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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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heißes Gefühl. »Du hast im Besucherraum auf mich gewartet?«
    Marcello schüttelte den Kopf.
    Sofort wehte eine kühle Brise Isabellas Gedankenwärme beiseite. »Wie? Wo warst du dann?«
    »Ich war bei dir in der Zelle, aber du warst nicht mehr da!«, flüsterte Marcello.
    »Du warst wo? « Isabella starrte ihn ungläubig an.
    »In deiner Zelle. Als ich dich dort nicht angetroffen habe, da habe ich mir Sorgen gemacht. Ich bin dann wieder aus dem Kloster raus, und als ich mich den Rio di Lorenzo habe hoch-rudern lassen, da seid ihr beiden gerade über die Brücke gegangen. Daraufhin bin ich euch nachgegangen.«
    Sofort überschlugen sich Isabellas Gedanken. Marcello eröffnete ihr eine Möglichkeit, an die sie bislang noch gar nicht gedacht hatte.
    »Marcello, Suor Anna wird gleich wiederkommen. Setz dich zurück zur Tür. Bleib dort, ich versuche dich nach oben zu holen. Wir müssen unbedingt miteinander reden.«
    Marcellos Augen leuchteten. Er nickte und verschwand so unauffällig wieder, wie er gekommen war, während Isabella sich ein Stück Fleisch in den Mund schob und vom Brot abbiss. Kurz darauf tauchte Suor Anna wieder auf, blass und krank im Gesicht.
    »Was ist mit Euch?«, fragte Isabella, doch die Nonne schob nur ihren Teller beiseite. »Ihr müsst essen, Suor Anna.«
    Suor Anna schüttelte den Kopf. »Mir ist übel, und ich kann kein Essen sehen. Es vergeht wieder.«
    Suor Patina tauchte auf und stellte einen Krug mit verdünntem Wein auf. Als sie sah, dass nur Isabella zugriff, musterte sie ihre Mitschwester mit zusammengekniffenen Augen. Suor Anna erwiderte den Blick matt und seufzte.
    Die Köchin spitzte den Mund, dann wandte sie sich an Isabella. »Schmeckt es? Ich hole mehr, wenn du willst, Kleines. Beeilt euch. Wir öffnen bald die Küche, dann muss der Raum frei sein!«
    Isabella nickte und aß, als wäre es für lange Zeit die letzte Mahlzeit,die sie bekommen würde. Verstohlen beäugte sie die Nonne ihr gegenüber, die stumm und mit geschlossenen Augen und einer Gesichtsfarbe mit am Tisch saß, die dem grünlichen Algenrasen an der Wasserlinie der Häuser glich. Woran litt Suor Anna? Sie hoffte, dass es nichts Ansteckendes war. Die Kanäle dieser Stadt verbreiteten die schrecklichsten Miasmen, und mehr als einmal war Venedig ein Ausgangspunkt für Krankheiten gewesen, die sich über ganz Europa ausbreiteten. Hinter vorgehaltener Hand, um diese Plage nicht zu beschwören, nannte man dabei die Pest als schlimmste Geißel der Christenheit. Sie würde Suor Anna im Auge behalten, die wie ein Häufchen Elend vor ihr saß und sich den Bauch hielt.
    Einmal drehte sich Isabella um und spähte in die Gaststube hinein. Marcello saß wieder am Tisch bei der Tür, einen Krug Wein vor sich und unterhielt sich mit dem Mädchen, das Isabella beim Eintreten in eben dieser Ecke gesehen hatte, in der sie jetzt saßen, mit entblößten Brüsten. Sie musste schnell handeln.
    Plötzlich stieß die Chornonne einen spitzen Schrei aus. Die Männer im Raum verstummten, dann lief ein Lachen durch den Raum, das Isabella unsicher machte.
    Suor Anna saß verkrümmt in der Ecke, blass wie ein frisch gebleichtes Laken und wimmerte.
    »Anna, was ist mit Euch?« Isabella fühlte sich hilflos. Sie rutschte von ihrer Bank und wollte zu der Nonne, um ihr Beistand zu leisten, als sie sanft an der Schulter genommen und beiseitegeschoben wurde.
    »Lass mich das machen, Kind. Ich kenne mich aus.« Suor Patina stand neben ihr, angelockt vom Schrei ihrer Schwester im Herrn.
    »Ist sie krank?«, fragte Isabella besorgt.
    Suor Patina drehte sich zu ihr um und lächelte. »Sie ist nicht krank. Jedenfalls wird sie sich, wenn alles gut geht, von dieser ... Unpässlichkeit rasch wieder erholen.«

KAPITEL 28 Isabella war vor dem Geschrei Suor Annas geflohen.
    An ihrer Seite saß Marcello, der seine Gondel herbeigerufen hatte. Sie hatten auf Isabellas Bitte hin die Vorhänge der felze , des abnehmbaren Häuschens in der Mitte, geschlossen. Sie wollte mit ihrem Habit nicht auffallen – und vor allem mit Marcello allein sein.
    Verlegen saßen sie nebeneinander.
    »Sie bekommt ein Kind?«, fragte Marcello, ohne sie anzusehen. »Wie kann das sein?«
    Isabella nickte nur. Dann, in einer Aufwallung, beugte sie sich zu ihm hinüber und küsste ihn schüchtern auf den Mund. »Danke!«
    Überrascht nahm Marcello den Kuss entgegen. Isabella bedauerte, dass er offenbar nicht geistesgegenwärtig genug war, sie festzuhalten. Im Augenblick hätte sie ihm

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