf.
    Am liebsten hätte er der Äbtissin die eine Frage gestellt, die ihm auf den Nägeln brannte. Doch er wollte nicht noch mehr Misstrauen wecken. Denn das konnte er im Augenblick nicht gebrauchen, solange ihm die Educanda nicht alles gesagt hatte.
    »Ist dieser ... ich meine, solch ein Todesfall einmalig?« Er betonte das Wort deutlich, damit die Äbtissin verstand, worauf er hinauswollte. »Sind in jüngerer Zeit ähnliche Fälle vorgekommen?«, versuchte er sich heranzutasten.
    Doch die Äbtissin winkte ab. »Noch niemals, seit ich hier Oberin bin, hat sich ein Besucher an einer der Frauen vergriffen.« Die Stimme der Äbtissin klang ruhig und gelassen, und Padre Antonio hätte ihr beinahe geglaubt, wenn nicht dieses zweimalige Räuspern hinzugetreten wäre. Als müsse sie ihrer Stimme damit die Spitze brechen. Padre Antonio beschloss, vorerst nicht tiefer zu bohren. Gleichmütig breitete er die Arme aus, als wolle er der Welt ein Geschenk überreichen.
    »Noch zwei Stunden bis zum Abendessen. Ich werde die Befragungen für heute einstellen. Benachrichtigt bitte den Patriarchen davon. Dringende Geschäfte rufen mich fort. Wartet nicht.«
    Bei dem Wort »Geschäfte« hoben sich die Augenbrauen der Äbtissin. »Seid vorsichtig. Die Verwaltung der Stadt sieht es ungern, wenn Nichtvenezianer ohne das Wissen der Signoria Geschäfte tätigen.«
    Der Pater hätte den Irrtum durchaus aufklären können, wollte es jedoch nicht. Er wusste sehr wohl, wie eng die Verbindungen der Nonnen zu den hiesigen Familien waren, dennoch brauchte niemand Bescheid zu wissen, was er ansonsten unternahm. »Ihr entschuldigt mich?«
    Die Äbtissin erwiderte sein einschmeichelndes Lächeln eisig. »Ich begleite Euch zur Pforte. Wenn Ihr gegen Vesper wieder Einlass begehrt, klopft zweimal lang, zweimal kurz. Ansonsten müsstet Ihr draußen bleiben.«
    Stumm gingen sie nebeneinander her. Padre Antonio verkniff sich erneut eine Bemerkung. Natürlich hätte er sich Einlass verschafft, zur Not mit Gewalt. Einen Nuntius der Kirche sperrte man nicht aus, nicht einmal aus einem Frauenkloster.
    Als er aus dem Kloster trat, empfing ihn ein linder Tag, dessenLuft ganz anders roch als die abgestandene Luft hinter den Mauern. Selbst die Vögel schienen vor dem Kloster zu singen, während er hinter den Umfassungen San Lorenzos keinen einzigen gehört zu haben glaubte.
    Er lenkte seinen Schritt in Richtung Kanal und winkte einen der Gondoliere heran. Obwohl ihm diese Boote nicht geheuer waren, war er schneller damit, als wenn er sich auf seine Beine verließ. Außerdem wäre er sonst Gefahr gelaufen, sich in den winkligen Gassen zu verirren. Er gab sein Ziel an: Campo San Polo. Von dort aus würde er zu Fuß gehen.
    Während er sich in das schwankende Gefährt setzte und versuchte, das Gleichgewicht nicht zu verlieren und sein Mittagessen bei sich zu behalten, begann er über diese merkwürdige Situation nachzudenken und fragte sich, was der Alte wohl für eine Neuigkeit für ihn hatte.
    Ein Blick zurück zum Kloster erinnerte ihn kurz daran, dass er noch diese zweite Nonne suchen musste. Was war mit Suor Francesca geschehen?

KAPITEL 18 Isabella eilte die Treppe hinunter in den Besucherraum. Bereits von weitem schlugen ihr Musik und fröhliches Gekreische entgegen. Sie wunderte sich ein wenig, schließlich galt das Schweigegebot nicht nur nachts, sondern auch tagsüber, solange nichts Notwendiges zu besprechen war. Als sie den Raum mit seinen wandhohen Gitterfeldern betrat, traute sie ihren Augen kaum. Mindestens ein halbes Dutzend Nonnen, vor allem jüngere, saßen das Flechtwerk entlang und folgten einem Puppenspiel, das im Besucherraum aufgebaut war. Der Puppenspieler hatte die meisten der Besucher um seine kleine Bühne versammelt und diese so gestellt, dass die Nonnen ohne Schwierigkeiten durch die Gitter hindurch zusehen konnten. Gelächter füllte den Raum. Die Schwestern klopften sich bei den Possen der Figuren auf die Schenkel undlachten lauthals oder kreischten über die anzüglichen, mitunter gar derben Späße.
    Isabella lauschte eine ganze Weile staunend dem Treiben und suchte gleichzeitig den Besucherraum ab, ob sie nicht Marcello fand. Doch der war nirgends zu sehen.
    Langsam ging sie in Richtung der Ecke, wo sie ihn beim ersten Mal getroffen hatte. Das Puppenspiel dröhnte in ihren Ohren. Sie konnte gar nicht verstehen, wie die Nonnen

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