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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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humpelte weiter und schien nicht zu bemerken, wie er stehen blieb und die Tür zu seinem Zimmer öffnete.
    Er betrat den Raum und setzte sich. Je länger er allein an seinem Tisch verbrachte, desto heißer kochte in ihm eine Wut hoch, die sich zuallererst gegen sich selbst richtete. So hätte er sich nicht abkanzeln lassen dürfen! Die Art der Äbtissin, mit ihm zu sprechen, durfte er nicht hinnehmen, und er schalt sich dafür, dass er sich nicht sofort dagegen verwahrt hatte.
    Mit der flachen Hand schlug er auf den Tisch. Er würde das gesamte Kloster umkrempeln! Jede Zelle, jeden Abstellraum, jede Kapelle würde er durchforsten, und den kleinsten Verstoß gegen die Gebote der Armut, der Keuschheit oder der Hoffart würde er ahnden. Er würde auch diesen Leichnam suchen und finden und damit der kleinen Educanda recht geben, die vom Tod ihrer Tante faselte.
    Mit einer schlecht verborgenen Wut stürmte er aus dem Raum und betrat den daneben, in dem der Patriarch seine Sitzungen abhielt. »Eminenz«, begann er, »wir müssen ...«
    Eine der jüngeren Nonnen hatte sich ihr Hemd abgestreift und stand mit bloßem Oberkörper vor dem Patriarchen, der seinen Kopf in ihre Brust vergraben hatte. Die Hände des Geistlichen wühlten sich eben aus dem Stoffgewirr darunter hervor, verhedderten sich jedoch, sodass die Schwester zwei quiekende Laute von sich gab. Erschrocken schlug die Novizin die Arme vor den Busen und wich einen Schritt zurück.
    »Könnt Ihr nicht anklopfen, Padre?«, tadelte Gerolamo Querine. »Ich sitze hier in einem peinlichen Examen, und Ihr habt nichts Besseres zu tun, als ungefragt hereinzustürmen.«
    Padre Antonio war zu verblüfft, um etwas zu erwidern oder, was gewiss schicklich gewesen wäre, den Rückzug anzutreten. Stattdessen stand er wie ein Stock in der Tür und stammelteetwas von unbedingter Durchsuchung, von sodomitischen Zuständen, von einem Bruch der Gelübde und einem laxen Glauben.
    Der Patriarch, der mittlerweile seine Robe geordnet hatte, schlug einen Segen über der jungen Nonne, die sich ebenfalls aufrappelte und mit dem Rücken zu Padre Antonio gewandt ankleidete. »Du bist frei aller Sünden, meine Schwester, und führst einen starken Glauben in dir«, säuselte er noch, dann trat er auf den Pater zu. »Ihr wollt also eine peinliche, eine genaue Untersuchung des Klosters, weil Ihr die Sitten hier für verderbt haltet?« Der Patriarch sah ihn mit einer Miene an, die unschuldiger nicht sein konnte.
    Padre Antonio konnte nur nicken. Sätze oder Worte verweigerten sich ihm.
    »Worauf wartet Ihr noch. Beginnen wir.« Diesmal wirkte der Patriarch tatsächlich voller Tatendrang, als hätte er eben nur ein Gespräch mit der Schwester geführt. »Ihr führt uns durchs Haus, Suor Lucia!«, befahl er rasch und winkte die Nonne zu sich heran. Als sie an ihnen beiden vorüberhuschte, gab er ihr lächelnd einen Klaps auf den Hintern mit auf den Weg.

D RITTER T EIL
    D IE V ERKÜNDIGUNG
DES E NGELS
     

KAPITEL 26 Die Glocke, die am Morgen zur Prim, der ersten Tagesstunde, erklang, fand Isabella am Bett sitzend. Es würde ein harter Tag werden. Die Äbtissin und Signora Artella erwarteten sie, der Pater würde sie befragen wollen, und sie selbst musste endlich Gewissheit haben, ob ihre Vermutungen stimmten. Julia Contarini war allein zum Badehaus gegangen, um sich zu säubern.
    Isabella erhob sich und massierte mit den Handinnenflächen ihr Gesicht. Die letzten Stunden hatte sie in einer Art Halbschlaf verbracht, und dabei war ihr bewusst geworden, dass sie jemanden zum Reden brauchte. Dieses Alleinsein fraß sich in die Gedärme und verstopfte die Gedanken. Wenn sie bislang Suor Anna nicht vertraut und gemocht hatte, erschien diese ihr jetzt wie ein rettender Strohhalm im Meer der Stummheit. Isabella würde ihr alles erzählen.
    Die Glocke zur Prim weckte ein weiteres Mal. Isabella öffnete die Tür – und stockte. Direkt davor stand Signora Artella und versperrte ihr den Weg.
    »Isabella, du bist heute von der Prim dispensiert.«
    »Aber ... soll ich denn nicht ... «, stotterte Isabella und wusste nicht recht, was sie sagen sollte.
    »Du wirst einen Auftrag übernehmen. Da du noch kein Gelübde abgelegt hast, darfst du dich frei in der Stadt bewegen.« Isabella musste Signora Artella mit leuchtenden Augen angesehen haben, denn deren Miene verdüsterte sich. »Du wirstaußerhalb der Mauern unseres Konvents arbeiten. Natürlich bekommst du jemanden zur Seite, der mit den Tücken dieser Welt

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