Die Braut des Cowboys
was er gar nicht beabsichtigt hatte? Natürlich hatte sie bemerkt, welche Wirkung sie auf den jungen Mann hatte, wie er errötete und herumgestammelt hatte auf der Rückfahrt zur Ranch. Aber was dachte denn Grant von ihr - dass sie mit den Gefühlen eines unschuldigen Teenagers spielte? Plötzlich begriff sie die Ironie und lächelte trocken.
"Himmel, habe ich dich damals wirklich so angesehen? Mit großen Kulleraugen und vor Verlegenheit rotem Gesicht?"
Grant blieb stehen und sah sie scharf an. Dann verzog er den Mund langsam zu einem Lächeln. Ein Lächeln, das auch nach zwölf Jahren noch nichts von seiner Wirkung auf sie verloren hatte.
"Manchmal", gab er zu.
"Tut mir leid."
"Muss es nicht. Es war schmeichelhaft, auch wenn es mir peinlich gewesen ist."
"Ich hatte nie vor, dich in irgendwelche peinlichen Situationen zu bringen, das musst du mir glauben", sagte sie ernst. "Es wird nie wieder vorkommen."
Grant verzog den Mund. "Zu schade. Jetzt hätte ich vielleicht weniger dagegen." Er drehte sich auf dem Absatz um, ehe sie etwas darauf erwidern konnte. Also hat er seinen trockenen Humor doch noch nicht verloren, dachte sie. Denn es musste ein Spaß gewesen sein. Es konnte gar nicht anders gewesen sein.
Sie musste sich bemühen, seinen langen Schritten zu folgen.
Obwohl er wissen musste, dass es ihr Mühe machte,
verkürzte er seine Schritte nicht. Aber ich bin es gewohnt, und außerdem hält es mich in Form, überlegte sie, egal, wie unhöflich es eigentlich ist.
"Dann hat Chipper also gerade bei dir angefangen?" fragte sie.
"Ja, in Dauerstellung. Vorher hat er in den Sommerferien gearbeitet, und er kam am Wochenende heraus, mit seiner Mutter."
Seiner Mutter? dachte Mercy. "So?"
"Rita kocht manchmal für uns."
Rita. Das Bild einer dunklen, glutäugigen Brünetten tauchte aus ihrer Erinnerung auf, und automatisch begann sie nachzurechnen. Chipper war achtzehn - wenn seine Mutter jung geheiratet hatte, konnte sie jetzt sechsunddreißig sein. Nur sechs Jahre älter als Grant. Kein zu großer Altersunterschied.
Sie hoffte, Chippers Vater war groß und stämmig und cholerisch - und dann schalt sie sich, dass sie so dachte.
Außerdem, welche Rolle spielte es überhaupt?
"Sie kocht nur an den Wochenenden?" fragte sie munter.
"Ja, und zwar Unmengen. Genügend für die ganze Woche, und dann frieren wir alles ein. Und sie hat einigen von uns soviel beigebracht, dass wir über den Winter kommen, sollte ihr Essen einmal nicht reichen."
"Das hört sich nach guter Planung an", sagte sie.
"Das Kochen auf Vorrat oder dass sie uns das Kochen beigebracht hat?"
"Beides", meinte sie lachend. "Wie Kristina dir bestätigen kann, bin ich im Kochen nicht gerade ein As."
"Sie hat sich bereits darüber geäußert. Und im nächsten Satz hielt sie mir vor, ich wäre ein Chauvi, wenn ich annä hme, nur weil du eine Frau bist, müsstest du auch kochen können."
"Na, da bin ich aber froh, dass wir das Problem bereinigt haben", sagte Mercy mit übertriebener Erleichterung.
"Ich bin sicher, ihre Warnung rettet mich vor einem schrecklichen Schicksal."
"Ganz sicher", stimmte ihm Mercy mit gespieltem Ernst zu.
"Aber ich bin klasse im Abwaschen. Vielleicht ist dir dies Talent irgendwie von Nutzen?"
"Regle das mit meinen Leuten. Normalerweise losen sie."
"Sie? Du nicht?"
Er grinste. "Irgendeiner muss ja der Boss sein."
Sie lächelte ihn immer noch an und wunderte sich über seine unerwartete Unbeschwertheit, da ließ ein triumphierendes Wiehern sie herumfahren. Sie starrte auf das große Tier, das in dem ausgedehnten Korral neben dem größeren Stallgebäude stand.
Ihr schossen die Worte Blitz und Feuer durch den Kopf, denn das Tier schien von beidem zu haben. Der Hengst war auf spektakuläre Weise gezeichnet. Sein Kopf, der Nacken und die Brustpartie waren pechschwarz. Von seinen Schultern her - oder wie immer man es bei Pferden nannte - war er weiß mit über den restlichen Körper verteilten ovalen Flecken bis hin zu Handtellergröße.
Dieser Anblick erweckte eine Erinnerung in ihr. Als sie damals in den jungen Grant McClure verliebt gewesen war, mit all dem Eifer eines jungen Mädchens, das zum ersten Mal sein Herz verloren hat, hatte sie sich entschlossen, all das zu lernen, was Grant liebte. Sie las alles über Pferde, was sie in die Finger bekam. Und obwohl sie einem Pferd nie richtig nahe gekommen war, war ihr doch vie les im Kopf haften geblieben. Nicht das Wort für Schultern, aber die Bezeichnung für ein
Weitere Kostenlose Bücher