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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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nicht auf Domenicos Mist gewachsen, sondern ausschließlich in Beatrices Herz entstanden. Sie benutzte den Kretin von einem Sohn lediglich als Strohmann. Der Kerl glaubte wahrscheinlich noch, bei seiner Mutter in besonderer Gunst zu stehen.
    Warum Beatrice ein solches Interesse daran hatte, Lorenzo tot zu sehen, lag auf der Hand. Antonio lächelte in sich hinein, als er sich fragte, ob sie ebenso hoheitsvoll wie eben auf der Truhe gesessen hatte, oder ob sie nackt im Bett gelegen und die Decke für ihn hochgehalten hatte, als sie ihn vergeblich dazu zu überreden versuchte, ihren Mann mit ihr zu betrügen. Er wusste es, und sie wusste, dass er es wusste, denn mit jedem ihrer verschlüsselten, zweideutigen Sätze hatten sie sich gegenseitig darüber informiert. Diese Dominanz bei einer Frau! Er schüttelte leicht den Kopf, nicht abgestoßen, sondern fasziniert, und auch nicht ausschließlich fasziniert, sondern … Er war ehrlich genug, sich selbst gegenüber zuzugeben, dass er, wäre er an Lorenzos Stelle gewesen, zwar ebenfalls abgelehnt hätte, aber dass die Loyalität gegenüber ihrem Ehemann, seinem Herrn, nicht der einzige Beweggrund dazu gewesen wäre, sondern ganz simpel die Angst davor, sich in die Hände dieser Frau zu begeben. Er nahm an, dass es Lorenzo ebenso ergangen war. Dabei waren die Gelegenheiten für Männer wie sie, eine Frau mit Klasse zu besitzen, denkbar gering. Lorenzo mochte das Idol seiner merkwürdigen Truppe und sogar das seines Herrn sein, und Bandinis Name hatte in jeder Stadt einen guten Klang, in der Kaufleute lebten, die ihre Waren und ihre höchsteigenen Personen gern unversehrt von A nach B verfrachtet sahen – aber wenn es darum ging, ihre menschlich-männlichen Bedürfnisse zu stillen, waren sie auf willige, kichernde Mägde angewiesen, die keinerlei Raffinessen kannten, weil sie daran gewöhnt waren, dass sich jemand im Stall von hinten an sie heranmachte, ihnen den Rock über den Hintern schob und zu rammeln begann, während sie damit fortfuhren, die Ziege zu melken, den Boden zu kehren oder die Wassereimer in die Zisterne zu leeren. Bandini nahm an, dass Beatrice Bianchi im Vergleich dazu eine Offenbarung im Bett gewesen wäre und dass sie auch den Vergleich mit jeder anderen ihrer Standesgenossinnen aushielt, und er war überzeugt, dass von zehn Männern acht ihrem Ruf gefolgt wären.
    Blieben zwei übrig – er selbst und Lorenzo Ghirardi.
    Jeden Tag lerne ich ein bisschen mehr über dich, messere Ghirardi, dachte er. Wenn du mir so weit vertraut bist, dass deine Gedankengänge die meinen sind, gehörst du mir.
    Nachdem er Niccolò die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte, blieb er mitten in seiner Kammer stehen. Die Dunkelheit war fast vollkommen, aber es störte ihn nicht. Sein Geist war hell erleuchtet – das Jagdfieber brannte wieder in ihm. Zugleich brannte auch ein leiser Zweifel: Lorenzos Gedankengänge waren bereits die seinen, aber nicht, weil er sie sich angeeignet hatte, sondern weil Bandini und seine Beute sich im Grund ihrer Herzen so ähnlich waren wie zwei Stücke vom selben Brot. Er schaffte es, den Zweifel mit den Flammen seines Jagdeifers zu ersticken, und machte sich daran, das weitere Vorgehen in seinem Gehirn zu skizzieren.

Kapitel 25.
    D ie vier Abgeordneten des Dorfs saßen zwischen Cortos Wolfspack am Feuer. Nur die gedämpfteren Farben ihrer Kleidung unterschieden sie auf den ersten Blick von den Wölfen; sie machten ebenso lange Gesichter wie Cortos Männer und starrten ebenso schweigend ins Feuer. Als Lorenzo in den Lichtkreis trat und die Szene betrachtete, meinte er, vor einer Gruppe Menschen zu stehen, denen ein Maultier kollektiv vor die Stirn getreten hatte. Er spürte Schwester Magdalenas Anwesenheit zu seiner Linken. Schließlich wandte er den Blick ab und sah sie an. Er glaubte in ihren Augen eine Botschaft zu erkennen, doch er konnte sie nicht lesen.
    Die beiden anderen Klosterschwestern saßen bei Clarice Tintori und den beiden Jungs. Einer der Jungen war mit dem Kopf im Schoß von Schwester Radegundis eingeschlafen. Clarice starrte mit undeutbarem Gesichtsausdruck vor sich hin; als Lorenzo ihrem Blick folgte, sah er Corto und Fabio dicht beieinanderstehen. Er wandte sich wieder Clarices Augen zu, doch schien diese seinen Blick bemerkt zu haben. Für einen Herzschlag lang kreuzten sich ihre Blicke, dann sah sie beiseite und machte ein Gesicht wie eine Fürstin, die sich herabgelassen hatte, einmal im Jahr bei ihrem Gesinde zu sitzen,

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