Die Bourne-Identität
bereit, sie sofort gegen die Schläfe zu pressen, wenn wieder Blut aus der Wunde quoll. Er stieg aus und hinkte so schnell er konnte davon. Spätestens vorne am Bahnhof würde er ein Taxi finden. Brauerstraße.
Marie St. Jacques rannte die breite Straße entlang und winkte mit beiden Armen den vorbeifahrenden Autos zu. Sie drehte sich um, hob die Hände, um auf sich aufmerksam zu machen; aber statt anzuhalten, beschleunigten die Wagen ihre Fahrt und schossen an ihr vorbei. Die Fahrer erkannten, daß hier etwas passiert war und wollten sich Schwierigkeiten ersparen.
Die beiden Männer in einem blauen Peugeot freilich nahmen sofort Notiz von ihr. Die Scheinwerfer hatten sie ausgeschaltet, seitdem sie die Frau auf der gegenüberliegenden Straßenseite gesehen hatten. Der Fahrer sagte auf Schwyzerdütsch zu seinem Begleiter: »Das könnte sie sein. Dieser Chernak wohnt ein Stückchen weiter unten.«
»Halt an und laß sie näher kommen. Sie soll ein rotes Seidenkleid ... das ist sie!«
»Wir wollen uns vergewissern, ehe wir die anderen verständigen.«
Beide Männer stiegen aus dem Wagen. Sie trugen konservative Straßenanzüge. Ihre Gesichter wirkten freundlich, aber ernst, geschäftsmäßig. Die erschreckte Frau kam auf sie zu; sie traten schnell in die Straßenmitte. Der Fahrer rief:
»Was ist passiert, Fräulein?«
»Helfen Sie mir!« rief sie. »Ich ... ich spreche nicht Deutsch. Rufen Sie die Polizei!«
Der Begleiter des Fahrers wirkte ganz ruhig, von seiner tiefen Stimme ging Autorität aus. »Wir gehören zur Polizei«, sagte er in englischer Sprache, »zur Zürcher Sicherheitspolizei. Wir waren nicht sicher, Miss. Sie sind doch die Frau aus dem >Carillon du Lac«
»Ja!« schrie sie. »Er ließ mich nicht gehen! Er schlug mich immer wieder, bedrohte mich ständig mit seiner Pistole! Es war einfach schrecklich!«
»Wo ist er jetzt?«
»Er ist verwundet. Er ist angeschossen worden. Ich bin weggerannt Er war im Wagen, als ich weglief.« Sie deutete die Löwenstraße hinunter. »Dort drüben, in der Mitte des Häuserblocks, denke ich. Es ist ein graues Coupé. Er ist bewaffnet.«
»Wir auch, Miss«, sagte der Fahrer. »Kommen Sie, steigen Sie hinten ein. Dort sind Sie in Sicherheit; wir werden sehr vorsichtig sein. Schnell jetzt.«
Mit ausgeschalteten Scheinwerfern rollten sie auf das graue Coupé zu. In ihm saß niemand. Aber da standen Leute auf dem Bürgersteig, die aufgeregt miteinander redeten, auch vor dem Eingang zu Nr. 37. Der Beifahrer wandte sich an die verängstigte Frau, die sich hinten auf der Sitzbank in die Ecke gedrückt hatte.
»Dies ist die Wohnung eines Mannes namens Chernak. Hat er ihn erwähnt? Hat er gesagt, daß er zu ihm wolle?«
»Er war bei ihm, er hat mich gezwungen, ihn zu begleiten. Er hat ihn getötet! Er hat diesen verkrüppelten alten Mann umgebracht!«
»Der Sender - schnell!« sagte der Mann zu dem Fahrer und schnappte sich das Mikrophon vom Armaturenbrett. Der Wagen schoß nach vorn, die Frau hielt sich am Vordersitz fest.
»Was machen Sie?«
»Wir müssen den Mörder finden«, sagte der Fahrer. »Sie sagten ja, daß er verwundet worden ist; vielleicht ist er noch in der Nähe. Wir warten natürlich, um sicherzustellen, daß die Kollegen von der Mordkommission auch eintreffen; aber wir haben andere Aufgaben.« Der Peugeot verlangsamte seine Fahrt und rollte einige hundert Meter von Löwenstraße Nr. 37 entfernt an den Bürgersteig.
Der Begleiter hatte inzwischen in das Mikrophon gesprochen, während der Fahrer der Frau ihren Auftrag erklärt hatte. Aus dem Lautsprecher war ein Knacken zu hören, dann die Worte: »Wir sind in zwanzig Minuten da. Wartet.«
»Unser Vorgesetzter wird gleich hier sein«, sagte der Begleiter. »Er möchte mit Ihnen sprechen.«
Marie St. Jacques lehnte sich zurück, schloß die Augen und atmete tief aus. »O Gott, wenn ich nur einen Drink bekommen könnte ! «
Der Fahrer lachte und nickte seinem Begleiter zu. Der holte eine kleine Flasche aus dem Handschuhkasten und hielt sie der Frau hin. »Wir können Ihnen kein Glas bieten, Miss, aber Brandy haben wir. Nur für Notfälle natürlich. Ich glaube, dies ist jetzt ein solcher Notfall. Bitte, wenn wir Sie einladen dürfen.«
»Sie sind beide sehr nett. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie dankbar ich Ihnen bin. Wenn Sie je nach Kanada kommen sollten, koche ich Ihnen das beste französische Essen, das Sie in der ganzen Provinz Ontario kriegen.«
»Vielen Dank, Miss«, sagte der
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