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Die Brandungswelle

Die Brandungswelle

Titel: Die Brandungswelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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Hand und rieb damit ihre Fußsohlen. Sie sagte, das sei gut für die Haut.
    »Reibst du mir mit dem Sand auch den Rücken?«
    Sie beugte sich vor, den Kopf zwischen den Händen.
    »Und bei dir? Wie lange haben deine Beziehungen im Durchschnitt gedauert?«, fragte sie lachend.
    »Die letzte drei Jahre …«
    Sie überlegte.
    »Mit drei gibt es nicht viel.«
    »Die drei Schweinchen«, sagte ich.
    »Ja, die drei Schweinchen. Und die drei Frauen von Barbarossa.«
    »Hatte Barbarossa drei Frauen?«
    »Ich glaube … Ich weiß nicht mehr. Vielleicht hatte er sieben.«
    Sie lachte. Ich lachte mit. Dann überlegten wir weiter, aber mit »drei« fiel uns nichts mehr ein.
    Sie drehte den Kopf auf die andere Seite.
    »Und warum war es dann vorbei mit euch? Habt ihr euch nicht mehr geliebt?«
    Ich schaute aufs Meer.
    Doch, wir haben uns noch geliebt.
     
    Das Pferd stand in unserem Garten. Seine Wunde war offen, niemand konnte sagen, was passiert war. Manchmal greifen streunende Hunde Pferde an. Manchmal bleiben die Pferde auch mit den Hufen in Drahtzäunen hängen und fügen sich tiefe Wunden zu, wenn sie sich befreien wollen.
    Morgane ging mit ihm ins Meer. Sie führte das Pferd an der Mähne vom einen Ende des Strandes zum anderen, sodass die Wunde unter Wasser war.

    Ich wartete auf sie.
    »Dieser Typ … Der, mit dem du drei Jahre zusammen gewesen bist, hast du ihn verlassen oder er dich?«, fragte sie, als hätte sie während des ganzen Spaziergangs daran gedacht.
    »Er.«
    »Erzählst du mir davon?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Ich bückte mich, um mir die Wunde anzusehen. Das Salz hatte die Ränder und das Innere der Wunde angefressen.
    »Glaubst du, du kannst mit ihm schwimmen, wenn sein Bein wieder heil ist?«, fragte ich, um nicht auf ihre Frage antworten zu müssen.
    Sie streichelte den Schenkel mit der flachen Hand, den breiten Muskel eines jungen Tieres, das lange gelaufen war.
    »Weiß nicht …«
    Sie wandte sich von ihm ab und blickte aufs Meer hinaus.
    »Wenn es ihm besser geht, bin ich vielleicht nicht mehr da.«
    »Nicht mehr da? Warum, willst du weg?«
    »Vielleicht …«
    »Und wohin? Mit wem? Und was willst du machen?«
    Sie sah mich an.
    »Früher oder später muss ich doch gehen …«
    »Und Raphaël, wird er dich begleiten?«
    Sie senkte den Blick.
     
    In der folgenden Nacht blieb das Pferd auf der Wiese vor dem Haus. Die Wiese hat keinen Zaun. Es hätte weglaufen können, wenn es gewollt hätte.
    Aber es blieb.
    Als es regnete, stellte es sich am Bootsschuppen unter. Morgane fütterte es mit Mehl und Heu.

    Sie umwickelte die Wunde mit Binden, die sie aus alten Laken schnitt.
    Sie sagte, wenn die Wunde verheilt sei, werde es fortgehen, deshalb wolle sie ihm keinen Namen geben.

D utzende Wildgänse hatten sich am späten Vormittag auf den felsigen Landspitzen niedergelassen. Es waren wunderbare Gänse mit aschgrauem Gefieder.
    Ich zeichnete sie. Sie wussten, dass ich sie beobachtete.
    Ich zeichnete auch Seeschwalben und ein Paar Mauersegler.
    Lambert war mir gefolgt. Ich sah ihn von weitem kommen. Er zögerte, zeigte auf den Stein neben meinem und fragte, ob es mich stören würde, wenn er sich dort hinsetze, weil er auch Lust habe, die Gänse zu beobachten. Ich sagte, dass es mich nicht störe.
    Er nahm neben mir Platz, schaute die Gänse an und wollte dann meine Zeichnungen sehen.
    »Gehören sie zu den Tabellen?«
    »Nein.«
    Ich erzählte ihm von den Abbildungen für das geplante Buch.
    »Ich male die Zeichnungen mit Aquarellfarben aus. Dann zeige ich sie Théo, und wenn sie gut sind, schicke ich sie nach Caen. Jemand anderes kümmert sich um die Texte, wieder andere um die Karten. Théo sagt, die fertigen Tafeln seien von guter Qualität. Das müsste ein schönes Buch ergeben.«
    Er nickte.

    »Théo weiß alles.«
    »Théo weiß sehr viel über Vögel.«
    Er lächelte kurz, dann nahm er mein Heft und blätterte darin. Bei manchen Zeichnungen hielt er inne. Das Papier war grobkörnig, er strich mit dem Daumen darüber.
    »Eine Zeichnung ist weder gut noch schlecht … Das hat mir mal eine Lehrerin erklärt.«
    »Solche Zeichnungen schon. Die Farbe der Federn, die Form des Schnabels … Es gibt ganz feine Nuancen, die man beachten muss. Manchmal lasse ich mich zu sehr vom Spaß am Zeichnen ablenken.«
    »Zum Glück gibt es Théo«, sagte er sehr ironisch, und ich merkte, dass ich rot wurde. Unnötig. Der Angriff galt nicht mir.
    »Wie viele Zeichnungen müssen Sie für Ihre Enzyklopädie

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