Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Unterkleid der Gottesmutter sattgesehen hatte, »ich muss Euch etwas gestehen. Bitte haltet mich nicht für verrückt.«
    Und dann brach ein Damm. Isabella stand neben Suor Anna an eine der Säulen gelehnt und redete ohne Unterlass. Sie erzählte alles, von ihrer Entdeckung der toten Tante bis hin zu ihrem Abenteuer mit der Neumenhandschrift und der Neugier Padre Antonios.
    »Ihr müsst mir helfen, Suor Anna!«, flehte sie. »Ich muss wissen,warum meine Tante hat sterben müssen. Wenn ich die Beerdigung der Tante nicht miterleben darf, dann muss ich ihr anderweitig gerecht werden. Ich muss heute Nachmittag, wenn alle Nonnen auf dem Friedhof des Klosters sind, das Chorbuch öffnen und nachsehen, ob ich recht habe.«
    Isabella schloss erschöpft die Augen, nachdem sie geendet hatte. Suor Anna hatte sie nicht ein Mal unterbrochen.
    »Du bist so ehrlich, wie Suor Francesca dich mir geschildert hat. Ich weiß von diesem Schlüssel, und ich weiß, dass Suor Francesca bereits einen Schritt weiter war. Mehr jedoch nicht. Denn sie hat mir nichts davon mitgeteilt. Sie hielt es für zu gefährlich.«
    Zuerst sah Isabella Suor Anna verblüfft an, dann nahm sie die Nonne in die Arme und drückte sie. Sie konnte gerade noch ihre Tränen unterdrücken, sonst hätte sie losgeheult.
    »Wir gehen zurück. Bald.« Suor Anna blickte sich um, als fühlte sie sich beobachtet. »Aber jetzt sollten wir weitergehen. Wir werden bestimmt erwartet.«
    Isabella warf dem Marienbild einen letzten Blick zu und folgte Suor Anna hinaus in das Gewühl des Marktes. Größer hätte der Gegensatz nicht sein können als dieses Gelärme und die kontemplative Stille in der Kirche selbst. Isabella schloss zu der Benediktinerin auf.
    »Was ist das für eine Osteria?«, fragte sie endlich, während sie sich langsam dem Rialto näherten. Die Menschenmenge nahm zu. Fremdländische Kleidung, Kopfbedeckungen, Gesichtszüge häuften sich. Dieses Venedig sog die Welt in sich auf wie ein Schwamm. Neben den reich gekleideten Kaufleuten, Adligen und Geistlichen, die sich an ihnen vorüberschoben und durch deren schwatzende Gruppen sie sich hindurchzwängten, begegneten ihnen auch Weiber in bunten Kleidern mit weiß geschminkten Gesichtern: Stadthuren.
    »Das Kloster unterhält eine Herberge für fremde Kauffahrer und Seeleute«, erwiderte Suor Anna, die angesichts der lebhaftenGesten und Gespräche der Männer um sie her wieder ganz still geworden war. Dennoch klangen ihre Worte nicht recht überzeugend. Vielleicht, dachte Isabella, lag es an der Umgebung. Außer Prostituierten sah man auf den Straßen und in den Gassen der Rialto-Gegend kaum Frauen. Manche der Huren verbargen ihre Gesichter hinter weißen Masken, die sie mit Federn geschmückt hatten. Oft waren diese Hübschlerinnen krank und verbargen das unter ihrer Larve.
    Sie bogen in eine kleinere Nebenstraße ein und standen bald vor einem Haus, das sich durch ein Schild zu erkennen gab, auf dem ein Zugochse in Rot seine Hörner in die Luft streckte, als wolle er den nächstbesten Passanten aufspießen. Doch nicht nur das Stirnhorn reckte sich in die Luft, auch die Männlichkeit des Tieres stach unübersehbar in den Trubel der Gasse hinab.
    Sie zögerten, bevor sie eintraten. Unter der Tür kam ihnen ein Mann mit feistem, gerötetem Gesicht entgegen, der einen Geruch nach Spezereien verbreitete. Er wirkte zufrieden und grunzte, brummte und kollerte vor sich hin. Beim Hinausgehen musterte er die beiden Frauen mit sattem Blick, leckte sich die Lippen und grinste.
    »Das nächste Mal, Signorina!«, flötete er mit schlechtem Atem und griff nach Isabellas Brust.
    Isabella wich der Hand aus, drehte sich beiseite und fühlte, wie ihr Gesicht feuerrot anlief. »Unverschämter Kerl!«, fauchte sie ihn an, erntete jedoch nur ein Lachen. Zu Suor Anna gewandt sagte sie: »Wo habt Ihr mich hingeführt?«

KAPITEL 27 Aus dem Untergeschoss des Gasthauses schlug ihnen ein Gestank entgegen, der sich aus Schweiß, altem Fett, saurem Wein und verbranntem Gemüse mischte. Mindestens zwanzig Personen füllten die Stube, Männer und junge Frauen bunt durcheinander wie ihre Kleidung. Manche der Mädchen saßen auf den Schößen der Kerle, andere standen gebeugt undgestatteten den Mannsbildern tiefe Einblicke. In einem durch offenes Fachwerk abgetrennten Raum in der hintersten Ecke hatte eine Schankmagd ihre Brüste gänzlich entblößt und nährte einen der Kerle daran. Das männliche Publikum bestand aus Handwerkern und Kaufleuten,

Weitere Kostenlose Bücher