Die Braut des Cowboys
völlig übergeschnappt?" fuhr er sie an und griff nach ihr.
Er zog sie in Sitzposition und öffnete den Mund, um ihr ordentlich die Leviten zu lesen. Da aber blickte sie ihn an, und als er den Ausdruck in ihren Augen sah, verflog schlagartig all sein Ärger, und seine bösen Worte über ihre bodenlose Dummheit blieben ihm im Hals stecken.
"Mercy ... was ist los? Was ist geschehen?" fragte er, so sanft er konnte.
Sie schlang die Arme noch dichter um sich, wiegte sich hin und her und stöhnte dabei leise. Und auf einmal war es ihm völlig egal, ob sie ihm antwortete. Er hatte eine ziemlich deutliche Vorstellung davon, welches Entsetzen sie hinausgetrieben hatte in den Schneesturm, der Krankheit oder auch Tod hätte bedeuten können.
Er öffnete die untere Hälfte der Boxentür. Vielleicht war es dumm, dem Hengst so zu trauen, aber das Tier liebte Mercy, und Grant bezweifelte, dass es Mercy etwas tun würde. Und die Körperwärme des Hengstes würde Mercy gut tun. Er trug Mercy hinein, legte sie auf sauberes Stroh, schloss die Tür wieder, öffnete seine Jacke und zog sie an sich. So konnte sie durch den dünnen Seidenstoff ihres Nachthemds seine eigene
Körperwärme aufnehmen. Dass sie sich nicht dagegen wehrte, sagte ihm mehr über ihren seelischen Zustand als alle Worte.
Joker wieherte sanft, senkte das mächtige Haupt und schnüffelte sanft und sehr vorsichtig an ihren Haaren.
"Es wird ihr bald besser gehen", beruhigte er das Tier, aber seine Worte waren ebenso für Mercy bestimmt. Und vielleicht sogar für mich selbst, dachte er, als er Mercys Zittern spürte.
"Sie braucht nur Wärme und das Gefühl, sicher zu sein, dann ist alles wieder okay", sagte er und tat weiterhin so, als wollte er den Hengst beruhigen. Das Tier schien ihn allerdings zu verstehen, denn sein Wiehern bekam jetzt einen anderen, eher sanften Klang.
Es war schon lange her, dass Grant eine Frau getröstet hatte.
Er wusste nicht, ob er es in den wenigen Malen in der Vergangenheit gut gemacht hatte, und in der letzten Zeit hatte er es vermieden, einer Frau so nahe zu kommen, dass es vielleicht notwendig wurde. Abgesehen natürlich von Kristina, wenn sie wieder einmal eine ihrer kleinen Sünden begangen hatte, oder seiner Mutter, wenn sie sich über Nate aufregte.
Und niemals zuvor hatte er eine Frau trösten müssen, die so am Boden zerstört war wie Mercy in diesem Augenblick.
Vielleicht lag es daran, dass er noch keine Frau kennen gelernt hatte, die in ihrem Beruf alptraumhafte Erlebnisse durchmachte.
Eine ganze Zeitlang saß er nur so da, hielt sie fest. Mercy ließ es zu, dass er ihren Kopf gegen seine Schulter drückte, und sie nahm auch Jokers Zärtlichkeiten hin, der immer wieder an ihrem Kopf schnüffelte, als wollte er sie aufmuntern.
Grant wusste nun auch, wie sie mit offenen Haaren aussah um ihr Gesicht schmiegte sich eine dicke goldene Mähne, die sich so seidig anfühlte wie sie aussah. Ihm stieg der leichte Duft nach Apfelshampoo in die Nase, dieser Duft, mit dem sie so leicht die Zuneigung des Hengstes errungen hatte, wie er heimlich vermutete. Und noch immer bebte sie am ganzen Körper.
Ihm wurde klar, dass sie unter dem dünnen
Seidennachthemd, das unter der Jacke hervorquoll, nur wenig oder gar nichts trug. Sein Körper reagierte auf die Erkenntnis, aber er unterdrückte diese Gefühle augenblicklich. Es wäre schlimm genug, wenn sie es bemerkte.
So fuhr er fort, tröstend auf sie einzusprechen, so, als wollte er ein ängstliches Pferd beruhigen. Er hielt sie fest, aber nicht an sich gepresst, denn sie sollte nicht das Gefühl haben, eingeengt zu sein.
Und sie ließ es zu, zitterte jetzt nur noch leicht, war aber ansonsten schrecklich stumm. Schließlich, als ihr Zittern endlich aufgehört hatte, verfiel auch Grant in Schweigen, hielt sie jedoch weiterhin in seinen Armen.
Auch Joker schien sich zu entspannen, auch wenn er Mercy weiterhin mit wachem Blick beobachtete, so als würde er verstehen. Grant wusste, Tiere konnten die Stimmungen der Menschen erfühlen, und oft übertrug sich deren Gemütszustand auf sie. Mehr als einmal, wenn er mit Joker in übermütiger Laune in halsbrecherischem Galopp querfeldein über die mit Salbeibüschen übersäte Ebene preschte, war das Tier mit Begeisterung dabei. Und war er einmal schlecht gelaunt, spürte Joker es sofort, und sah ihn mit halbgeneigtem Kopf an, als wolle er sagen: "Na komm schon!"
Grant wusste nicht, wie lange sie im Stroh gesessen hatten, als Mercy zu
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