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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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seiner Brüder zu lesen. Was er darin vorfand, hatte mit Betroffenheit nicht das Geringste zu tun. Je länger er die Runde betrachtete, umso mehr fiel ihm die Gleichgültigkeit in den Mienen der Fratres auf. Gewiss, der Bursarius war nicht übermäßig beliebt gewesen, doch dass man nach seinem Tod mir nichts, dir nichts zur Tagesordnung übergegangen war, ließ Bruder Hilpert innerlich erschaudern. Er fragte sich, was der Grund dafür war, fand allerdings keine schlüssige Erklärung.
    In Gedanken immer noch bei Bruder Severus, griff Bruder Hilpert nach dem Becher, der vor ihm auf dem blank polierten Eichentisch stand. Im Gegensatz zu seinem Freund Berengar, der einen guten Tropfen schätzte, hatte er für Wein nicht übermäßig viel übrig. Wenn überhaupt, trank er ihn lieber verdünnt, und dann nicht in großen Mengen. Das galt auch für Würzwein, welcher mit Honig, Majoran und Zimt verfeinert worden war. Wenn schon Rebensaft, dann ungesüßt, aber da er sich mit dieser Unsitte inzwischen abgefunden hatte, ließ er fünf gerade sein, seufzte und führte den Becher zum Mund.
    Vielleicht war es sein Instinkt, oder vielleicht auch der Geruch, der ihm urplötzlich in die Nase stieg. Er kannte diesen Geruch, wenngleich er ihn nicht auf Anhieb zuordnen konnte.
    Um kein Aufsehen zu erregen, tat Bruder Hilpert so, als nehme er einen Schluck, stellte den Becher ab und wischte sich mit der Serviette über den Mund.
    Dann betätigte er das Glöckchen, welches das Ende der Mahlzeit anzeigte. Das Zeichen für Bruder Oswin, den Elemosinarius, von seinen Brüdern die fällige Weinspende für die Armen zu erbitten. Schließlich war heute Sonntag, Geben Christenpflicht. Leider musste Bruder Hilpert auch hier feststellen, dass nicht alle Brüder sie erfüllten. Dafür schmeckte der Wein vom Klosterberg offenbar zu gut.
    Als sich das Refektorium, um das man die Mönche von Maulbronn seines Prunkes wegen beneidete, langsam leerte, blieb Bruder Hilpert noch eine Weile für sich. Es gab viel zu bedenken, abzuwägen und sich eine Strategie zurechtzulegen. Das Problem war, dass er keinen Sozius hatte, sonst wäre ihm vieles leichter gefallen. Am besten sein Freund Berengar, mit dem er sich immer so gut ergänzt hatte. Er war es, den er am schmerzlichsten vermisste, und er hoffte, ihn bald wiederzusehen.
    Am Ende mit seinen Ermittlungen, dies war ihm einmal mehr klar geworden, war er hingegen noch lange nicht, und irgendwie hatte er das Gefühl, als habe der Kasus noch gar nicht begonnen.
    Schließlich war ja erst Mittag, und es konnte noch allerhand passieren.
    Er sollte recht behalten.

Nach der Non
     
    Hilpert , Bibliothekarius zu Maulbronn, an Alkuin , einstmals Stallbursche ebendaselbst
     
    ›Geliebter Sohn!
    Verzeih, wenn ich Dich als Stallbursche tituliert habe, aber die Vorsicht, nicht etwa die Scham, hat mich zu dieser Maßnahme bewogen.
    Ich hoffe, Dir und Laetitia geht es gut, was mich betrifft, vergeht keine Stunde, während der ich eurer nicht gedenke. Mein einziger Trost ist, meinen Freund Berengar in Deiner Nähe zu wissen, darum zögere nicht, seinen Beistand zu erbitten, sollten die Umstände dies erfordern. Wer weiß, vielleicht werden wir uns bald wiedersehen, für meinen Teil jedenfalls hege ich keinen sehnlicheren Wunsch. Alles, worum ich meinen Schöpfer bitten möchte, ist, dass er seine schützende Hand über Dich und Laetitia halten möge, auf dass es euch allzeit wohlergehen möge.
    Was mich betrifft, kann ich Letzteres leider nicht behaupten. Wiewohl wieder zu Hause in Maulbronn, habe ich mir mein Dasein als Bibliothekarius wahrlich anders vorgestellt. Die Pforten der Hölle haben sich erneut aufgetan, und ich, der ich sie dereinst schließen half, stehe dem Treiben des Bösen ratlos gegenüber. Befände sich Berengar an meiner Seite, wäre mir um einiges wohler, da dem nicht so ist, muss ich mich den finsteren Mächten allein entgegenstellen. Je mehr ich mich in den Fallstricken des Bösen verheddere, umso häufiger muss ich an das vergangene Jahr denken, in specialiter [18] an den Tag vor Palmsonntag, als ich Dir das, was mir selbst erst zehn Tage zuvor offenbart wurde, anvertraut habe. Mein Leben wäre anders verlaufen, hätte ich frühzeitig gewusst, wer Du wirklich bist, aber da Dein Schicksal durch die Bande zwischen Dir und Laetitia eine glückliche Wendung genommen hat, möchte ich nicht damit hadern. Euch beide glücklich zu wissen, ist mir ein Trost, und die Labsal, die er mir verschafft, macht

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