Die Brandungswelle
gezogen.
Die Fischer rollten sich ihre Zigaretten mit Maispapier. Das schwärzte natürlich die Decke. Es verbrannte ihre Lungen und färbte ihre Finger gelb.
Um diese Zeit war noch nichts los, Lili wischte die Tische ab, als Max kam.
»Die Kirchenfenster sind sauber, und es ist nicht der Sau-Moment«, sagte er, gab mir die Hand und setzte sich mir gegenüber. Es war ihm gelungen, das Steuer seines Bootes zu reparieren.
»Das ist die Reifung«, erklärte er und zeichnete mir auf, wie er es mit den Schweißnähten machen würde.
Er kratzte sich am Kopf, um seinen Erklärungen Nachdruck zu verleihen.
Sein Boot war pures Recycling. Alles vom Schrott gerettet. Seit zwei Jahren war er damit beschäftigt.
Am Tisch hinter uns spielten vier Alte Karten, eine Art Belote mit einer umgedrehten Karte. Sie nannten es Die Umgedrehte oder Die Kuh . Einer der Männer verließ alle zehn Minuten den Tisch. Ein Prostataproblem. Er pinkelte draußen an die Mauer. Die Nachbarn beschwerten sich. Lili streute Natriumkarbonat. »Ihr werdet schon sehen, wenn ihr so alt seid wie er!«, fluchte sie und schwenkte ihren Eimer.
Morgane stellte sich vor den Flipper. Ihre Augen verfolgten die Kugel. Mit ihren Hüften schlug sie gegen die Maschine, die Ratte klammerte sich an ihre Schulter. Die Alten legten kurz die Karten beiseite, um zuzusehen, wie sich Morganes Hüften bewegten.
Max fing an zu sabbern.
»Mach den Mund zu«, sagte ich leise zu ihm.
Ich legte meine Hand auf seine. »Dein Mund …«
Er wischte ihn mit dem Ärmel ab. Mechanisch kaute er ein paar Erdnüsse. Die Erdnüsse nahmen den Speichel auf, zwangen ihn zu schlucken. Er schnupperte an seinen Fingern, das tat er oft. Schließlich vergaß er Morgane und erzählte mir weiter von seinem Boot. Mit der Bleistiftspitze malte er eine weitere Skizze an den Rand der Zeitung. Die Umrisse von Mast und Rumpf. Er fügte ein paar Pfeile hinzu.
»Das ist die genaue Positionierung jedes Teils für die sichere Fahrtaugung des Bootes.«
Nachdem er das gesagt hatte, stand er auf. Es war stärker als er, er musste sich ihr nähern.
»Du stinkst, Tölpel!«, fluchte Morgane und stieß ihn weg.
Er lachte, fing an, sie zu berühren, sie zu streicheln. Er stank nach Schweinestall.
Lili bemerkte ihn.
»Weg da, Cousin.«
Max brummte.
Lili war es egal, sie war daran gewöhnt.
»Ende des Monats wird er vierzig«, sagte sie zu Morgane.
»Na und?«
»Wir feiern ein bisschen. Kommst du?«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Du würdest Max eine Freude bereiten.«
»Hab keinen Grund, ihm eine Freude zu machen.«
Lili zerzauste ihre Haare.
»Spiel hier nicht die Garstige«, sagte sie und verzog das Gesicht, als sie die Ratte erblickte.
»Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du damit bei mir rumhängst!«
Morgane zuckte die Schultern. Sie hatte diese Ratte ausgehungert
unter Blechen bei den Bootsschuppen gefunden und sie daraufhin in eine Kiste gesetzt, unverletzt zwar, aber in schlechter Verfassung. Zwei Tage lang hatte die Ratte weder gefressen noch getrunken. Morgane hatte befürchtet, sie würde krepieren. Doch dann, eines Abends, hatte sie ein Geräusch gehört und nachgesehen. Die Ratte war aus ihrer Kiste gekrochen und trank vom tropfenden Wasserhahn.
Lili ging zum Tresen zurück, öffnete die Kasse, holte einen Schein heraus und legte ihn auf den Tisch vor Morgane.
»Du solltest mal wieder zum Friseur gehen«, sagte sie. »Und außerdem solltest du hier oben wohnen, wenigstens im Winter. Es ist zu kalt auf eurer Insel.«
»Das ist keine Insel.«
Das Dorf lag oben auf einem Hügel. Eine etwas mehr als einen Kilometer lange, einsame Straße trennte es vom Hafen, und diese Entfernung glich einer Wüste, die zwei Welten voneinander abschnitt.
»Die Griffue ist kein Ort für ein junges Mädchen.«
»Was weißt du denn?«
Sie zuckte die Schultern.
Die Mutter versuchte sich aufzurichten. Sie presste die kleine Tasche aus falschem Krokodilleder an sich, die immer in ihrer Reichweite lag.
Sie wartete auf den Alten, falls er käme, um sie zu holen.
Es war seine Zeit.
Lili wusste es, sie versuchte, nicht mehr darauf zu achten. Sie sammelte die Gläser ein, die auf den Tischen standen.
»Wie geht’s deinem Bruder?«
»Ganz gut.«
»Man sieht ihn nicht oft in letzter Zeit.«
»… arbeitet.«
»Sag ihm Bescheid wegen Max’ Geburtstag, wenn er kommen will.«
Morgane drückte die Ratte an sich.
»Der kommt bestimmt!«, sagte sie und lehnte sich wieder an den Tresen.
»Hier
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