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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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Weise. Denn wir sind beide ins Leben zurückgerufen worden.«

    Auf dem Gipfel konnten sie vom Rand des eingestürzten Kegels aus hinuntersehen auf einen See flüssiger, heißer Lava, die im Berginneren blubberte und schäumte. Schweflige Dämpfe stiegen gen Himmel. Sie hatten zwei Tage gebraucht, um diese Stelle zu erreichen, die viereinhalbtausend Meter über dem Meeresspiegel lag. Mittlerweile war die Abenddämmerung schon fast vorüber, und als der Mond über dem Meer aufging, kroch langsam ein dunkler Schatten über seine milchig-weiße Oberfläche.
    »Die Mondfinsternis ist der Grund dafür, dass wir heute Nacht hierhergekommen sind«, sagte die Frau. »Das ist unser Geschenk an die Toten - die Auslöschung der Vergangenheit für alle in diesem Abgrund, mögen sie in Frieden ruhen. Denn sie werden nie mehr eine Gegenwart oder eine Zukunft haben, wie sie uns gegeben ist.«
    »Aber wie kann ich denn eine Zukunft haben - oder auch nur eine Gegenwart?«, fragte er voller Angst, »wenn ich mich an nichts mehr aus meiner Vergangenheit erinnern kann?«

    »Kannst du das wirklich nicht?«, fragte die Frau leise. Sie langte in ihre pelzbesetzte Weste und zog einen kleinen Gegenstand hervor. »Kannst du dich denn daran erinnern?«, fragte sie, während sie ihm das Teil auf ihrer Handfläche hinhielt.
    In diesem Augenblick wurde der Rest des Monds vom Schatten verschluckt, und vorübergehend wurde alles dunkel. Nur das grässliche rote Glühen in dem Schlund unter ihnen erhellte die Nacht.
    Aber in seinem Kopf war wieder das Feuer aufgeflammt - und plötzlich hatte er noch etwas anderes erblickt. Er hatte lange genug hinsehen können, um zu erkennen, was für einen Gegenstand sie in der Hand hielt.
    Es war die schwarze Dame eines Schachspiels.
    »Du bist dort gewesen«, sagte er. »Dort in dem Kloster. Es sollte dort ein Spiel stattfinden - und dann, kurz bevor …«
    An den Rest konnte er sich nicht mehr erinnern. Aber in jenem Blitzstrahl, der auf die schwarze Dame gefallen war, hatte er zugleich einen Zipfel seiner eigenen Vergangenheit erblickt. »Mein Name ist Sascha«, sagte er. »Und du bist meine Mutter Tatjana.«

Der Schlüssel
     
     
     
     
Sieben Schlüssel sind zum großen Tor gemacht,
Nämlich acht in einem und einer in acht.
    ALEISTER CROWLEY, Magick
     
     
     
     
    Ich konnte den Schlüssel immer noch nicht finden, auch wenn die Geschichte, die Nim mir am Vorabend erzählt hatte, einige Widersprüche aufgelöst hatte.
    Falls Minnie im Besitz eines Duplikats der schwarzen Dame war, das sie benutzt hatte, um Tatjana vor vierzig Jahren freizukaufen, würde das die zweite Dame erklären, die vor den Augen meines Vaters in Sagorsk aufgetaucht war.
    Wenn Minnie die Schachbrettzeichnung der Äbtissin in Tatjanas Obhut gegeben hatte, würde das erklären, warum meiner Mutter dieser wichtige Teil in ihrer Sammlung der Figuren gefehlt hatte.
    Ich konnte nicht vergessen, dass dieses Schlüsselstück derzeit in meiner Daunenjacke eingenäht war. Ebenso wenig konnte ich jenen ersten verschlüsselten Hinweis vergessen, den ich in Colorado von meiner Mutter erhalten hatte, den Hinweis, den ich hatte entschlüsseln müssen, um überhaupt ins Haus zu kommen - jene Quadratzahlen, die zu der eigentlichen Botschaft führten: Das Schachbrett enthält den Schlüssel .
    Aber trotz all der Lösungen und Erklärungen, die mein
Onkel mir vergangene Nacht geliefert hatte, blieben immer noch mehr offene Fragen als Antworten.
    Während Nim das Frühstücksgeschirr abwusch, nahm ich mir Papier und Stift, um festzuhalten, was ich noch herausfinden musste.
    Zunächst einmal waren es nicht nur Antworten, die fehlten. Meine Mutter selbst fehlte, und offenbar war meine erst kürzlich entdeckte Großmutter ebenfalls verschwunden. Wo steckten die beiden? Welche Rolle spielte jede von ihnen? Und welche Rolle spielte jeder andere in diesem Spiel?
    Aber als ich meine Notizen betrachtete, wurde mir klar, dass die wichtigste Frage immer noch lautete: Wem konnte ich vertrauen?
    Was war zum Beispiel mit meiner Tante Lily? Als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie als Teil ihrer »Strategie« angeboten, die Schach- und möglicherweise auch die Unterweltverbindungen von Basil Livingston zu durchleuchten - ein Mann, mit dem sie, wie sie vergessen hatte zu erwähnen, möglicherweise mehr als nur eine flüchtige Bekanntschaft verband. Schließlich war Basil Schachturnierorganisator. Nachdem ihr Großvater vor zwei Jahren gestorben war, hatte

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