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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gebaren derjenigen, die noch keine Männer waren und dennoch deren Verhalten nachahmten, um als welche zu gelten. Zudem kannte sie einen der Übermütigen.
    »Eusebio Priuli, wenn ich deinem Vater erzähle, wie du dich gegen ehrbare Frauen verhältst, wird er dich auf die Bank legen und dir die Hosen strammziehen. Also verzieht euch, bevor ich Ernst mache!«
    Der Angesprochene stutzte, dann trat er tatsächlich den Rückzug an, seine beiden Kumpane im Schlepptau. Ein wenig verstört folgten ihm die Freunde. Isabella sah das mit Vergnügen, doch dann kam ihr eine Idee.
    »Eusebio. Warte! Komm her!«, rief sie dem Jugendlichen hinterher und ging ihm einige Schritte entgegen.
    Suor Anna versuchte sie zurückzuhalten. »Bist du verrückt. Du lädst sie doch ein, uns ...«
    Isabella lachte nur und winkte Eusebio zu sich heran, der etwas linkisch auf sie zuging.
    »Ihr wünscht, Signorina Isabella?«, fragte der Junge höflich und ein wenig verlegen.
    »Ich habe einen Auftrag für dich, Eusebio«, begann Isabella. »Lauf zu Marcello, Marcello Tanti. Sag ihm, er könnte mich im Rialto-Quartier in der Osteria dell’Orso treffen. Heute Nachmittag.Und beeil dich, sonst erfährt dein Vater schneller von deinem Übermut, als du zu Hause ankommen kannst.«
    Der Junge nickte und sauste davon, seine Freunde im Schlepp, die wie der Blitz in den Gassen verschwanden. Zufrieden wandte sich Isabella zu Suor Anna um.
    »Warum glaubt Ihr, hat Signora Artella uns aus dem Kloster geschickt?«, fragte sie. Sie hängte sich bei Suor Anna ein, und beide ließen sich durch die Gassen treiben wie ein Stück Strandgut, das auf den Wellen tanzt. Suor Annas Bewegungen wirkten plump; ihr Gang war mehr ein Watscheln als ein Laufen. Je länger sie unterwegs waren, desto längere Pausen musste sie einlegen.
    »Du weißt es nicht, Kind? Denk doch einmal nach! Die Äbtissin hat dir gesagt, deine Tante sei nach Torcello gegangen. Tatsächlich liegt sie aber tot und aufgebahrt in der Abtei. Sie muss beerdigt werden. Das wird heute gegen Nachmittag geschehen. Man wird ihre sterblichen Überreste nach Torcello überführen. So brauchen sie ihre Lüge nicht einmal zuzugeben.«
    Isabellas Miene verdüsterte sich. An Suor Francesca hatte sie gar nicht mehr gedacht.
    Als sie auf den Campo vor Santa Maria Formosa einbogen, schlug das lautstarke Treiben auf dem Platz wie eine Welle über ihnen zusammen. Gemüsestände belagerten die Kirche, Marktfrauen schrien ihre Ware aus. Manche in derart ohrenbetäubender Weise, dass Suor Anna sich die Ohren zuhielt. Es war, als wäre alle Welt auf diesem Platz zusammengelaufen, um sich für den Mittagstisch einzudecken. Ganz das Gegenteil zur Stille hinter den Mauern des Konvents.
    Für einen kurzen Moment überlegte Isabella, ob sie nicht einfach loslaufen sollte, weglaufen, fliehen. Doch allein der Anblick der nächsten Kanäle mit ihren dunklen Wassern sagte ihr, dass eine Flucht aus Venedig unmöglich war. Und innerhalb der Stadt würde sie keinen Unterschlupf finden. Keine der adligen Familien würde ihr helfen und die der Handwerker schongar nicht. Die einen fürchteten darum, die altbewährte Lösung für ihre überzähligen Frauen in der Familie in Frage zu stellen. Die anderen sahen in allem, was mit der Kirche zu tun hatte, den fortschreitenden Verfall der Moral und der Sitten. Beidem lag eine bittere Wahrheit zugrunde.
    Angesichts des klaren und hell strahlenden Kirchengebäudes packte Isabella Suor Anna an der Hand und zog sie in den schattigen, im Frühdunst kühlen Innenraum hinein. Wie San Marco hatte auch diese Kirche den Grundriss eines griechischen Kreuzes.
    »Unterbrechen wir den Gang und suchen Ruhe im Gebet«, flüsterte Isabella. In ihren Augen war Suor Anna eine Spur blasser geworden. Beinahe willenlos ließ sich die Chornonne von Isabella mitziehen.
    Als sie ihre Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, stachen Isabella die selten schönen Rottöne des Altartriptychons ins Auge: Es zeigte Szenen aus dem Marienleben. Links das Treffen ihrer Eltern, in dem Anna dem alternden Joachim mitteilt, sie sei schwanger und erwarte eine Tochter, und auf der rechten Seite Marias Geburt. Der Mittelteil zeigte Maria als Himmelskönigin, die ihren Mantel über die Flehenden und Schutzbedürftigen breitet.
    Für einen Augenblick war Isabella sprachlos, da sie diese Farbigkeit nicht erwartet hatte und das Gefühl nicht loswurde, als habe all das etwas zu bedeuten.
    »Suor Anna«, begann sie, nachdem sie sich am roten

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