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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Medizin studiert. Die Schumacherwerke aber sind nicht von Alabama aus zu leiten … das ist dir doch wohl klar. Es nützt dir nichts, diese Flucht nach vorn in ein angeblich freies und tolerantes Land … du wirst hier in diesem Deutschland bleiben müssen, hier in Heidelberg, umgeben von den hochnäsigen Familien, die sich als Nabel der Welt dünken … mit ihnen wirst du leben müssen … und es wird ein Vegetieren sein.«
    Harriet hatte mit großen Augen zugehört. Sie legte die Wange auf die Knie und starrte über den Fluß.
    »Ich bin egoistisch, nicht wahr?« sagte sie nach einer Weile. »So etwas nennt man doch egoistisch?«
    »Ja.«
    »Aber die anderen, die mich hassen, sind nicht egoistisch?«
    »Doch, sie auch.«
    »Aber warum gibt man ihnen recht, und mir nicht? Dürfen nur die Weißen Egoisten sein?«
    »Was du redest, ist Dummheit, Rose«, sagte Marianne grob. »Jeder Egoismus ist dumm und verwerflich. Du denkst an dein Glück, und dieses Glück heißt Bert.«
    »… und Bert hat sein Glück, und das heißt Harriet!« schrie sie und sprang auf. Mit geballten Fäusten stand sie vor Marianne, ein schmaler, sehniger, dunkler Körper, sich scharf abzeichnend gegen den fahlen Nachthimmel und den murmelnden Fluß. »Ich will ihm das ganze Glück der Welt geben.«
    *
    Das Leben normalisierte sich.
    Bert wohnte wieder im Haus in den Neckarauen, fuhr morgens mit seinem Wagen in die Stadt und besuchte seine Vorlesungen, aß mittags in der Mensa und kam erst am Abend wieder zurück. Harriet führte weiter Kleider vor und half in der Schneiderei des Modeateliers, entwarf auch selbst neue Modelle, die vereinzelt angefertigt wurden und stets den größten Beifall hatten, weil sie von einer faszinierenden Exotik waren, umgeben von einem Zauber tropischer Farbenpracht.
    Marianne Koeberle hatte bei den Rechtsanwälten gekündigt. Sie hatte genug zu tun mit der Pflege des Hauses, dem Garten, dem Kochen und Putzen, dem Einkochen von Obst und Gemüse und dem Flicken der Wäsche. Sie ging in dieser Hausarbeit auf und wunderte sich, daß sie einmal gesagt hatte: Hausarbeit? Nein, das ist nichts für mich. Ich bin ein Büromensch.
    Eines Tages klingelte es wieder. Mit Schwung öffnete sie die Tür. Draußen stand ein kleiner, freundlicher Mann. Er zog den Hut und grinste breit. Sein Kopf war kahl und rund, seine Haut fast schwarz. Ein Neger, wie er dunkler kaum sein konnte. Nur war sein Gesicht nicht ausgesprochen negroid, es hatte nur die Andeutung einer platten Nase, nur ganz wenig aufgeworfene Lippen und normale, nicht rollende Augen. Unter den Arm hatte er eine Aktentasche aus hellem Schweinsleder geklemmt.
    »Mrs. Koeberle?« fragte der Besucher. Er sprach ein gutes, aber merkwürdiges Deutsch, er verdrehte die Worte innerhalb des Satzes, obwohl er sie richtig aussprach. »Persönlich Sie es sind? Glücklich ich bin, wenn Mrs. Koeberle Sie werden sein.«
    »Ja, ich bin Frau Koeberle.« Marianne stand mitten in der Tür, sie mit ihrem Leib versperrend. Der kleine, höfliche Neger verneigte sich wieder und sah durch Mariannes Arme hindurch in das Haus. Es war offensichtlich, daß er einzutreten wünschte.
    »Und Miß Harriet?« fragte er. »Da auch?«
    »Was wollen Sie von meiner Tochter? Wer sind Sie überhaupt?«
    »Oh, welch Malheur! Vergessen ich habe vorzustellen mich. Mrs. bitte um Verzeihung. Ich bin Dr. Jesus Abraham Whitefield. Ich weiß, dummer Name dies. Ein Neger, der Whitefield heißt. Und Jesus und Abraham dazu. Vater mein war bestimmt fröhlicher Mensch.«
    »Was wünschen Sie, Dr. Whitefield?« fragte Marianne und gab den Eingang nicht frei. »Woher kommen Sie?«
    »Aus Birmingham, aus Alabama. Rechtsanwalt ich bin. Von Mr. Harry Bob Shirer.«
    »Von Bob?« Marianne trat zurück. Der kleine farbige Doktor rollte in das Haus, warf seinen Hut auf einen der Garderobehaken und setzte sich ungeniert in einen Sessel im Wohnzimmer. Er legte seine helle Aktentasche auf den Tisch und sah Marianne breit grinsend an. »Yes! That's very nice«, sagte er und sah sich um. »Haus schön ist. Für amerikanische Begriffe klein etwas, aber es genügt.«
    »Was führt Sie zu mir? Leben Sie hier in Deutschland?«
    »O no, Mrs. Koeberle. Geflogen bin ich, direkt von Birmingham herüber nach Old Europe.« Dr. Jesus Abraham Whitefield riß sich den Schlipsknoten herunter und öffnete sein blütenweißes Nylonhemd. Eine schwitzige, schwarze Brust, glatt wie poliertes Ebenholz, kam zum Vorschein. Marianne setzte sich ihm gegenüber,

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