Die Braut aus den Highlands
finsteren Blick. Sie mussten die Treppenstufen regelrecht hochgeflogen sein, um die Kammer so rasch zu erreichen.
Das war der letzte klare Gedanke, den er fassen konnte, ehe er sich von einer Meute von Frauen umgeben fand, die immerzu an ihm zupften und zogen, ihm die Hosen zu stehlen versuchten und ihn am Arm in Richtung Bett zogen, wobei sie alle zugleich vorwurfsvoll auf ihn einplapperten, sodass ihre Worte zu einem unverständlichen Wirrwarr verschmolzen, der seinen Schädel umso heftiger schmerzen ließ.
Ehe er wusste, wie ihm geschah, spürte er sein nacktes Hinterteil schon wieder auf dem Laken, während fünf erbost schnatternde Weiber hin- und hereilten, ihn unter den Decken verstauten und ihm unablässig damit zusetzten, wie er sich nur für kräftig genug halten könne, um aufzustehen.
Ein tiefes, männliches Lachen aus Richtung Tür ließ die Gruppe in ihrem Tun innehalten. Alex wandte den Kopf und hoffte insgeheim auf Verstärkung, doch als er des Mannes gewahr wurde, der im Eingang stand, erstarrte er. Dies konnte niemand anderes als der Teufel von Donnachaidh sein. Alex hatte sich immer für einen hochgewachsenen Kerl gehalten. Er überragte die meisten anderen Männer um einen halben Fuß, doch dieser hier war noch ein gutes Stück größer als er und, so mutmaßte Alex, auch kräftiger. Cullen Duncans Haupt trennte nicht viel Luft von der oberen Kante des Türrahmens, und auch in der Breite füllte er den Rahmen mit seiner stattlichen Figur beinahe aus. Trotz seiner Größe bewegte er sich mit der Anmut eines Raubtiers, wie Alex bemerkte, als der Laird in den Raum glitt und die Szene erfasste. Seine Lippen umspielte noch immer ein Zug von Heiterkeit, doch in seinen Augen lag etwas Nachdrückliches, das jedem beschied, gut daran zu tun, ihm zu gehorchen. Er ließ den Blick über die Frauen schweifen. „Raus.“
Evelinde schien von ihrem Gemahl nicht eingeschüchtert zu sein. Sie tat die Anweisung mit einem finsteren Blick ab und trat zu ihrem Mann. „Aber, Cullen, wir müssen mit Alex sprechen und herausfinden, was hier vor sich geht“, wandte sie ein.
Verwundert stellte Alex fest, dass der Teufel nicht etwa wütend schien, sondern sein Blick warm wurde. Lächelnd beugte er sich zu seiner zierlichen Frau hinab und küsste sie zart auf die Lippen, ehe er sich wieder aufrichtete und erwiderte: „Ich werde mit ihm sprechen und der Sache auf den Grund gehen.“
„Aber …“, setzte Evelinde an, brach jedoch ab, als Cullen ihr mit einer Geste zu schweigen gebot.
„Ich habe Euch mit Eurer neuen Schwester reden lassen. Nun lasst mich mit meinem neuen Bruder reden.“ Als er sah, dass Evelinde noch zögerte und Alex besorgt betrachtete, fügte er hinzu: „Und ich passe auf, dass er im Bett bleibt.“
Überrascht beobachtete Alex, wie seine jüngere Schwester sich entspannte und dem Koloss ein strahlendes Lächeln schenkte, als habe dieser gerade etwas ausnehmend Scharfsinniges von sich gegeben. Bereitwillig schob sie die übrigen Frauen aus der Kammer, selbst Merry, und versicherte ihnen: „Cullen wird die Angelegenheit für uns klären.“
Alex sah, wie die Tür sich schloss, und ließ den Blick zu seinem Schwager wandern. Schweigend betrachtete er ihn, während er über das nachsann, was er gerade gesehen hatte. „Sie liebt Euch“, stellte er verblüfft fest.
„ Aye .“ Cullen grinste über das ganze Gesicht, ehe seine Miene ernst wurde und er bedachtsam hinzufügte: „Und ich liebe sie.“
Alex nickte nur. Es war nicht zu übersehen, dass die beiden sich liebten. All seine Sorge war wohl umsonst gewesen. Er verzog spöttisch den Mund, richtete sich auf und schwang die Beine über die Bettkante, nur um mit einem erstaunten Grunzen wieder auf dem Rücken zu landen, da Cullen urplötzlich bei ihm war und ihn zurück aufs Laken drückte.
„Bleibt, wo Ihr seid, oder Ihr bekommt es mit mir zu tun“, grollte der Teufel von Donnachaidh, grinste gleich darauf aber schelmisch. „Ihr habt es gehört, ich hab’s meiner Frau versprochen, und ich halte, was ich verspreche.“
Alex fasste den Mann ins Auge und spielte kurz mit dem Gedanken, sich tatsächlich mit ihm anzulegen, ließ das Ansinnen jedoch seufzend fahren. Zu jeder anderen Zeit hätte er es aus reinem Vergnügen – und um zu sehen, wer gewann – vielleicht getan, doch wer heute die Oberhand behalten würde, stand zweifellos fest. Alex war nicht gerade auf der Höhe, und sein Kopf fühlte sich noch immer etwas mitgenommen an,
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