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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lokal.
    *
    Nach einer schönen Fahrt, die in stiller Betrachtung der Landschaft verlief, fuhren sie in Heidelberg ein.
    Harry Bob Shirer sah auf seine riesige, goldene Armbanduhr. Gleich zwölf Uhr mittags. Stadtrat Eduard Koeberle zog ebenfalls seine goldene Uhr aus der Weste und verglich die Uhrzeit.
    »Wenn ich vorschlagen dürfte: Wir fahren zuerst zu dem berühmten Schloß, essen dort zu Mittag und –«
    »Nix!« Shirer klopfte auf seinen Schenkel. »Sofort hin.« Er holte den Brief aus der Tasche und las die Adresse. »Fortbachstraße 11. Nix essen … hin!«
    Der Fahrer hielt an der Neckarbrücke und fragte nach der Fortbachstraße. Ein Polizist erklärte den Weg. Er grüßte zackig, als er den Stadtstander an dem schwarzen Wagen sah und im Inneren einen riesigen Neger und einen Herrn im Bonner Anzug. Stadtrat Koeberle nickte dem Polizisten wohlwollend zu. Das macht einen guten Eindruck, dachte er. Das wird auch dem Herrn aus Amerika gefallen. Zackige deutsche Beamte. Darauf sind wir Deutsche stolz. Frankreich hat seine Poesie, England den Ruhm des Welthandels, Amerika die Atombombe, Italien Gesang und Malerei … wir Deutsche haben unsere Beamten. Die macht uns keiner nach.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte Eduard Koeberle, als der Wagen wieder anfuhr. »Noch ein paar Straßenzüge.«
    Harry Bob Shirer nickte. Er wurde plötzlich unruhig, was Koeberle mit Verblüffung wahrnahm. Er drückte die Nase an die Fensterscheibe und kratzte mit seinen riesigen Fingern über die Polster. Als das Straßenschild an einer Hausecke aufleuchtete, stieß Shirer fast einen Schrei aus.
    »Fortbach-Street!« brüllte er. »Wir sind da!«
    »Noch ein paar Häuser. Nummer 11, sagten Sie?«
    »Yes! Elf.«
    Stadtrat Koeberle zeigte mit spitzem Zeigefinger auf ein Haus. Der Wagen hielt.
    »Nummer 11. Wir sind am Ziel.«
    Harry Bob Shirer war es, als habe man ihn durch Feuer gezogen und schleife ihn jetzt durch eine Wanne mit Eiswasser. Fünfzig Championkämpfe sind nichts dagegen, dachte er. Gott steh mir bei. Ich werde gleich eine Tochter haben … Harriet-Rose … O Lord …
    Der Chauffeur riß die Wagentür auf. Mit einem mächtigen Satz sprang Shirer auf die Straße und rannte auf die Haustür zu. Viertes Stockwerk las er an der Schelle. M. Koeberle-Achenberg.
    »Baby!« schrie er durch das Treppenhaus. Hinter ihm krachte die Tür an die Wand und die Klinke schlug ein Loch in den Putz. »Baby! I am come! Daddy is come! My darling!«
    Stadtrat Koeberle blieb zurück und suchte die Klingelschilder ab. Es war wie ein Schlag auf seinen Hinterkopf, als er M. Koeberle-Achenberg las. Mit beiden Händen stützte er sich gegen die Türfüllung und legte den Kopf auf den linken Unterarm. Ihm wurde schlecht, und Schwindel ließ alles um ihn herum sich drehen.
    Marianne … Harriet-Rose …
    »Uo bleiben Sie, Stadtrat?« schrie Shirer die Treppe hinunter. Schwankend betrat Koeberle das Haus.

6.
    Oben an der Wohnungstür verließ Shirer der explosive Mut. Da auf sein Brüllen nur auf der zweiten Etage eine Frau erschrocken die Treppe heruntersah und beim Anstürmen des riesigen Negers fluchtartig wieder in ihrer Wohnung verschwand, aber sich weder die Tür zur Wohnung Koeberle öffnete noch ein dunkles Kind ihm in die Arme flog, stand er abwartend vor der Wohnungstür und winkte mit beiden Armen zu Koeberle, der schnaufend und pustend hinter ihm herstieg.
    »Klingeln Sie, Stadtrat!« sagte Shirer.
    »Ich? Aber – – –« Stadtrat Koeberle seufzte. Wenn Politik sich mit dem Privatleben verbindet, geht es immer schief, dachte er. Das war schon bei Cäsar so und seiner Kleopatra.
    »Los! Klingeln Sie!« sagte Shirer ungeduldig.
    Eduard Koeberle legte den Zeigefinger auf den Klingelknopf. Innen in der Wohnung schepperte eine Glocke, eine Tür klappte, ein Schritt kam eilig auf die Tür zu. Dann wurde eine Sicherheitskette weggezogen, ein Schlüssel drehte sich im Schloß. Shirer schnaufte laut. Er klopfte mit dem Knöchel gegen die Tür und trat von einem Bein aufs andere.
    »Ja, doch … So eilig ist's doch nicht, Bert«, sagte eine Stimme.
    Mariannes Stimme. Sie erwartete einen gewissen Bert. Das war kompliziert. Über Koeberles bleiches Gesicht lief klebriger, kalter Schweiß. Ihm war es wie die letzten Sekunden vor einer Hinrichtung. Man sieht in die Läufe der Gewehre und weiß, daß gleich aus ihnen das Ende hervorschießen wird.
    Die Tür sprang auf. Marianne stand Eduard Koeberle gegenüber. Sie starrten sich groß an, als sei es

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