Die Bourne Intrige
nicht sehen konnten und beim Brüllen der Menge nicht scheuten. Außerdem hatte man ihnen die Stimmbänder durchtrennt, um sie stumm zu machen, so dass sie den Stier nicht ablenken konnten.
»Okay«, sagte Bourne und gab ihr die Eintrittskarte. »Holen Sie sich bitte ein Bier bei dem Stand dort drüben. Trinken Sie es dort, wo Sie von vielen Leuten umgeben sind, dann kommen Sie zu unseren Sitzen.«
»Und wo sind Sie?«
»Machen Sie sich keine Sorgen«, erwiderte er, »tun Sie einfach, was ich Ihnen gesagt habe, und warten Sie auf Ihrem Platz auf mich.«
Er erspähte den Mann mit der Narbe, der ganz oben ins Stadion gekommen war, wo er einen besonders guten Überblick hatte. Bourne sah Tracy nach, als sie zu den Erfrischungsständen ging, dann zog er sein Handy heraus und tat so, als würde er mit einem Kontaktmann sprechen, um sich mit ihm hier zu treffen, weil er wollte, dass der Narbige genau das glaubte. Zuletzt nickte er mit Nachdruck, steckte das Handy ein und ging weiter um die Arena herum. Er musste irgendeinen Winkel finden, wo er sich ungestört um den Narbigen kümmern konnte.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Mann mit der Narbe kurz zu Tracy hinübersah, bevor er einen Gang nach unten nahm, der Bournes Weg um die Arena kreuzte.
Bourne war schon einmal hier gewesen und kannte die Arena deshalb ganz gut. Er suchte den Toril , den Stall mit den Stieren, denn dort führte ein Gang zu den Toiletten.
»Fuera!« , riefen die Zuschauer. »Fuera!« Hinaus!, riefen sie den Picadores zu, weil sie fürchteten, dass deren Lanzen den Stier so sehr schwächen könnten, dass das Finale nicht das Spektakel wurde, das sie sehen wollten.
Jetzt, wo die Picadores sich auf ihren Pferden von dem Tier entfernten, trat der Matador in die Arena. Der Lärm der Menge war ohrenbetäubend. Niemand achtete auch nur im Geringsten auf Bourne, außer dem Narbigen, der, wie Bourne nun erkennen konnte, drei Totenköpfe auf der anderen Seite des Halses eintätowiert hatte. Es waren grobe unansehnliche Tätowierungen, die zweifellos in einem Gefängnis entstanden waren, höchstwahrscheinlich in einem russischen. Und dieser Mann war nicht jemand, der losgeschickt wurde, um Leute einzuschüchtern. Ein Schädel bedeutete, dass er ein professioneller Killer war: drei Schädel, drei Morde.
Bourne befand sich nun vor dem Torbogen zu dem Bereich, wo die Ställe der Stiere untergebracht waren. Der Narbige kam rasch näher. Bourne trat durch den Bogen und gelangte auf einer Rampe hinunter in einen dunklen Raum. Augenblicklich wurde er von einer Geruchsmischung aus menschlichem Urin und starkem tierischem Moschusgeruch empfangen. Zu seiner Linken lag der Betonkorridor, der zu den Toiletten führte. In der Wand zur Rechten gab es eine Tür, vor der ein uniformierter Wächter stand.
Während er auf diesen groß gewachsenen dünnen Mann zuging, wurde das Tageslicht plötzlich von einer Gestalt ausgesperrt. Der Mann mit der Narbe. Bourne trat zu dem Türsteher, der ihm ziemlich brüsk zu verstehen gab, dass er hier nichts zu suchen habe. Bourne stellte sich zwischen den Wächter und den Narbigen, und während er noch freundlich mit dem Mann sprach, fasste er ihm an den Hals und schnürte ihm die Halsschlagader ab. Der Wächter griff nach seiner Waffe, doch Bourne hinderte ihn mit der anderen Hand daran, sie zu ziehen. Der Mann versuchte sich zu wehren, doch die behinderte Blutzufuhr zum Gehirn machte sich bereits bemerkbar, und er verlor schließlich das Bewusstsein. Bourne hielt ihn jedoch aufrecht und redete weiter mit ihm, weil er den Narbigen glauben lassen wollte, dass das der Mann war, mit dem er vorhin telefoniert hatte. Es war ihm wichtig, diesen Eindruck aufrechtzuerhalten, jetzt, wo der Narbige näher kam.
Bourne nahm den Schlüssel von der Kette, die der Türsteher an der Hüfte trug, schloss die Tür auf und schob den Mann in den dunklen Raum. Er folgte ihm hinein und blickte, ehe er die Tür schloss, noch einmal kurz zum Mann mit der Narbe hinaus, der bereits die Rampe herunterkam.
Bourne befand sich in einem kleinen Raum, in dem mehrere Holzbottiche mit Futter für die Stiere standen, außerdem ein riesiges Waschbecken mit einem großen Wasserhahn und Griffen aus Zink, und darunter Eimer, Tücher, Wischlappen und Plastikflaschen mit Reinigungsmitteln. Der Fußboden war mit Stroh bedeckt, das nur wenig von dem Gestank aufsaugen konnte. Der Stier hinter der brusthohen Betonwand schnaubte und brüllte, und die Schreie der Menge
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