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Die Brandungswelle

Die Brandungswelle

Titel: Die Brandungswelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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Leuchtturm, Geschichten von jungen Burschen … Ich könnte Ihnen einiges erzählen. Von zwei Freunden zum Beispiel, die während eines langen Sturms umgekommen sind, verhungert. Sie hatten sogar ihre Schuhsohlen gekocht, um bis zur Ablösung zu überleben, die nie gekommen ist.«
    Das weiße Kätzchen rieb sich an ihm. Mit einem Satz sprang es auf seine Knie.
    »Gleich nach dem Krieg gab es einen Jungen, der in Verdun Gas abbekommen hatte und nur noch ein Stück seiner Lunge besaß. Die vielen Treppenstufen, die er im Leuchtturm steigen musste, haben ihm den Rest gegeben.«
    An diesem Abend erzählte Théo zum ersten Mal vom Leuchtturm, von diesem ganz persönlichen, ungeahnten Leben. Er berichtete von Frauen, die sich mit dem Versorgungsboot hatten hinbringen lassen und die von den Fischern am nächsten Morgen wieder mit zurückgenommen worden waren.
    Er lächelte.
    Es war schon spät in der Nacht, aber er hörte nicht auf zu erzählen.
    War Nan im Boot zu ihm gefahren? Hatten sie mitten im Meer, fern der Menschen, ihre Liebe gelebt?

    Er sagte, dass es dort eine Katze gegeben hatte. Dass immer Katzen in den Leuchttürmen gewesen waren. Er erinnerte sich sehr gut an das erste Weibchen, das in seinem Bett fünf Junge zur Welt gebracht hatte, die aussahen wie Ratten.
    Am Ende, als er mich zur Tür begleitete, erklärte er: »Ihr Lambert braucht einen Schuldigen, deshalb lässt er nicht locker. Das Beste für ihn wäre, wenn er von hier wegginge.«

E s war spät, als ich zur Griffue zurückkam.
    Ich war müde.
    Ich hatte auf dem Rückweg gefroren, obwohl ich schnell gelaufen war. Eine Weile saß ich auf dem Boden, den Rücken an die Heizung gelehnt. Die Knie angezogen, die Arme um die Beine geschlungen. Ich spürte die Wärme durch die Maschen meines Pullovers.
    Ich machte die Augen zu.
    Einmal hast du zu mir gesagt, dass ich dich werde vergessen müssen … Und du hast mich mit deiner Stimme geliebt. Nein, du hast mich erst mit deiner Stimme geliebt, und danach hast du gesagt, dass ich dich werde vergessen müssen und dass ich jetzt damit beginnen müsse, wo du noch am Leben bist, weil es danach einfacher sein würde.
    Und plötzlich trennte uns eine Mauer. Ich war draußen.
    Du warst drinnen. Ich brüllte vor Schmerz. In dieser Nacht biss ich mir in meinem Zimmer die Hand blutig, ich wollte den Schrei ersticken. Noch eine Nacht. Eine Nacht ohne dich.
    Ich schlief zusammengerollt an der Heizung ein, die Hände auf dem Bauch. Ich wachte früh auf.
    Es regnete.
    Ich arbeitete an meinen Zeichnungen von Fledermäusen und
Samtenten und auch am Aquarell der großen Eule, zehnmal fing ich von vorn an.
    Ich arbeitete wie eine Besessene. Ich trank literweise Kaffee. Mittags klopfte Morgane an meine Tür, aber ich antwortete nicht. Ich wollte niemanden sehen. Das brüllte ich. Sie protestierte nicht.
    Sie ging wieder nach unten.
    Später hörte ich, wie sie mit Raphaël über mich sprach.

A m Abend ging ich raus. Ich lief zu Lili. Es regnete nicht mehr, aber es war zu spät, um zur Steilküste zu gehen. Mir war immer noch kalt. Ich musste unter Leute. Stimmen hören.
    Lambert war da, am selben Tisch wie Monsieur Anselme. Morgane auch. Als sie mich sah, wandte sie den Kopf ab. Am Tresen standen ein paar Fischer.
    Ich zog die Jacke aus und setzte mich an ihren Tisch.
    Monsieur Anselme fragte Lambert gerade, ob er annehmen könne. Das kannte ich. Es war eine absurde Tirade aus den »Aventures de Tabouret« von Prévert.
    Ich hängte meine Jacke über die Lehne. Monsieur Anselme nahm meine Hand und küsste die Fingerspitzen. Er sah mich mit sorgenvoller Miene an. Dabei hatte ich mich geschminkt, mit sandfarbenem Puder und Glanz auf den Lippen.
    Er wandte sich wieder Lambert zu.
    »Na, und? Sie haben mir immer noch nicht geantwortet, können Sie annehmen?«
    »Ja, nein … Keine Ahnung.«
    Ich riss ein Streichholz an. Ich hielt es so lange wie möglich zwischen den Fingern, bis die Flamme meine Haut berührte.
    »Sagen Sie ihm, dass Sie annehmen können, dann macht er ganz allein weiter.«

    Lambert sah ratlos aus.
    »Ich kann annehmen, ja …«
    Mehr wollte Monsieur Anselme nicht. Er rieb sich glücklich die Hände.
    Ihre Stimmen erreichten mich wie aus der Ferne.
    Ich hörte ihnen zu und brannte weiter Streichhölzer ab.
    »Nun gut, dann nehmen Sie an, ich bin auf der Straße und nicht hier, folgen Sie meinen Gedanken. Sie folgen mir doch?«
    »Ich folge Ihnen.«
    »Ich bin also auf der Straße, sitze auf einer Bank, eine

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