Die Braut des Cowboys
niemanden mehr zu belästigen." Sie warf ihm einen Seitenblick zu. Sie wusste nicht, wie viele Einzelheiten ihm Kristina erzählt hatte, und sie wollte nur über das unbedingt Notwendige reden. "Und ich verspreche dir, es wird nur für eine kurze, begrenzte Zeit sein. Sobald ... man mich ruft, sitze ich im nächsten Flieger und bin dir aus dem Weg."
Er sah sie einen Moment lang an. "Ich ... ich wollte dir nicht den Eindruck vermitteln, als ... wärst du eine Last."
"Natürlich bin ich das", sagte sie mit einem Schulterzucken.
"Ich lebe hier nicht, kenne mich mit dem Ranchleben nicht aus, kann nicht helfen, sondern mache im Gegenteil Arbeit. Aber ich werde alles tun, um sowenig Arbeit wie möglich zu machen."
Er hob eine Augenbraue. "Du hast dich wirklich geändert."
Sie lachte, und ihr wurde bewusst, es war das erste Mal seit Jacks Tod, dass sie richtig lachte. Sie versuchte den Schmerz zu unterdrücken, der aufwallte, sobald sie nicht aufpasste und an den Mann dachte, der für sie viel mehr als ein Partner gewesen war.
"Du meinst, früher hätte es mich nicht interessiert, ob ich anderen auf den Geist ging oder nicht?" fragte sie leichthin.
Er lächelte, als hätte ihr Lachen ihm gefallen. "So ungefähr."
"Nur bei dir war es so", sagte sie. "Und sehr wahrscheinlich auch nur, weil du dich so darüber aufgeregt hast."
Er lächelte trocken. "Damals hegte ich den leisen Verdacht, es könnte der Grund gewesen sein."
"Wenn du mich wirklich links liegengelassen hättest, wäre ich wohl einfach davongegangen."
"Das behauptest du jetzt!"
Diesmal lachten sie beide, und Mercy hatte das Gefühl, ein klein wenig von dem Schmerz in ihr würde nachlassen - dieser unentwegte Schmerz in ihr, der sie seit jener schrecklichen Nacht erfüllte, in der Jack in ihren Armen gestorben war. Vor fünf Wochen.
Sie griff nach ihrer Felljacke und zog sie sich über, während sie die Stufen hinunter in den Hauptteil des Hauses gingen. Die drei Schlafräume lagen unter dem Dach, gut isoliert gegen die bittere Kälte des Winters dieser Gegend, und wurden von der Warmluft der Holzöfen im Erdgeschoß beheizt. Grant bevorzugte Holzöfen, wie sie erfahren hatte.
"Wir haben zwar auch eine Heizungsmöglichkeit mit Propangas", hatte er ihr erklärt, als sie an dem großen Tank vorbeikamen. "Aber ich versuche, sie möglichst selten zu benutzen. Kochen und heißes Wasser frisst schon genügend Gas."
"Heißes Wasser?" neckte sie ihn. "Kristina hat mir erzählt, ihr würdet hier primitiv leben."
Er sah sie mit einem langen Blick an, als ob er abschätzen wollte, ob sie es ernst meinte. Ihr war gar nicht klar gewesen, dass er sie wirklich für einen verwöhnten Stadtmenschen halten musste. Sie wusste, es hatte keinen Sinn, es abzustreiten, so etwas bewies man nicht mit Worten. So nahm sie sich vor, sowenig wie möglich im Weg zu stehen und für sich selbst zu sorgen.
"Ich dusche gern lange", antwortete er ziemlich brummig, und Mercy fiel nichts darauf ein, weil seine Worte unerwartete Bilder in ihrem Kopf heraufbeschworen. Die Vorstellung von Grant McClure, nackt unter dem dampfenden Wasserstrahl, hatte seltsame Auswirkungen auf ihren Herzschlag.
"Im Winter hat hier jeder ein Auge darauf, dass das Feuer nicht ausgeht", sagte er nun und deutete auf den ansehnlichen Holzofen, der in einer Ecke auf einem aus Ziegeln gemauerten Sockel stand. "Es ist einfacher, das Haus ständig warm zu halten, anstatt es jedes Mal wieder anzuheizen."
Sie schüttelte die Effekte der unwillkommenen und
erstaunlich erotischen Gedanken ab. "Das glaube ich gern", sagte sie und musterte das Feuerholz, das ordentlich neben dem Kamin aufgestapelt war. "Wo ist denn der Holzstapel?"
Er deutete mit dem Kopf auf die Tür in der Nähe des Kamins.
"Draußen neben der Tür befindet sich ein Anbau. Dort lagern wir möglichst soviel, dass es für eine Woche reicht. Wenn wir Glück haben, hat auch der längste Schneesturm dann aufgehört."
Sie nickte. Wenn er etwa erwartete, solche Wetteraussichten würden sie schockieren, dann musste sie ihn enttäuschen. Ja, sie lebte zwar in der Großstadt, aber es handelte sich um Minneapolis. Sie kannte also eisige Winter.
"Chipper scheint ein netter Junge zu sein", meinte sie, als sie Grant aus der Haustür ins Freie folgte.
"Genau das ist er auch", sagte Grant. "Nett, aber noch sehr jung. Er hat gerade die High School hinter sich."
Sollen seine Worte eine Warnung sein? ging es Mercy durch den Kopf. Oder bilde ich mir nur etwas ein,
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