Die Braut aus den Highlands
erschien.
âIch hoffe, Evelinde ist wohlauf?â, erkundigte sich Edda, nachdem das Mädchen wieder verschwunden war.
Merry rief sich Evelindes Rat ins Gedächtnis, genau zu beobachten, wie Edda sich verhielt, wenn sie erfuhr, wie glücklich ihre Stieftochter war. Sie setzte eine strahlende Miene auf, hinter der sie jedoch wachsam blieb. âOh, und wie!â, sprudelte es aus ihr heraus. âSie ist selig! Jeder, der sie und Cullen sieht, erkennt sofort, dass die beiden sich über alles lieben. Er ist vollkommen vernarrt in seine Frau, und Evelinde ist vernarrt in ihn. Es hat mich regelrecht eifersüchtig gemacht.â
âDas ist gut zu hörenâ, entgegnete Edda, und ihre Worte schienen ebenso aufrichtig wie ihre Sorge, als sie fortfuhr: âIch fürchte, ich habe zu sehr um das Mädchen gebangt. Wir standen uns nie nahe, aber dennoch ist sie die Tochter meines verstorbenen Gemahls, und die Frage, wie sie mit dem Teufel von Donnachaidh zurechtkommt, hat mir doch zugesetzt. Den Gerüchten zufolge soll er ja ein kalter, herzloser Bastard sein.â Sie schwieg kurz und schüttelte den Kopf. âAber womöglich bedeuten diese Beinamen in Schottland nicht viel. Solche Geschichten treiben immer absurdere Blüten, bis sie letztendlich kaum noch Wahrheit enthalten. SchlieÃlich nennt man Euch ja auch den Stewart-Drachen, und einen Titel, der weniger zu Euch passt, kann man sich kaum denken, nicht wahr?â Sie lachte.
Merry lächelte und wandte sich ihrem Mahl zu. Nun war sie endgültig verwirrt. Edda schien ehrlich froh und erleichtert darüber zu sein, dass es Evelinde gut ging. Entweder konnte sie sich besser verstellen, als Evelinde angenommen hatte, oder aber sie hatte tatsächlich einen Sinneswandel durchlaufen. Merry fühlte sich schuldig, weil die anderen es geschafft hatten, Argwohn gegen diese Frau in ihr zu wecken. Sie selbst war fälschlich verdächtigt worden und wusste daher, wie schmerzvoll das war. Beklommen dachte sie an ihr Versprechen, Edda zu ihrer Schwester zu schicken. Sie war nach wie vor entschlossen, den Plan auszuführen, doch die Aussicht betrübte sie. Daher fiel es ihr schwer, auf Eddas Geplauder einzugehen, mit dem diese sie während des Essens unterhielt. Glücklicherweise konnte Merry ihr Schweigen mit ihrem vollen Mund begründen, aber dennoch war sie froh, als sie fertig war und die Flucht ergreifen konnte unter dem Vorwand, sich vergewissern zu wollen, ob in ihrer Abwesenheit alles reibungslos verlaufen sei.
Scham und Unbehagen sorgten dafür, dass Merry Edda für den Rest des Tages aus dem Wege ging, und so sprachen sie erst wieder beim Nachtmahl miteinander. Als ihre Schwiegermutter sie sah, war sie ebenso heiter und freudig wie am Morgen, doch da sie Alex neben sich wusste und dieser Edda ebenso verdächtigte, wie seine Schwester es tat, fühlte sich Merry auch während des Essens äuÃerst unwohl.
Hinterher schlug Edda vor, sich am Kamin gemeinsam ihren Näharbeiten zu widmen. Merry zwang sich zu lächeln und versprach, gleich nachzukommen. Als Edda gegangen war, wandte sie sich Alex zu.
âDer Umgang mit Edda fällt Euch schwerâ, stellte er mitfühlend fest, sobald seine Stiefmutter auÃer Hörweite war.
Seine treffsichere Erkenntnis überraschte sie, doch sie nickte nur schweigend. Er beugte sich vor und küsste sie flüchtig auf die Lippen, und sie brachte ein aufrichtiges, wenn auch schwaches Lächeln zu Stande. Alex betrachtete sie versonnen. âVielleicht wäre es wirklich das Beste, sie zu ihrer Schwester zu schicken, wie Ihr vorgeschlagen habt.â
âEvelinde hat es vorgeschlagenâ, wandte Merry rasch ein. Sie fühlte sich schon verräterisch genug, ohne sich die gesamte Verantwortung für Eddas Verbannung aufzubürden. So ganz konnte sie sich davon allerdings nicht freisprechen. âDoch ja, womöglich ist es das Beste.â
âDann werde ich sie also nach dem Namen ihrer Schwester fragen und ihr anraten, sie zu besuchenâ, sagte er.
âEure Schwester hat mir den Namen genanntâ, murmelte Merry, stockte aber, weil das Knarren des Portals zur groÃen Halle Alex abgelenkt hatte. Er schaute sich um und verzog verärgert den Mund. Sie folgte seinem Blick, und als sie Godfrey eintreten sah, hob sie leicht die Brauen. Der Knabe hatte das Nachtmahl versäumt, und sie war davon ausgegangen, dass er irgendetwas
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