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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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auch zugegen sein, und Monna Beatrices Magd und ich. Es hat alles seine Ordnung.« Niccolò seufzte. »Ich habe böse Worte gehört, als Sie mit Ser Bianchi im Saal stritten«, sagte er. »Aber ich weiß, dass Sie recht haben in Bezug auf Ghirardi, und ich wäre genauso wütend geworden wie Sie, wenn ich an Ihrer Stelle gewesen wäre und nicht gegen Ser Bianchis Sturheit angekommen wäre. Ich kann Sie daher verstehen und bin nicht böse mit Ihnen.«
    »Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen«, sagte Bandini, der wusste, dass Niccolò den Sarkasmus nicht erkennen würde.
    »Folgen Sie mir bitte«, sagte Niccolò.
    Bandini spähte zur Öffnung des Lichthofs hinauf, die sich als schwarzes Rechteck vor den schwach beleuchteten Flanken und Kurven des Treppenhauses abzeichnete. Unten auf dem Mosaikboden standen vier Feuerschalen in den Ecken und sandten den Geruch von heißem Tran nach oben. »Jetzt? Um diese Zeit?«, fragte er.
    »Monna Bianchi ist es nicht gewöhnt zu warten, wenn sie einen Wunsch ausspricht, auch nicht in der Nacht«, sagte Niccolò. Wenn der Mann überhaupt in der Lage war, Zweideutigkeiten auszusprechen, dann war es ihm gerade eben gelungen. Bandini horchte auf.
    »Wo ist der Hausherr in diesem Arrangement?«, fragte er.
    »Ich bin von Monna Beatrice geschickt worden.«
    Bandini spürte wieder das Jucken in seinen fehlenden Fingern. Er ballte die verstümmelte Faust. Niccolò stand vor seiner Tür und sah ihn drängend an. Bandini machte eine einladende Geste in keine bestimmte Richtung. »Nach dir.«
    Die Wände des Schlafzimmers waren in denselben Rot- und Goldtönen gehalten wie der große Saal. Da es auf demselben Geschoss lag, war auch seine Decke so hoch, dass das Dach eines durchschnittlichen Handwerkerhauses nicht oben angestoßen wäre, hätte man es hier hereinverfrachtet. Das Zimmer war geräumig, doch sparsam eingerichtet, ein Bett mit gedrechselten Bettpfosten und einem Himmel aus Samt und Brokat, das frei in der Mitte stand, fing den Blick als Erstes ein – aber nur so lange, bis man auf die Frau aufmerksam wurde, die neben dem Fenster auf einer Truhe saß. Danach verblassten all die anderen Dinge in dem Zimmer und dienten nur noch dazu, den passenden Hintergrund für die schlanke Gestalt abzugeben. Antonio Bandini folgte Niccolò bis zu der Truhe und verbeugte sich. Er fühlte, wie die Blicke Beatrice Bianchis ihn musterten, ermaßen, erwogen, registrierten und schließlich einordneten. Bandini streckte sich und sah auf sie hinab. Sie hatte ihre Haltung auf der Truhe keinen Zoll geändert, doch jetzt lächelte sie.
    »Danke, dass Sie meiner Bitte so rasch gefolgt sind«, sagte sie. »Ich fühle mich geehrt.«
    Vor mehr als vierzig Jahren, als Antonio Bandinis Welt noch heil und Onkel Bernardo ein lustiger Spielkamerad gewesen war, hatte es eine Frau gegeben, die eine ähnliche Erscheinung war wie Beatrice Bianchi: Clarice Orsini, die Frau von Lorenzo de’Medici, de facto die Herrscherin über Florenz. Wie Beatrice war sie nicht im landläufigen Sinn schön gewesen – ein zu langer, aristokratischer Hals, ein zu energisches Kinn, zu schmale Lippen, eine zu lange Nase, zu weit auseinanderstehende Augen und Brauen, deren Schwung zu kühn aufgemalt war – und dennoch, an wem sie vorüberging, der drehte sich nach ihr um und hätte sich auch umgedreht, wenn sie nicht Clarice Orsini in sündhaft teurem Staat, sondern Maria Magd im zerrissenen Kittel gewesen wäre. Auch Clarice Orsini hatte sich das Haar blond gefärbt, und auch Clarice Orsini hatte alterslos attraktiv gewirkt: ein herbes Antlitz, dem man nicht ansah, ob seine Besitzerin zwanzig oder vierzig Jahre alt war.
    Wenn Beatrice Bianchi der Typ Frau war, die jede Pracht in ihrer Umgebung mit ihrer bloßen Erscheinung in den Hintergrund drängte, dann galt dies erst recht für andere Personen, die sich in ihrer Nähe befanden. Die Magd war ein Schatten in Kleid und Haube, Niccolò ein Hündchen, und Domenico Bianchi junior … Nun, Domenico Bianchi junior hätte keine dominierende Gestalt neben sich benötigt, um nebensächlich und wie ein zweitklassiger Komödiant zu wirken, der so zurechtgemacht worden war, dass er eine gewisse optische Ähnlichkeit mit seinem Vater aufwies – ohne mehr zu sein als das: eine durchsichtige Hülle über einem aufgeblasenen Popanz.
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Monna Bianchi«, sagte Antonio Bandini.
    »Ich höre, dass Sie Nachrichten von meiner zukünftigen Schwiegertochter haben? Leider

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