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Die Brandungswelle

Die Brandungswelle

Titel: Die Brandungswelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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das Boot fertig reparieren. Er sagte, sobald das Boot repariert sei, würde er die große Beglückung des Meeres haben.
    »Ein Heringshai kann mehr als hundert Kilo wiegen!«, sagte er und kratzte die Schuppen vom Messer.
    »Und was machst du mit hundert Kilo Heringshai?«, fragte ich.
    »Ich verhandle hart auf der Auktion in Cherbourg, vom Geld kauf ich Benzin und komm zurück.«
    »Dann bist du also reich?«
    Er lachte.
    Seit wir über Schmetterlinge gesprochen hatten, fing er sie und sperrte sie in einen Käfig. Er wollte warten, bis der Käfig voll war, um die Schmetterlinge vor Morganes Gesicht freizulassen. Doch die Schmetterlinge starben nach ein paar Tagen.
    Eine Möwe tauchte vor uns auf und flog mit dem Heringskopf im Schnabel davon. Lambert folgte ihr mit den Augen.
    Dann drehte er sich um und blickte zu Théos Haus am Hügel.
    »Kommen Sie nachher mit?«
    Ich folgte seinem Blick.
    »Nein …«
    Er nickte.
    Max lächelte.

    »Den Garten in Ordnung bringen geht klar, macht er!«
    Das sagte er: Macht er.
    Lambert verabschiedete sich. Er nahm sein Auto und fuhr den Hügel hoch. Ich wusste nicht, ob er zu Théo wollte.
    Am Strand kreischte eine Silbermöwe.
    »Die kleinen kauf ich dir ab«, sagte ich. »Für Théos Katzen.«
    Max warf den noch zuckenden Fang in einen Plastikbeutel und knotete den Beutel zu. Ich zog einen Schein aus der Tasche, aber er wollte ihn nicht nehmen.
    »Das ist mit ihm abgemacht, auf Vertrauen«, sagte er.
    »Was willst du damit sagen?«
    Er wischte die Hände an seiner Hose ab, und die glänzenden Schuppen blieben am Stoff kleben.
    »Das ist abgemacht«, wiederholte er und zeigte auf Théos Haus.
    Dann nahm er seinen Eimer und ging los, um den Gastwirt zu fragen, ob er Fisch haben wollte.

I ch machte die Tür auf.
    »Ich habe Fisch mitgebracht …«
    Théo stand am Ende des Flures und leerte gerade die Schüsseln, die das Wasser unter den undichten Stellen im Dach auffingen. Es gab mehrere. Er musste sie oft leeren.
    »Man müsste die Ziegel auswechseln …«, erklärte er mir und zeigte dabei zum Dach.
    Er wirkte ruhig – die Augen, die Hände. Ich merkte sofort, dass Lambert nicht da gewesen war. Ich hatte befürchtet, ihn dort anzutreffen. Konnte er etwas anders tun als kommen? Die Vergangenheit verfolgte ihn. Er ahnte die Wahrheit und musste sie hören.
    Théo drehte sich zu mir um.
    »Was ist los? Stimmt was nicht?«
    »Doch, alles in Ordnung.«
    Als die gelbe Katze mich sah, kam sie aus der Küche, lief dicht an der Wand entlang und rieb sich an mir.
    »Diese da mag Sie sehr … Haben Sie gemerkt, sobald sie Sie hört, kommt sie raus.«
    Die Katze roch den Fisch im Beutel. Théo sah ihn.
    »Legen Sie ihn einfach in die Spüle.«
    Auf den Stufen weiter oben standen noch mehr Schüsseln.

    Ich ging in die Küche. Das weiße Kätzchen lag auf dem Tisch. Das war sein Platz, sein geschütztes Terrain. Die anderen Katzen wussten es. Unter ihnen herrschte kein Hass. Es war etwas anderes. Argwohn. Auch Eifersucht.
    Ich stellte den Beutel in die Spüle.
    Auf dem Tisch lag ein Briefumschlag, auf dem Théos Name und Adresse mit einem Füller geschrieben waren. Eine breite, geneigte Schrift. Blaue Tinte. Die Briefmarke war in Grenoble abgestempelt worden.
    Ich drehte das Kuvert um. Es stand kein Absender darauf.
    Auf dem Schreibtisch lagen noch andere Umschläge, alle mit derselben Schrift. Sie lagen in einer Pappschachtel. Es waren viele, vielleicht hundert.
    Ich hob die Klappe eines Umschlags an. Ohne den Brief herauszuholen, las ich die ersten Worte: Lieber Théo, heute Morgen hat es geschneit. Ich konnte rausgehen und bin …
    Die Fortsetzung war verdeckt. Ich steckte einen Finger in den Umschlag und las weiter: Danke für deinen langen Brief. Ich bin froh zu erfahren, dass es dir besser geht, und ich danke dir für dein Paket. Ich habe mit den Brüdern geteilt …
    Ich hob die Klappen anderer Umschläge an. Auf einem stand ein Name, Michel Lepage, gefolgt von einer Adresse: Kloster Grande Chartreuse in Saint-Pierre .
    Ich legte den Brief zurück.
    Draußen fing es an zu regnen.
    Théo kam in die Küche.
    »Ich habe die Fische in die Spüle gelegt«, sagte ich und ging vom Schreibtisch weg.
    Er sah, dass ich neben den Briefen stand. Sicher dachte er sich, dass ich sie angefasst hatte.
    Ich zeigte auf den Beutel.
    »Max hat sie geangelt … Wegen der Bezahlung hat er gesagt …«

    »Ich weiß, was er gesagt hat.«
    Er schätzte die Menge des Fisches, die in dem Beutel war,

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