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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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winkende Gestalt mitten auf der Fahrbahn sah. Kurz vor Marianne blieb der Bus stehen, mit zitterndem Kühler und jammernden Achsen.
    »Was soll das?« schrie der Fahrer. »Wohl besoffen, was?«
    »Harriet!« rief Marianne und rannte den Bus entlang. »Harriet! Steig aus! Komm, mein Liebling! Harriet!«
    Die Tür öffnete sich. Harriet sprang auf die Straße. Der Bus schnaufte laut, krachte ein paarmal und fuhr dann weiter. Im Rückfenster drückten sich einige Fahrgäste die Nasen an der Scheibe platt. Sie erwarteten eine Sensation, aber sie sahen nur eine Frau, die das Negermädchen an sich zog, den Arm um dessen Schulter legte und den Weg zurückging, den der Bus vorausfuhr.
    Harriet stand auf der Straße und sah ihre Mutter aus flimmernden Augen an. Sie fragte nicht, warum Marianne den Bus angehalten hatte, sie schien sich über diese nicht alltägliche Tat nicht einmal zu wundern.
    »Guten Abend, Mutti«, sagte sie. Ihre Stimme klang belegt, als hätte sie tagsüber viel rufen müssen.
    »Guten Abend, Liebling.« Marianne legte den Arm um Harriets Schulter. »Wollen wir etwas Spazierengehen?«
    »Jetzt?«
    »Ja.«
    »Wohin denn?«
    »Irgendwohin. Es ist ein so schöner Abend. Noch sind die Blätter nicht gefallen, sie sehen so schön bunt aus und überall –«
    Harriet blieb stehen. »Mutti«, unterbrach sie Marianne, »warum lügst du?«
    »Ich lüge?« sagte Marianne. Es wurde ihr eiskalt ums Herz.
    »Wo ist Bert?«
    »Bert?«
    »Du hast ihn weggeschickt, nicht wahr?«
    »Was weißt du von Bert?« schrie Marianne. Sie faßte die weitergehende Harriet an der Schulter und riß sie herum. »Was weißt du?«
    »Daß er da ist.«
    »Woher?«
    »Er hat mich vorher angerufen.« Sie entwand sich dem harten Griff Mariannes und lächelte sie versonnen an. »Gehen wir jetzt, Mutti?«
    »Du haßt ihn doch, nicht wahr? Du hast es selbst oft genug gesagt: Ich hasse ihn! Ich hasse ihn!« Sie hielt Harriet wieder fest, wie eine Ertrinkende, die sich hilfesuchend anklammert. »Sag, daß du ihn haßt. Daß du ihn wegschickst.«
    »Er wartet also noch?« Ein Leuchten flog aus Harriets Augen und überzog das ganze Gesicht. »Er wartet noch? O Mutti! Mutti!«
    Es war ein Jubelschrei. Sie riß sich los und rannte mit trommelnden Füßen davon. Wie eine Gazelle flog sie dahin, mit wehender schwarzer Mähne.
    »Bert!« rief sie, als sie von der Straße aus das weiße Haus sehen konnte. »Bert – Bert –« Sie warf beide Arme hoch und winkte und lief und lachte und weinte, alles in einem Atem. »Bert! Bert!«
    Langsam ging Marianne die Straße hinunter. Wenn sie Harriet auch verstand, sie wollte es nicht verstehen. Sie kam sich geschlagen vor, niedergeprügelt von der Inkonsequenz, die zur Seele jeder Frau gehört. Daß sie das erkannte, machte sie noch wütender auf ihr eigenes Geschlecht.
    Nach einer Biegung der Straße sah sie das weiße Haus in den Neckarauen stehen.
    Über den schmalen Weg zur Straße liefen sich Harriet und Bert Schumacher mit ausgestreckten Armen entgegen.

11.
    Marianne Koeberle wanderte ziellos durch die Wiesen und an den Weinbergen vorbei, setzte sich auf eine staubige, alte Steinbank und blickte über den Neckar. Erst als es dämmerte, stand sie auf und ging zurück zu ihrem Haus.
    Die Fenster waren hell erleuchtet, und die Haustür stand offen. Im großen Wohnzimmer war ein Tisch gedeckt, wie eine Festtafel. Blumenverzierungen umrankten die Kanten, Leuchter brannten, das flackernde Kerzenlicht brach sich in den geschliffenen Kristallgläsern. In der Küche hörte sie Harriet-Rose wirtschaften, mit Tellern und Töpfen klappern und leise vor sich hinsingen. Bert kam aus dem Keller, im Arm einige Flaschen Wein und zwei Flaschen Sekt. Er setzte sie sofort ab, als er Marianne sah, und kam auf sie zu.
    »Wir sind glücklich«, sagte er mit leiser, etwas schwankender Stimme. Weiter nichts. Marianne sah ihn groß an, dann nickte sie stumm und ging ins Schlafzimmer. Als sie zurückkam, standen Harriet und Bert am Tisch, Hand in Hand.
    »Du sagst gar nichts, Mutti?« Harriets Gesicht zuckte, als sich Marianne stumm setzte und die Hände über den Blumengirlanden faltete.
    »Was soll ich sagen, Kind?«
    »Daß du dich freust.«
    »Ich freue mich.«
    »Wir werden jetzt für immer zusammenbleiben. Bert wird sogar mit nach Alabama gehen. Er will sein Medizinstudium in Amerika fertigmachen und sich dort als Arzt niederlassen. Papa hat ja versprochen, alles zu bezahlen.«
    »Ja, das hat er«, sagte Marianne dumpf. »Ihr

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