Die Bourne Intrige
dass er schnell identifiziert wird.«
»Wieder deine Verschwörungstheorie«, erwiderte Veronica kopfschüttelnd. »Okay, denken wir mal in diese Richtung weiter. Wenn er ermordet wurde – warum sollten sie es dann überhaupt zulassen, dass er gefunden wird? Warum haben sie ihn dann nicht geschnappt, umgebracht und irgendwo verscharrt, wo man ihn erst nach einer Ewigkeit findet, wenn überhaupt?«
»Aus zwei Gründen«, antwortete Moira. »Erstens, weil er Staatssekretär im Verteidigungsministerium ist. Kannst du dir vorstellen, was das für eine Fahndung gibt, wenn er vermisst gemeldet wird? Und so lange wäre sein Name ständig in den Nachrichten. Nein, diese Leute wollten einfach nur seinen Tod, und dafür bietet sich nun mal ein Unfall an.«
Veronica legte den Kopf auf die Seite. »Und der zweite Grund?«
»Sie wollen mich einschüchtern, damit ich die Finger von der Sache lasse, die Weston herausgefunden hat und vor der Stevenson Angst hatte.«
»Pinprickbardem.«
»Genau.«
»Du bist schon genauso schlimm, wie Bourne es immer war mit diesen Verschwörungstheorien.«
»Jasons Verschwörungstheorien haben sich immer als wahr herausgestellt«, erwiderte Moira aufgebracht.
»Wir sollten trotzdem keine voreiligen Schlüsse ziehen.«
Sie gingen zur Tür, und Moira drehte sich noch einmal kurz zu Stevenson um. Dann öffnete sie die Tür. Draußen im Gang sagte sie: »Hältst du es auch für eine voreilige Schlussfolgerung, wenn ich dir noch einen Grund sage, warum hier irgendwas nicht stimmt? Stevenson war nämlich einmal Alkoholiker, aber er war schon seit vielen Jahren trocken.«
»Vielleicht hat ihn seine Angst wieder rückfällig werden lassen.«
»Du hast ihn nicht gekannt«, beharrte Moira. »Er hat seine Bekehrung zu einer Religion gemacht. Trocken zu bleiben war praktisch sein wichtigster Lebensinhalt. Er hat seit zwanzig Jahren keinen Drink mehr angerührt. Und es gab nichts, was ihn dazu hätte bewegen können.«
Der Stier kam auf ihn zu, und nichts und niemand konnten ihn aufhalten. Bourne packte das Messer, zog es aus dem Brustkorb des Toten und rollte sich auf die Seite. Der Stier witterte das frische Blut, stürmte auf den Toten zu und spießte ihn mit den Hörnern zwischen den Beinen auf. Das Tier drehte seinen mächtigen Kopf, hob den Narbigen vom Boden auf, als wäre er aus Pappmacheé, und schleuderte ihn gegen die Betonwand.
Schnaubend und mit den Hufen stampfend, stürzte sich der Bulle erneut auf die Leiche, er spießte sie mit beiden Hörnern auf und schüttelte sie hin und her. Die Bestie würde die Leiche binnen Sekunden in Stücke reißen. Bourne stand langsam auf und näherte sich dem Stier mit vorsichtigen Schritten. Als er nahe genug war, schlug er dem Tier blitzschnell mit der Breitseite des Messers auf die glänzende schwarze Schnauze.
Der Stier hob verwirrt den Kopf und wich zurück, so dass die blutüberströmte Leiche auf den Boden fiel. Dann stand er mit gespreizten Vorderbeinen da und schüttelte den Kopf, wie um herauszufinden, woher der Schlag gekommen war und was er zu bedeuten hatte. Das Blut troff von den Hörnern in den Sand. Er starrte Bourne an, unschlüssig, was er mit diesem zweiten Eindringling in sein Territorium machen sollte. Schließlich stieß er einen kehligen Laut aus und machte einen Schritt auf Bourne zu. Bourne schlug ihm erneut auf die Schnauze, und das Tier blieb stehen, blinzelte und schüttelte schnaubend den Kopf.
Bourne drehte sich um und kniete sich neben die zerfetzte Leiche. Rasch durchsuchte er die Taschen des Toten. Er musste herausfinden, wer diesen Mann geschickt hatte. Wayan hatte ihm einen Mann mit grauen Augen beschrieben, also konnte der Narbige nicht derjenige sein, der ihn auf Bali hatte töten wollen. Hatte ihn derselbe geschickt, der auch den Schützen angeheuert hatte? Er musste irgendeinen Hinweis finden, denn er wusste absolut nichts über den Toten. Konnte es sein, dass Bourne ihn einmal gekannt hatte, sich aber nicht mehr an ihn erinnern konnte? Es war eine quälende Frage, wie sie sich ihm immer wieder einmal stellte, und er wusste, dass er die Lösung finden musste, weil er sonst nie zur Ruhe kommen würde.
Wie erwartet, waren die Taschen des Narbigen leer, bis auf eine Rolle blutiger Euroscheine. Er musste seinen falschen Pass und andere ebenso gefälschte Papiere irgendwo an einem sicheren Ort deponiert haben, vielleicht in einem Schließfach am Flughafen oder am Bahnhof – aber wenn es so war, wo war dann der
Weitere Kostenlose Bücher