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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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kramte darin herum, bis ich die Taschenlampe fand, die wir immer darin aufbewahrten. Dann bugsierte ich Key und Wartan zur Seite, beugte mich vor und leuchtete mit der
Taschenlampe ins Innere des Schreibtischs. Aber Wartan hatte tatsächlich die Wahrheit gesagt: Es war nichts darin zu entdecken. Andererseits - warum hatte die Schublade immer geklemmt?
    Ich hob die kaputte Schublade auf und untersuchte sie von allen Seiten. Obwohl nichts zu fehlen schien, schob ich den Anrufbeantworter und die Werkzeuge aus dem Weg, stellte die Schublade auf den Schreibtisch, zog die andere heraus und schüttete ihren Inhalt auf den Boden. Als ich die beiden Schubladen miteinander verglich, hatte ich den Eindruck, dass die Rückwand der kaputten Schublade etwas höher war als die der anderen.
    Ich schaute Lily an, die immer noch die zappelnde Zsa-Zsa im Arm hielt, und sie nickte, als wollte sie sagen, sie hätte es die ganze Zeit gewusst. Dann wandte ich mich an Wartan Asow.
    »Sieht ganz so aus, als wäre da ein Geheimfach«, sagte ich.
    »Ich weiß«, antwortete er leise. »Es ist mir eben schon aufgefallen, aber ich fand es besser, es nicht zu erwähnen.« Seine Stimme klang immer noch höflich, aber sein unterkühltes Lächeln war wieder da - ein Lächeln wie eine Warnung.
    »Es nicht zu erwähnen ?«, wiederholte ich ungläubig.
    »Sie haben doch selbst gesagt, dass diese Schublade schon seit langer Zeit klemmte. Wir haben keine Ahnung, was darin versteckt ist«, sagte er und fügte leicht ironisch hinzu: »Vielleicht etwas Wertvolles - etwa Schlachtpläne aus dem Krimkrieg.«
    Das war tatsächlich nicht ganz unmöglich, denn mein Vater war auf der zur Sowjetunion gehörenden Krim aufgewachsen - dennoch war es ziemlich unwahrscheinlich. Der Schreibtisch hatte nicht einmal ihm gehört. Und obwohl es mich mindestens ebenso sehr wie alle anderen drängte, das Geheimfach
zu untersuchen, hatte ich vorerst genug von Mr Wartan Asows selbstherrlicher Logik und seinen eisigen Blicken. Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging zur Tür.
    »Wo gehen Sie hin?« Wartan schoss die Frage hinter mir her wie eine Kugel.
    »Eine Säge holen«, antwortete ich, ohne innezuhalten, über die Schulter hinweg. Lilys Brachialmethode war zweifellos untauglich. Selbst wenn das, was sich in dem Schreibtisch verbarg, gar nichts mit meiner Mutter zu tun hatte, konnte es sich doch um etwas Zerbrechliches oder Wertvolles handeln.
    Wartan hatte wortlos den Raum durchquert und stand plötzlich neben mir. Er packte mich am Arm, bugsierte mich in den Windfang, drückte die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen, um mir den Ausgang zu versperren.
    Nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, standen wir in dem winzigen Raum zwischen dem Tiefkühlschrank und den Garderobenhaken, an denen so viele Pelze und Daunenanoraks hingen, dass die statisch aufgeladene Luft mir die Haare zu Berge stehen ließ. Doch ehe ich dazu kam, gegen diesen Überfall zu protestieren, hatte Wartan mich an den Schultern gefasst und redete eindringlich und so leise, dass niemand sonst ihn hören konnte, auf mich ein.
    »Alexandra, Sie müssen mir zuhören - es ist extrem wichtig«, sagte er. »Ich verfüge über Informationen, die Sie dringend brauchen. Entscheidende Informationen. Wir müssen miteinander reden - und zwar jetzt -, bevor Sie hier noch mehr Schränke und Schubladen aufbrechen.«
    »Wir haben nichts miteinander zu bereden«, fauchte ich mit einer Verbitterung in der Stimme, die mich selbst überraschte, und riss mich von ihm los. »Ich habe keine Ahnung, was zum Teufel Sie überhaupt hier zu suchen haben, weshalb meine Mutter Sie überhaupt hierher eingeladen hat …«

    »Aber ich weiß, warum sie mich hergebeten hat«, fiel Wartan mir ins Wort. »Ich habe zwar nie mit ihr gesprochen, aber das war auch gar nicht nötig. Ihre Mutter braucht Informationen - und Sie ebenfalls. Ich bin der Einzige von denen, die an jenem Tag dort waren, der diese Informationen vielleicht beschaffen kann.«
    Ich musste ihn nicht erst fragen, was er mit dort meinte - oder um welchen Tag es sich handelte. Aber das machte mich nicht auf das gefasst, was als Nächstes kam.
    »Xie«, sagte er, »begreifen Sie denn nicht? Wir müssen über den Mord an Ihrem Vater reden.«
    Mir war, als hätte ich einen Schlag in die Magengrube bekommen, und einen Augenblick lang blieb mir die Luft weg. In den vergangenen zehn Jahren, seit meiner Kindheit als Schachwunder, hatte mich niemand mehr Xie genannt. Es war

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