Die Braut aus den Highlands
verschwanden sie, den Beweis für die an seiner Frau verübte Schandtat in Händen. Es blieb ihm nicht verborgen, dass sie die Kammer nur widerwillig verließen, so als wollten sie Merry nicht allein mit ihm lassen, und das machte Alex’ Gewissensbisse noch quälender. Als die Tür endlich hinter ihnen zufiel, atmete er auf, doch die Erleichterung hielt sich in Grenzen. Das Bild von dem blutgetränkten Leinen hatte sich ihm eingebrannt, und voller Reue und Selbstverachtung sah er auf Merry hinab.
Sie war wunderschön und sah im Schlaf einfach bezaubernd aus. Der Schlummer hatte Verzweiflung, Ärger, Missfallen und Traurigkeit fortgewischt, die ihre Miene trübten, wenn sie wach war. Ihn überkam der heftige Wunsch, dass sie immer so friedvoll und ruhig wie in diesem Augenblick aussehen möge, dass es ihm gelingen möge, ihre verwundete Seele zu heilen und sie glücklich zu machen. Leider war er dies in der vergangenen Nacht wohl nicht gut angegangen. Aber er würde es wiedergutmachen, schwor er sich im Stillen. Er würde sie nur noch ganz behutsam anrühren, nie auch nur ein harsches Wort zu ihr sagen. Geduldig würde er sie umwerben, sie dazu bringen, ihm zu vertrauen, und sie die Hochzeitsnacht und all den Schmerz und den Kummer vergessen lassen, die er ihr, so wie es aussah, bereitet hatte.
Merry drehte sich schlaftrunken in seinen Armen, schmiegte ihr Gesicht an seine nackte Brust und seufzte.
Ihr Atem strich ihm sanft über die Haut, und trotz des Hämmerns in seinem Schädel spürte Alex, wie sein Körper daraufhin erwachte. Wenn er beherzigen wollte, was er sich soeben selbst geschworen hatte, war es wohl besser, wenn er in nächster Zeit ein wenig Abstand zwischen sie brachte, entschied er. Zumindest bis sie sich erholt und ihm für die vergangene Nacht verziehen hatte.
Behutsam bettete er Merry auf der Matratze und deckte sie sorgsam mit Leinen und Fellen zu. Anschließend richtete er sich auf, riss sich vom Bett los und legte seine Kleider an, während er darüber nachsann, dass seine Pläne erneut durchkreuzt worden waren. Er hatte beabsichtigt, heute zusammen mit Merry und einem Dutzend Kämpfer aufzubrechen und ihren Vater, ihre Brüder und deren Männer nach Schottland zu begleiten, um sich dort von ihnen zu trennen und nach Donnachaidh zu reiten, während die Stewart-Schar ihren Weg nach Hause fortsetzte.
Das aber stand nun außer Frage. Er konnte Merry heute unmöglich reisen lassen. Gemessen an all dem Blut auf dem Laken würde er ihr mehrere Tage, vielleicht gar eine Woche zugestehen müssen, um wieder zu Kräften zu kommen, ehe sie nach Schottland zu seiner Schwester würden aufbrechen können.
Schuld senkte sich wie Blei auf seine Schultern, als ihm aufging, dass seine Schwester Evelinde womöglich unsäglich litt und nun allein aufgrund seines Fehlverhaltens noch eine Woche länger würde ausharren müssen. Doch Zerknirschung und Selbstvorwürfe waren bereits so übermächtig, dass dies kaum noch einen Unterschied machte. Nachdem er sich angekleidet hatte, rieb er sich müde übers Gesicht, warf der Frau im Bett einen letzten Blick zu und schritt zur Tür. Bei Gott, er würde es wiedergutmachen.
4. KAPITEL
Merry erwachte und fand das Bett leer. Sie setzte sich auf und ließ den Blick auf der Suche nach ihrem Gemahl verschlafen durch die Kammer schweifen, doch er war nirgends zu sehen. Also schlug sie die Decken zurück und wollte aus dem Bett gleiten, als ein scharfes Ziehen an ihrem rechten Oberschenkel ihr ins Gedächtnis rief, was sich in der Nacht zugetragen hatte. Sie schaute hinab und stellte überrascht fest, dass das oberste Laken entfernt worden war. Daraufhin begutachtete sie ihr Bein. Weil sie sich so achtlos bewegt hatte, war der größere Schnitt an der Innenseite ihrer Schenkel wieder aufgerissen und blutete. Dem verschmierten Flecken auf ihrer Haut nach zu urteilen, war dies nicht das erste Mal.
Sie verzog das Gesicht, schob sich nun vorsichtiger aus dem Bett, stand auf und ging zu dem Becken mit kaltem Wasser hinüber, das auf einem kleinen Tisch beim Fenster stand. Geschwind wusch sie sich, wobei sie sich das Blut an ihren Beinen als Letztes vornahm und danach den feuchten Lappen gegen die Wunde drückte, bis die Blutung gestillt war. Während sie so dastand, das Tuch auf den Schnitt gepresst, wanderte ihr Blick zum Bett zurück. Sie fragte sich unwillkürlich, wie sie es angestellt hatten, das Laken zu entfernen, ohne sie zu wecken. Darüber sann sie noch nach, als sie
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