Die Braut aus den Highlands
erhob sich. âMeine Finger sind wund und steif von der Handarbeit, und wenn ich selbst gehe, kann ich mir dabei auch gleich die Beine ein wenig vertreten. Macht nur weiter, ich bin sofort wieder da.â
Merry blickte ihr nach, starrte dann auf die Bruche in ihrem Schoà und verzog missmutig das Gesicht. Sie war nicht in der Stimmung für diese Tätigkeit, aber es musste nun einmal getan werden. Also machte sie sich an die Arbeit, und während sie nähte, hing sie ihren Gedanken nach. Als die Küchentür aufschwang, blickte sie erwartungsvoll auf und sah Edda zurückkommen.
âIch habe entschieden, dass ich heute Abend zu müde zum Nähen bin, Merryâ, erklärte sie, als sie neben ihrem Stuhl stehen blieb. âIch denke, ich werde mich zu Bett begeben und die Arbeit auf morgen Abend verschieben.â
âOh, natürlichâ, murmelte Merry und lächelte. âNun, dann habt eine angenehme Nachtruhe, Edda.â
âDanke, mein Kind. Euch wünsche ich dasselbe. Wir sehen uns morgen früh.â
Merry nickte und sah ihr hinterher, wandte sich schlieÃlich erneut ihrem Nähzeug zu, schaffte jedoch nur einen Stich, ehe sie es rastlos beiseitelegte, aufstand und zur Tafel schritt. Dort wollte sie auf Alex warten und ihm vorschlagen, sich ebenfalls zurückzuziehen. Zwar war sie nicht müde, doch das Nähen ödete sie an. Lieber wollte sie mit Alex allein sein und vertraulich mit ihm über Edda reden und darüber, wie sie es am besten anstellen sollten, ihr die Reise zu ihrer Schwester schmackhaft zu machen.
Sie lieà sich am Tisch nieder, spielte abwesend mit dem Brief von Godfreys Vater, drehte ihn auf dem Holz herum und wartete. Nach einer Weile glättete sie das Schreiben und überflog gelangweilt den Inhalt. Dort stand genau das, was Alex zusammengefasst hatte. Godfreys Vater erkundigte sich, ob der Junge wohlauf sei und sich als Knappe bewähre. Als sie allerdings zur Unterschrift gelangte, starb ihre Langeweile wie durch Blitzschlag.
âLord Alfred Duquet!â Sie hauchte den Namen laut. In ihrem Kopf herrschte Aufruhr. Duquet â so hieà Evelinde zufolge der Gemahl von Eddas Schwester. Godfrey sollte Eddas Neffe sein? Unmöglich, das hätte Alex doch erwähnt, dachte sie bei sich. Dann aber erinnerte sie sich, wie er ihr gesagt hatte, dass er Eddas Schwester ganz vergessen habe und sich nicht einmal an ihren Namen erinnere. Er wusste es nicht, erkannte sie. Für ihn war Godfrey der Sohn irgendeines Lords. Und weder der Junge noch Edda hatten es offenbar erwähnt. Warum nicht?
Der Grund würde kaum gutartiger Natur sein, entschied sie mit grimmiger Gewissheit und eilte auf die Küche zu. Dies war eine Angelegenheit, die sie Alex umgehend mitteilen musste. Wenn Godfrey Eddas Neffe war, dann mochte er sehr wohl derjenige sein, der hinter den Ãbergriffen während der Reise steckte, und siedend heià fiel ihr wieder ein, dass er der Erste gewesen war, dem sie nach dem Steinschlag am Wasserfall begegnet war. Er hatte behauptet, dass er sich vom Lager entfernt habe, um sich zu erleichtern, und sie hatte ihm damals geglaubt. Nun fragte sie sich, ob er ihr vielleicht entgegengekommen war, um sich zu vergewissern, ob seiner Tat Erfolg beschieden gewesen und Alex tot war. Soviel sie wusste, hatte er sich nach ihrem Zusammentreffen jedenfalls nicht mehr erleichtert.
Merry hätte all die Gedanken, die ihr im Kopf herumschwirrten, am liebsten beiseitegeschoben, denn sie mochte Godfrey, aber diese Neuigkeit lenkte den Verdacht eindeutig auf ihn ⦠Und auf Edda, erkannte sie unfroh. Nun war sie sicher, dass die freundliche Frau, die ihr seit ihrer Ankunft mit solcher Herzlichkeit begegnet war, nur eine Maske war. Evelinde war felsenfest überzeugt gewesen, dass Edda sich nicht verändert hatte, doch Merry hatte geglaubt, dass sie falsch liege. Nun allerdings neigte sie dazu, ihre Ansicht zu teilen. Noch immer ergab nicht alles einen Sinn, doch mit diesem neuen Wissen konnten Alex und sie vielleicht herausfinden, wie alles zusammenpasste. Zumindest konnten sie die beiden befragen und den Dingen auf den Grund gehen, dachte sie, als sie die Tür zur Küche aufstieà und im regen Treiben nach Alex Ausschau hielt.
Ihre Lippen wurden schmal, weil sie weder ihn noch Godfrey erblickte. Dafür sah sie Una, die mit dem Koch schwatzte, und ging zu den beiden hinüber.
âUna, hast du meinen Gemahl
Weitere Kostenlose Bücher