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Die Brandungswelle

Die Brandungswelle

Titel: Die Brandungswelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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treibt sich ein Typ rum.«
    »Typen, die sich rumtreiben, hat es hier immer gegeben«, antwortete Lili.
    »Er war am Hafen. Er hat mit mir gesprochen.«
    »Was wollte er von dir?«
    Morgane zuckte die Schultern. Sie gab der Ratte eine Erdnuss.
    »Keine Ahnung. Er hat aufs Meer gestarrt.«
    Mit dem Finger streichelte sie das kurze Fell zwischen den Augen.
    »Ich hab ihn gefragt, was er hier macht. Ich hab ihm von deinem Vater erzählt.«
    »Warum hast du von ihm erzählt?«
    »Er hat sein Haus angestarrt.«
    »Du hast gesagt, er hat aufs Meer gestarrt!«
    »Ja, aber irgendwann hat er sich umgedreht und sein Haus angestarrt. Er wollte wissen, ob der Leuchtturmwärter immer noch da wohnt.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Ich hab Ja gesagt.«
    Lili fing an, die Gläser zu polieren.
    »Wenn es ein Rumtreiber ist, sollst du nicht ganz allein in der Heide spazieren gehen.«
    »Das ist kein normaler Rumtreiber.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß nicht. Er sieht sich um.«
    »Sie sehen sich alle um, das ist wie eine Krankheit hier!«

    Lili wandte den Kopf ab. Sie wollte nicht mehr darüber sprechen.
    Morgane blieb hartnäckig.
    »Bei dem ist es anders … Die Sachen, die er ansieht, man könnte denken, er sieht sie nicht zum ersten Mal.«
    Die Alten hatten aufgehört zu spielen, sie hörten zu.
    »Man könnte denken, er ist ein bisschen von hier«, sagte Morgane noch.
    »Entweder ist man von hier oder nicht.«
    »… heißt Lambert.«
    Einen Moment starrte Lili reglos auf den Tresen.
    »Was weißt du schon … Vielleicht ist er wegen Prévert hier?«, brachte sie nach einer Weile hervor. »Man muss es Anselme sagen.«
    »MONSIEUR Anselme!«
    Wir drehten uns alle um, denn Monsieur Anselme war gerade hereingekommen.
    »Wenn man vom Teufel spricht …«, flüsterte Lili.

M onsieur Anselme bahnte sich einen Weg zwischen den Tischen zum Tresen. Mit seinem Ziertüchlein aus blauer Seide und der Fliege sah er aus wie ein Arzt auf Visite.
    »Was muss man Monsieur Anselme sagen?«, fragte er und ließ seinen Blick über Morganes üppigen Körper gleiten.
    »Da ist ein Tourist für Sie.«
    »Der Kerl mit dem Audi?«
    »Ja.«
    Er zog die Jacke aus, hängte sie sorgfältig über die Stuhllehne.
    »Er ist kein Tourist, er ist nicht wegen Prévert da.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Ein Gefühl … Er betrachtet das Meer.«
    Lili zuckte die Schultern.
    »Alle sehen das Meer an.«
    »Alle anderen vielleicht … Aber er ist nicht wie die anderen. Darf ich?«, fragte er und zeigte auf den freien Stuhl mir gegenüber.
    Ich nickte.
    Die Kirchenglocken begannen zu läuten. Max holte seine Uhr hervor und erklärte, dass es für ihn Zeit sei, sich um die Sau zu kümmern.

    Morgane leerte die Untertasse mit den Erdnüssen. Sie leckte das Salz ab und steckte den Schein, den Lili ihr gegeben hatte, in ihre Tasche. Als sie sich umdrehte, stieß sie gegen Max.
    »Was machst du denn noch hier, Tölpel?«
    Max antwortete nicht.
    Er starrte auf ihren Ausschnitt, auf das Rinnsal aus Schweiß, das zwischen ihre Brüste floss.
     
    Es war Zeit für Monsieur Anselmes Tee mit Milch. Lili wusste es. Sie holte eine Tasse aus dem Regal.
    »Es könnte der Sohn der Peracks sein«, sagte er, den Ellbogen auf die Armlehne gestützt.
    Sie antwortete nicht.
    »Und wer ist der Sohn der Peracks?«, fragte ich.
    »Ein Kind, das seine Eltern verloren hat und dem Meer dafür zürnt.«
    Er zog den Vorhang beiseite und deutete auf das Haus auf der anderen Straßenseite, auf das offene Gartentor.
    »Heute Morgen war er da, wahrscheinlich ist er es immer noch. Der Fensterladen ist offen … Aber vielleicht ist er es auch nicht.«
    Er berichtete, dass das Haus im Sommer immer vermietet sei, es sei zwar noch nicht Sommer, aber das müsse nichts bedeuten.
    Er beugte sich vor, um besser sehen zu können.
    »Seine Eltern sind ertrunken. Haben Sie gesehen, in welchem Zustand der Garten ist? Früher hat sich der Gärtner darum gekümmert, er hat auch das Haus geheizt. Aber er ist im letzten Jahr gestorben. Wenn sich niemand mehr um ein Haus kümmert, dann …«
    Er ließ den Vorhang los.
    Ich erzählte ihm, dass ich Lambert am Grab gesehen hatte,
und zeigte ihm den Ranunkelstrauß auf dem Tresen. Er wandte sich um und nickte.
    »Wenn Sie ihn am Grab gesehen haben, ist er es. Seine Eltern sind dort begraben. Ich frage mich, was er hier will. Seit Jahren hat man ihn nicht mehr gesehen. Vielleicht steht das Haus zum Verkauf … Die Pariser wiegen solche

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