Die Braut des Cowboys
Gegenstück zu Kristinas blonder Schönheit.
Plötzlich kam sich Mercy sehr klein, schlicht und mausgrau vor.
"Wo ist Grant denn?" erkundigte sich Rita.
"Ich ... Er sieht nach einer trächtigen Stute. Sie benimmt sich so komisch, sagt Walt."
"Das muss Lady sein. Walt wird es wissen. Er ist die beste Pferdehebamme in ganz Wyoming."
Mercy musste lächeln, als sie sich den knorrigen, alten grauen Ranchhelfer als Hebamme vorstellte.
"So, jetzt muss ich fleißig werden", sagte Rita. "Eigentlich sollte ich gestern kommen, aber Jim wollte nicht, dass ich bei dem Schneesturm den ganzen Weg hier herfahre."
"Jim ist ...Ihr Mann?"
"Das ist er, der glückliche Teufel." Sie senkte verschwörerisch die Stimme, als sie eine Dose mit
Tomatensauce aus dem Karton nahm. "Natürlich bin ich die Glückliche, aber das werde ich ihm niemals verraten."
Es gab keinen Zweifel, dass sie ihre Worte ernst meinte, und Mercy wandte sich hastig um, weil sie fürchtete, ihr Gesicht könnte ihre Erleichterung verraten. Sie nahm weitere Tüten aus dem Karton, voll mit Mehl, weißem oder braunem Zucker, Butter, hellroten oder grünen Zuckerstreuseln.
"Weihnachtskuchen?" riet Mercy.
"Ja. Aus irgendeinem Grund wollte Grant dieses Jahr welche haben. Wenn ich Zeit habe, backe ich sie heute noch", sagte Rita. "Ich weiß, es ist noch ein wenig früh, aber um diese Jahreszeit weiß man nie, ob man es bis hierher schafft."
Mercy hatte völlig vergessen, dass in nur dreieinhalb Wochen das Weihnachtsfest vor der Tür stand. Allein schon die Thanksgivingferien mit ihrer besorgten Familie durchzustehen, hatte gereicht, all ihre noch verbliebenen emotionale n Reserven aufzubrauchen. Es war einer der Gründe gewesen, warum sie sich einverstanden erklärt hatte, hierher zu kommen - sie glaubte einfach nicht mehr, die Kraft zu haben, ständig ihre überbesorgten Eltern um sich zu haben. Auch wenn sie sie verstand und dafür liebte, so war es doch auf Dauer ermüdend, immer wieder versichern zu müssen, dass sie wieder in Ordnung kommen würde. Besonders wenn sie selbst davon nicht überzeugt war.
"Ich ... könnte es Ihnen doch abnehmen. Die Kekse, meine ich."
Rita, die gerade ein großes Stück gekochten Schinken aus dem Karton hob, hielt inne. Sie blickte Mercy an, das Gesicht einen Moment lang ausdruckslos.
"Ich habe nicht vor, Ihnen Ihr Territorium streitig zu machen", versicherte ihr Mercy rasch. "Es ist nur so - ich bin eine lausige Köchin, aber Kekse kann ich backen."
Da lächelte Rita wieder. Während sie den Schinken aus der Aluminiumfolie wickelte, sagte sie: "Chipper sagt, Sie sind Polizistin?"
"Ja."
"Das ist ein harter Job. Und für eine Frau bestimmt noch härter. In vieler Hinsicht, denke ich."
Mercy sah keinen Grund, es abzustreiten. "Das stimmt."
"So, wie es wohl auch auf einer Ranch ist. Frauen haben es immer schwerer."
Mercy sah sie erstaunt an. "So habe ich es noch nie gesehen.
Aber ja, Sie haben wohl recht."
Rita holte Tomatensauce, einige Champignons und Zwiebeln heraus, dazu eine Packung Spaghetti aus der letzten Tüte. Es sah so aus, als würde es heute Abend Spaghetti geben.
"Man muss schon ziemlich widerstandsfähig sein, um es hier draußen zu schaffen", sagte sie. "Die meisten Stadtmenschen sind dazu gar nicht in der Lage."
"Das hat man mir auch gesagt", meinte Mercy trocken.
"Aha. Grant hat sich also wieder einmal ausgelassen, stimmt's?"
"So könnte man sagen."
"In dieser Hinsicht ist er ... ein wenig geschädigt." Rita griff in den Herd und holte eine große Pfanne heraus. Als sie sich wieder aufrichtete, warf sie Mercy einen weiteren Seitenblick zu. "Und er hat seine Gründe."
"Da bin ich sicher."
"Und doch ist es seltsam. Eigentlich sollte man doch denken, er müßte Interesse an den Mädchen von hier zeigen, die ihn sich nur zu gern angeln würden."
"Hat-... er das nicht?"
"Chipper sagt, Grant geht nie mit, wenn die anderen Männer sich zu irgendwelchen Partys aufmachen. Während sie sich amüsieren, hockt er hier auf der Ranch herum und macht das, was er jeden Tag macht."
"Sie meinen, das, was notwendig ist, damit der Betrieb läuft", sagte Mercy und merkte erst dann, dass es sich anhörte, als wollte sie ihn verteidigen.
Rita lächelte und wirkte ziemlich erfreut. "Ja. Es ist ein schwieriger Job. Nicht jeder kommt damit zurecht." Sie blickte Mercy direkt ins Gesicht. "Aber ich schätze, jeder, der Ihren Job durchsteht, könnte auch mit allem anderem fertig werden, wenn er will."
Mercy hielt ihrem
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