Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
eingeschlafen war, abgenommen und neben sich gelegt. Eine ganze Weile saßen sich die beiden Frauen stumm gegenüber. Isabella getraute sich nicht mehr weiterzureden, aus Furcht, die Kleine aufzuwecken. Suor Anna dagegen saß da wie erstarrt, und Isabella bedauerte bereits, das Wissen um ihre Streifzüge weitergegeben zu haben. Müde schloss sie die Augen und senkte das Kinn auf ihre Brust. Erschöpfung breitete sich in ihr aus. Siewollte sich gerade erheben, zu ihrer Pritsche hinübergehen und sich niederlegen, als Suor Anna aus ihrer Erstarrung erwachte. »Ich weiß, wo die beiden anderen Zeichen sind, Isabella«, flüsterte sie und sah sich verstohlen um.
    »Seid Ihr Euch sicher?« Isabella war wieder hellwach.
    »Ganz sicher, Isabella. Der lehrende Mönch und die schreibende Maria. Ich lebe seit fünfzehn Jahren an diesem Ort. Das Bild des lehrenden Mönchs schmückt das Epitaph der ersten Äbtissin dieses Klosters und hängt ...«
    »... im Refektorium!« Atemlos hatte Isabella die Nonne unterbrochen. Jetzt fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Dort hatte sie es bereits mehrmals gesehen, aber kaum beachtet. »Und die schreibende Muttergottes? Sagt schon!«
    Ein Strahlen lief über das Gesicht der jungen Mutter. »Du musst sie gesehen haben. Jeder sieht sie, der dieses Kloster betritt. Man kann nicht anders, denn jeder Neuzugang steht längere Zeit in diesem Raum und harrt darauf, dass etwas geschieht.« Mit der flachen Hand schlug sich Isabella gegen die Stirn. »Natürlich! Das Fresko im Eingang! Maria, die eine Schreibfeder in der Hand hält und etwas niederschreibt, während ihr der Engel verkündet, dass sie den Gottessohn gebären wird.«
    Vier Buchstaben, drei Zeichen. Wie schade, dass sie das vierte Zeichen nicht mehr hatte finden können. Der Pater war ihr dazwischengekommen und hatte es verhindert. Sie würde noch einmal in den Nonnenchor und das Buch aufschlagen müssen. Sie suchte an ihrer Brust nach dem Schlüssel und fand ihn mit einem Zwirnfaden befestigt, verborgen an ihrem Busen. Sie fühlte sein kaltes Metall.
    Die Gedanken flogen dahin wie schnell ziehende Wolken, und die Bilder der Initialen zogen durch ihren Kopf. Sie enthielten eine Botschaft, so viel war sicher, nur entziffern konnte sie diese noch nicht. Nur langsam verflüchtigte sich das Bild. Als Isabella aufschaute, bemerkte sie das angespannte Gesicht von Suor Anna.
    »Ich glaube, ich habe noch etwas entdeckt«, flüsterte diese. Sie fuhr mit dem Finger über ihre Bettdecke und zeichnete in den Strohsack die Umrisse von San Lorenzo. »Die mögen so nur ungefähr stimmen, doch jetzt zeige ich dir etwas.« Sie stieß mit dem Finger in die Bettdecke. »Die Buchstaben I, N, R und I wurden mit Jesus ans Kreuz genagelt. Schau her. Dort ist der Kreuzgang mit dem Orientalen. Hier«, sie stieß ihren Finger erneut in das Bettlaken, »hier oben liegt das Refektorium mit dem lehrenden Mönch, und hier, direkt gegenüber und leicht nach unten versetzt, befindet sich der Eingang mit der Madonna. Fällt dir etwas auf?«
    Isabella betrachtete die drei Dellen in der Decke sorgfältig, doch entweder war sie zu begriffsstutzig, oder die Botschaft war bei weitem nicht so ins Auge stechend, wie Suor Anna es gerne gehabt hätte. Mit einer raschen Bewegung verband die Schwester die beiden äußeren Punkte und zeichnete dann, vom dritten ausgehend, eine zweite Linie, welche die erste kreuzte.
    »Irgendwo dort wird das vierte Zeichen zu finden sein«, sagte sie überzeugt und deutete auf die ins Leere laufende Linie. Isabella fuhr die Figur mit dem Zeigefinger ihrer rechten Hand langsam nach, als erschließe sich ihr erst so deren wahre Bedeutung. Die Linien bildeten ein Kreuz, oder sollten es jedenfalls bilden, wenn sie Suor Anna Glauben schenkte.
    »Wenn das stimmt, dann ... dann ... ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Du wirst das vierte Zeichen brauchen, um aus den Symbolen eine Botschaft entschlüsseln zu können.« Suor Anna sah Isabella direkt an. Das anfängliche Feuer in ihren Augen war erloschen. In einem Moment erkannte Isabella, dass es zweierlei bedeutete, unabhängig zu sein und einem Traum nachjagen zu dürfen oder ein Kind an der Brust zu nähren und Sorge für dieses neugeborene Leben zu tragen.
    »Ich werde noch einmal ins Kloster zurückgehen«, sagte sie
und schluckte. Sie wollte Suor Anna nicht wehtun und setztedeshalb hinzu: »Vielleicht wartet Vater noch. Ich hatte ihn zur Sext ins Besucherzimmer bestellt.«
    »Nimm Marcello

Weitere Kostenlose Bücher