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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Hilpert besorgt, die Falten auf seiner Stirn tiefer denn je. »Damit unserem Konvent nicht noch mehr Unheil widerfährt.«
     
    *
     
    »Was meint Ihr, Infirmarius«, sprach Bruder Hilpert, nachdem sich die Tür hinter Bruder Cyprianus geschlossen hatte. »Ob die Wunde verheilt?«
    »Kommt drauf an.« Bedächtig, wie es seine Art war, zog Marsilius von Paderborn seine blutverschmierte Schürze aus, hängte sie auf und genehmigte sich einen Schluck Wein. Der Infirmarius, ein Könner auf seinem Gebiet, war bereits über vierzig, mittelgroß und nicht sehr gesprächig. Es hieß, er führe bisweilen Selbstgespräche, aber da Bruder Hilpert nichts auf Gerüchte gab, wusste er die Künste des knorrigen Westfalen mit der Knollennase durchaus zu schätzen. »Soweit erkennbar, ist sie sauber. Von seinem Blutverlust einmal abgesehen.«
    »Und seine Profess?«
    »Mal sehen, wie es ihm morgen geht. Beziehungsweise, ob meine Umschläge und die Salbe Wirkung zeigen.«
    Bruder Hilpert nickte. »Eine Rezeptur aus Ringelblumen, Kamille und Johanniskraut – stimmt’s?«
    Der Infirmarius sah verblüfft auf. »In der Tat«, murmelte er. Und ergänzte: »Ich muss sagen, Ihr überrascht mich immer wieder.«
    »So, tue ich das?« Bruder Hilpert zog die Brauen in die Höhe, unterließ es jedoch weiter in Bruder Marsilius zu dringen. Stattdessen wechselte er das Thema und erklärte: »Wie dem auch sei – unser junger Freund hat eine Menge Glück gehabt.«
    »Zweifellos.«
    Bruder Hilpert schürzte die Lippen, rieb den Zeigefinger am Kinn und mimte den Nachdenklichen. »Wie kommt es eigentlich, dass Ihr genau im richtigen Moment zur Stelle wart?«, wollte er wissen.
    »Indem ich zwischen Non und Vesper ein dringendes menschliches Bedürfnis verspürt habe – deshalb.«
    Der Bibliothekarius setzte ein hintergründiges Lächeln auf. »Wogegen man in der Regel machtlos ist«, erwiderte er lakonisch, dies allerdings in schärferem Ton. »Mit anderen Worten: Im Bestreben, Euch zu erleichtern, habt Ihr die Latrine aufgesucht und den Novizen Alanus in seinem eigenen Blut liegen sehen. Richtig so?«
    »Richtig.«
    »Irgendetwas Auffälliges, Indizien, Spuren?«
    Bruder Marsilius verneinte.
    »Hm.« Bruder Hilpert kaute nachdenklich auf der Unterlippe herum. »Von den Chormönchen, denke ich, kommt wohl kaum jemand infrage.«
    »Und die Laienbrüder?«
    »Kompliment, Bruder«, antwortete Bruder Hilpert und nickte dem Infirmarius anerkennend zu. »Ich muss sagen, Ihr überrascht mich immer wieder.«
    »Die Hochachtung ist ganz auf meiner Seite«, konterte Bruder Marsilius, für den das Thema hiermit erledigt zu sein schien. »Irre ich mich, oder wolltet Ihr nicht wissen, welche Rückschlüsse sich aus den sterblichen Überresten von Bruder Severus ziehen lassen?« Für seine Verhältnisse war dies ein wahrer Wortschwall gewesen, mehr jedenfalls, als der Infirmarius gemeinhin von sich gab.
    »Das wollte ich in der Tat.« In Gedanken immer noch bei Alanus, war Bruder Hilpert nicht sonderlich erpicht darauf, mit weiteren makaberen Details konfrontiert zu werden. Da jedoch kein Weg daran vorbeiführte, reckte er das Kinn und sah Bruder Marsilius erwartungsvoll an. »Nur zu, Bruder«, ermunterte er ihn, »ich bin auf alles gefasst.«
    Jetzt war die Reihe an dem Infirmarius, seinen Gesprächspartner zu belächeln, und er ließ sich die Chance dazu nicht entgehen. »Das bezweifle ich«, sagte er, während er Anstalten machte, sich in das an die Krankenstube angrenzende Laboratorium zu begeben. »Denn wenn Ihr wüsstet, was auf Euch zukommt, hättet Ihr längst das Weite gesucht.«

Vesper
     
    [Klosterkirche, 14:50 h]
     
     
    Worin sich der Mörder von Bruder Severus einmal mehr in Sicherheit wähnt.
     
    Lautlos, wie es seine Art war , schlich er sich durch den Südflügel des Kreuzgangs, sah sich um und betrat die Kirche. Sie war leer, wenn nicht, hätte ihm ohnehin niemand Beachtung geschenkt. Er war ein Mensch, von dem seine Mitbrüder kaum je Notiz nahmen, schon gar nicht am heutigen Tag. Er war der Unsichtbare, Unberührbare, Unnahbare.
    Vor dem Altar, wo der Sakristan bereits die Kerzen entzündet hatte, beschleunigte er seinen Schritt. Der Schreck aufgrund des Erlebten saß immer noch tief, weshalb er automatisch den Kopf einzog. Und siehe da, kaum war er an der Totenpforte angelangt, geschah das, was er die ganze Zeit über befürchtet hatte.
    Die Stimme war wieder da. Und der Geruch, der sämtliche Abwehrinstinkte lahmzulegen schien.
    Die Hand

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