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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wollt also nach Amerika?«
    »Ja. Du auch.«
    »Nein.«
    »In Amerika wird uns keiner dumm ansehen. In Amerika wird mich keiner wegstoßen, weil ich braun bin.« Harriet umklammerte Berts Hand. »Dort bin ich soviel wert wie ein weißes Mädchen.«
    Bert Schumacher vermied es, Harriet jetzt eines Besseren zu belehren. Als Marianne ihn fragend ansah, zwinkerte er ihr beruhigend zu. Es sollte soviel heißen wie: Warte es nur ab … ich werde Harriet schon dazu bekommen, den Plan mit Amerika aufzugeben. Jetzt lebt sie noch in dieser Phantasie, und weil sie glücklich ist, baut sie sich Luftschlösser. In ein paar Tagen wird alles anders aussehen.
    Die Fröhlichkeit aber, mit der Harriet diesen Abend feiern wollte, war zerstört. Man aß still und fast wortlos, dann wusch Harriet das Geschirr ab und Bert half ihr beim Abtrocknen. Marianne saß auf der Terrasse und sah hinunter zum Neckar. Es war eine feuchtwarme Nacht, die sich schwer auf das Herz legte und das Atmen mühsam werden ließ.
    Wie soll das alles werden, dachte sie immer wieder. Auch wenn Bert Schumacher wirklich Harriet heiratet – und er wird es tun, ich weiß es – so wird er zeit seines Lebens gegen die Engstirnigkeit seiner Umwelt anrennen müssen und einmal an ihr zerbrechen. Die Kreise um Schumachers waren Marianne Koeberle sehr bekannt. Es waren traditionsbewußte, steife und unnahbare Kaufmannsfamilien, wie man sie sonst nur in den alten Küstenstädten kennt. Der Einbruch eines Mischlings in diese Tradition war so ungeheuerlich, daß er unverzeihlich war. Man mußte Harriet dulden, weil sie nun eine Schumacher war … aber man würde es sie immer und überall merken lassen, daß sie nicht dazugehörte. Man würde sie nicht einladen und man würde sie bei offiziellen Veranstaltungen einfach übersehen. Man würde ihr Leben einfach nicht wahrnehmen. Was dieser Ausschluß bedeutete, konnte Harriet in ihrer Jugendlichkeit noch nicht ermessen. Marianne sah diese Tragödie auf sich zukommen, aber sie hatte keine Kraft mehr, sie abzuwenden. Es gab auch keinen Weg mehr … die Liebe Berts und Harriets war nicht mehr durch Argumente aufzulösen.
    Marianne zuckte zusammen, als sich eine weiche braune Hand auf ihre Schulter legte.
    »Mutti –«
    Marianne nickte schweigend.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Warum nicht?«
    Harriet setzte sich, zog die Beine an und schlang die Arme um die Knie. Sie stützte das Kinn auf die Knie und sah wie Marianne hinüber zu dem leise rauschenden Neckar.
    »Bist du böse, Mutti?«
    »Böse? Warum?«
    »Wegen Bert.«
    »Eigentlich sollte ich es. Aber du bist zu selbständig, Harriet, als daß ich dir etwas verbieten könnte. Obwohl du noch so jung bist … du wirst nie auf einen anderen Rat hören als auf den, den du dir selbst gibst. Das könnte mich traurig machen … nicht böse.«
    »Ich bin doch so glücklich, Mutti«, sagte Harriet leise. Es klang so ehrlich und so aus vollem Herzen, daß Marianne die Schultern nach vorn nahm, als jage ein Kälteschauer über ihren Rücken.
    »Ich habe Angst, Harriet-Rose«, sagte Marianne langsam.
    »Ich nicht mehr, Mutti. Ich habe jetzt soviel Mut.«
    »Sie werden dir keine Ruhe lassen.«
    »Ich werde die Augen zumachen und die Ohren zuhalten und sie weder sehen noch hören.«
    »Es gibt andere Mittel, Rose.«
    »Nicht in Amerika. Darum will ich fort von hier. Wir alle ziehen hinüber nach Alabama. Papa wird uns helfen. Ich weiß, daß du ihn nicht liebst, daß du ihn vielleicht tief im Innern haßt, weil ich auf der Welt bin und er dein Leben völlig verändert hat – aber er ist doch mein Vater und er wird alles für uns tun.«
    »Er wird alles für dich tun. Er wird dir Geld geben, er wird dich beschützen, er wird dir … wird dir … dir … Immer nur du. Und was wird aus Bert?«
    Harriet sah ihre Mutter aus großen, dunklen, glänzenden Augen an. »Er will doch Medizin –«
    »Ja. Natürlich!« Marianne unterbrach sie mit lauter Stimme. »Bert wird seinen Dr. med. machen. Aber es wird ein Studium werden, das sein Vater ihm nur erlaubt, weil er an seinem Sohn mit einer wahren Affenliebe hängt. Ich kenne Arnold Schumacher zu gut, um das sagen zu können. In Wahrheit wird Bert einmal die Schumacherwerke übernehmen müssen. Er ist der einzige Sohn. Sollen die Möbelwerke eingehen? Soll die Aufbauarbeit von Generationen vernichtet werden? Das wird nicht sein, und ich kenne auch Bert zu gut, um zu wissen, daß er an den Werken hängt, auch wenn er jetzt Anatomie und Innere

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