Die Bourne Intrige
berührten ihre Stirn. »Ich bin ja bei dir.«
»Ja, ich weiß, es ist gut, ich spüre dich bei mir.« Sie stieß einen Seufzer aus, fast wie das zufriedene Schnurren einer Katze.
»Tracy?« Er löste seine Lippen von ihrer Stirn, um ihr in die Augen zu sehen, die starr in die Unendlichkeit blickten. »Tracy.«
Neunundzwanzig
»Es kommt!«, rief Humphry Bamber.
»Wie viel?«, fragte Moira.
Bamber verfolgte gespannt den Balken auf seinem Bildschirm, der den Fortschritt des Downloads von Noah Perlis’ Laptop anzeigte.
»Alles«, sagte er schließlich, als der grüne Balken die Hundert-Prozent-Marke erreichte. »Dann wollen wir mal sehen, was da vor sich geht.«
Sie spürte das Adrenalin in ihren Adern pulsieren, während sie ungeduldig um seinen Arbeitsplatz herumging, der nach heißem Metall und rotierenden Festplatten roch, dem Duft des Geldes im einundzwanzigsten Jahrhundert. Überall summte und surrte es von den elektronischen Werkzeugen, die ringsum aufgestapelt waren. Die einzigen Stellen an den Wänden, wo nicht irgendwelche Gerätschaften oder vollgestopfte Regale standen, waren das Fenster sowie eine gerahmte Fotografie, die Bamber im College in voller Footballmontur zeigte. Er sah damals sogar noch besser aus als heute.
Als Moira am Fenster vorbeikam, blieb sie stehen und sah auf die Straße hinaus, die an der Rückseite des Hauses vorbeiführte. Im Haus gegenüber brannte Neonlicht in einem Büro voll mit Aktenschränken, riesigen Kopierern und identischen Schreibtischen. Leute im mittleren Alter eilten hin und her und hielten Aktenmappen oder Berichte in den Händen, so wie ein Ertrinkender sich an ein Stück Treibholz klammert. Im Stockwerk über diesem in Routine erstarrten Büroalltag sah sie durch die hohen Dachgeschossfenster in ein Künstleratelier, wo eine junge Frau Farbe auf eine riesige Leinwand warf, die vor einer weißen Wand stand. Sie war so versunken in ihre Arbeit, dass sie nichts um sich herum wahrzunehmen schien.
»Wie kommen Sie voran?«, fragte Moira, als sie sich vom Fenster abwandte.
Bamber, der genauso konzentriert arbeitete wie die Künstlerin gegenüber, antwortete erst, als sie ihn noch einmal fragte. »Ein paar Minuten noch«, murmelte er, »dann weiß ich es.«
Moira nickte. Sie wollte schon vom Fenster weggehen, als sich unten auf der Straße plötzlich etwas bewegte. Ein Auto hatte am Ende des Blocks angehalten, und ein Mann war ausgestiegen. Irgendetwas an der Art, wie er sich bewegte, ließ bei ihr alle Alarmglocken läuten. Er drehte immer wieder ganz leicht den Kopf, wie um sicherzugehen, dass ihm nichts entging. Als er Bambers Haus erreichte, blieb er stehen. Er zog einige Lockpicks hervor und steckte einen davon in das Schloss an der Hintertür, dann probierte er es mit einem anderen, bis er einen gefunden hatte, mit dem sich die Form des Schlüssels simulieren ließ.
Moira griff hinunter und zog ihre Lady Hawk aus dem Oberschenkelhalfter.
»Fast geschafft!«, rief Bamber triumphierend.
Die Tür ging auf, und der Mann trat ins Haus.
»Noah Perlis scheint hinter allem zu stecken«, sagte Peter Marks. »Er hat Jay Westons Tod angeordnet, er hat dafür gesorgt, dass die Ermittlungen eingestellt werden, und er hat Moiras neue Firma unterwandert und ist hinter ihr her.«
»Noah ist Black River«, erwiderte Willard. »Und diese Söldnertruppe ist zwar ziemlich einflussreich, aber ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass sie in der Lage wären, das alles durchzuziehen, ohne dass es irgendjemand merkt.«
»Sie glauben also nicht, dass Perlis dahintersteckt?«
»Das hab ich nicht gesagt.« Willard rieb sich die Bartstoppeln an der Wange. »Aber in diesem Fall glaube ich, dass Black River mächtige Helfer hatte.«
Die beiden Männer saßen einander auf Kunstleder-Sitzbänken in einer Nachtbar gegenüber und lauschten einem traurigen Tammy-Wynette-Song aus der Jukebox und dem Rumpeln von vorbeifahrenden Müllwagen. Zwei dünne Nutten tanzten zusammen, nachdem sie es für diese Nacht offenbar aufgegeben hatten. Ein alter Mann mit zerzausten Haaren saß über seinen Drink gebeugt auf einem Hocker; ein anderer, der den Dollar in die Jukebox geworfen hatte, sang mit Tammy im Duett, mit einer recht passablen irischen Tenorstimme und Tränen in den Augen. Ein Geruch von abgestandenem Alkohol und uralter Verzweiflung hing an der heruntergekommenen Einrichtung. Der Barkeeper guckte über seinen Bauch hinweg in eine Zeitung, mit der Begeisterung eines bekifften
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