Die Braut des Cowboys
hoffnungslos", meinte Grant empört.
"Sorry", sagte Mercy zerknirscht.
"Ich kann es nicht fassen. Mein Leben lang arbeite ich mit Pferden, und so etwas habe ich noch nie gesehen."
"Aber ich tue wirklich nichts", protestierte sie.
"Offensichtlich", sagte Grant säuerlich, als Joker wieder laut und deutlich protestierte. "Das musst du wohl auch gar nicht."
Der Wallach, den Mercy ritt, normalerweise eins der friedlichsten Tiere auf der Ranch, tänzelte nervös herum, als der Hengst wieder laut aufwieherte. Schamlos griff Mercy nach dem Sattelknopf, sie hatte keine Lust, abgeworfen zu werden. Drei Tage war sie nun schon dabei, aber es reichte ihr im Augenblick.
"Vielleicht sollte ich absteigen und versuchen, ihn wieder zu beruhigen", schlug sie lahm vor.
"Sicher. Und es wird solange vorhalten, bis du wieder im Sattel sitzt. Ich fasse es nicht. Der verdammte Klepper ist eifersüchtig."
Mercy seufzte. Wenn Grant sich nicht so aufregen würde, wäre alles wirklich zum Lachen. Dass Joker mit ihren Reitstunden auf einem anderen Pferd nicht einverstanden war, hatte er von Anfang an gezeigt. Und sein Unmut wurde von Tag zu Tag deutlicher. So verrückt es auch schien, aber dem großen Hengst gefiel es nicht, dass sie sich mit anderen Pferden abgab.
Auf gewisse Art war es sogar ... schmeichelhaft. Immerhin hatte sie die ungeteilte Bewunderung eines der männlichen Bewohner der Ranch. Abgesehen von Chipper natürlich, der jedes Mal errötete, wenn sie mit ihm sprach, und der sie fast zum Wahnsinn trieb mit seiner ewigen Fragerei, was er noch für sie tun könne. Aber Chipper zählte nicht richtig. Er war viel zu jung. Jünger als die Achtzehnjährigen, die sie aus der Stadt kannte. Oder besser gesagt, die Achtzehnjährigen wirkten älter, erfahrener durch die zu oft hässliche oder brutale Umgebung, in der sie lebten. Sie hoffte, Chipper wusste, wie glücklich er sieh schätzen konnte.
Gib es zu, sagte sie sich, du versuchst der eigentlichen Problematik aus dem Weg zu gehen. Das wirkliche Problem war nicht Chippers Verliebtheit, sondern der Mann, der dastand und Joker böse anfunkelte. Seine erzwungene Nähe während der vergangenen drei Tage, wirkte auf Mercy ausgesprochen beunruhigend, um es milde auszudrücken.
"Er geht jedem auf den Geist", murmelte Grant. "Selbst Gambler hat das Weite gesucht, um von ihm fort zu kommen.
Joker macht alle Pferde in seiner Nähe nervös, und meine Hände tun inzwischen weh, weil ich ständig an den Zügeln der anderen Tiere zerren muss, um sie ruhig zu halten."
"Vielleicht sollten wir besser aufhören", sagte Mercy, auch wenn sie eigentlich noch nicht aufgeben wollte. Denn trotz der Unterbrechungen durch Joker machte ihr der Reitunterricht entgegen ihrer Erwartung richtig Spaß.
"Ich will verdammt sein, wenn ich mich durch ein störrisches Pferd davon abbringen lasse", murmelte Grant.
Joker wieherte nochmals laut, und Mercys Wallach begann wieder zu tänzeln. Grant packte die Zügel des Rotbraunen und brachte ihn zur Ruhe. Mercy glitt vom Pferd, das hatte sie ziemlich schnell gleich zu Anfang gelernt. Joker wieherte.
"Wenn ich Tieren menschliche Gefühle zuerkennen würde, dann würde ich sagen, er klingt diesmal reichlich selbstgefällig", meinte sie trocken.
"Glaub mir, er ist rundum mit sich zufrieden", sagte Grant grimmig.
Mercy ging hinüber zum Gatter. Joker trottete ihr hinterher und stupste sie eifrig mit den Nüstern, offensichtlich stolz, dass er sie von dem Eindringling fortgelockt hatte. Da musste sie lachen. Sie tätschelte dem Pferd die Nüstern. Er schnaubte kurz, senkte dabei den Kopf, und sie zupfte leicht an seinem Ohr.
"Du ruinierst meine Chancen, hier das Reiten zu lernen, du grober Klotz", ermahnte sie ihn ernst. "Deinetwegen werde ich ans Haus gefesselt sein. Denk nur, diese wundervolle Landschaft, und ich darf sie mir nur vom Fenster aus ansehen!"
"Findest du sie wirklich wundervoll?"
Sie schaute über die Schulter zu Grant hin, der den kleinen Wallach am Zügel heranführte. Das Pferd beäugte Joker nervös, aber nun, da sie nicht mehr im Sattel saß, reichte es dem Hengst, seinen kleineren Artgenossen zu ignorieren.
"Natürlich ist sie das", antwortete sie ehrlich. "Wie könnte da jemand anderer Meinung sein?"
"Einige denken so." Er zuckte leicht mit der Schulter.
"Ihr Pech", meinte sie lakonisch. Grant antwortete nichts darauf, aber sie meinte ein Aufflackern in seinen Augen bemerkt zu haben, etwas, das seltsam an Freude und Wachsamkeit zugleich
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