Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
sagte der junge Herr des Hauses.
»Schon gar nicht, wenn sich herausstellt, dass Lorenzo Ghirardi die in ihn gesetzten Erwartungen so grob enttäuscht.« Eine weitere Nelke gesellte sich den exakten Reihen ihrer Kameraden hinzu. Es gab ein leise ploppendes Geräusch, wenn das Nägelchen den Stoff durchdrang. Wenn man weit genug vom Richtplatz entfernt war, klang das Schwert des Henkers ebenso, wenn es den Hals des Delinquenten durchschlug – wock!
»Niccolò hier, das ist der Mann, in den mein Vater sein Vertrauen hätte setzen sollen, ein treuer und fähiger Knecht«, sagte Domenico Bianchi junior und hätte Antonios Meinung über ihn damit noch weiter verschlechtert, wenn sie nicht von vornherein schon abgrundtief schlecht gewesen wäre. Niccolò nickte und tat so, als sei er verlegen, während er gleichzeitig geschmacklos genug war, vor Stolz zu erröten.
»Ich freue mich zu hören, dass meine Worte in diesem Haus nicht überall auf unfruchtbaren Boden fallen«, sagte Bandini.
Beatrice Bianchi schien plötzlich genug von der Farce zu haben. Sie legte das Gesteck beiseite und legte die Hände in den Schoß.
»Mein Sohn rüstet eine Truppe aus, die Sie aufstellen werden. Sie haben dazu bis morgen Abend Zeit. Dauert es länger, kommt die Sache meinem Mann zu Ohren, und dann wird er Ihre Aktivitäten unterbinden. Sie ziehen mit den Männern los, legen den Banditen das Handwerk, bringen die kleine Tintori unverletzt zurück und außerdem einen Sack, in dem sich Lorenzo Ghirardis Kopf befindet und dessen Gewicht in Münzen Sie als zusätzliche Belohnung betrachten können.«
»Ich kann Ihnen jedes Körperteil von ihm bringen, das Sie in Geld aufgewogen haben möchten«, sagte Antonio, der die Antwort wieder sorgfältig überlegt hatte.
Beatrices Blick flackerte nicht einmal. »Ich verstehe Ihre Anspielung nicht.«
»Ich verstehe mich manchmal selbst nicht. Verzeihen Sie bitte, Monna Bianchi.«
Niccolò holte Atem. »Darf ich vorschlagen, dass ich den patron – ich meine: capitano Bandini – begleite? Als sein Stellvertreter?«
Bandini öffnete den Mund, um abzulehnen, aber Domenico Bianchi war schneller. »Gute Idee, Niccolò. Auf diesem Ritt können Sie nicht genug fähige Männer bei sich haben, was, Bandini? Seien Sie Niccolò dankbar, dass er die Strapazen auf sich nehmen will, wo er doch gerade erst zurückgekommen ist.«
»Ich bin sprachlos vor Dankbarkeit«, sagte Bandini, ohne den Blickkontakt mit Beatrice Bianchi zu unterbrechen. Ihre Lippen zuckten leicht, als müsse sie ein spöttisches Lächeln unterdrücken. Bandini war sicher, dass sie es spurlos hätte unterdrücken können, wenn sie dies gewünscht hätte.
»Viel Erfolg«, sagte sie und neigte leicht den Kopf. Die Audienz war beendet. Antonio verbeugte sich.
»Ich erlaube Niccolò, Sie morgen durch die Stadt zu begleiten, Bandini«, sagte Domenico Bianchi. »Sie kennen sich hier ja nicht aus, stimmt’s?«
»Ich bin hier geboren«, sagte Bandini fast gegen seinen Willen.
»Ach was? Dann ist die Namensgleichheit mit diesem Verräterschwein Bernardo Bandini kein Zufall?«
Antonio erwürgte den ahnungslosen Vollidioten in Gedanken, doch es gelang ihm, nach außen hin vollkommen unbewegt zu bleiben. »Er war mein Onkel«, sagte er.
»Santa Maria del Fiore!«, sagte Domenico junior. »Ich werd verrückt.«
»Kein Grund dazu, Ser Bianchi«, erwiderte Antonio. »Seither ist viel Wasser den Arno hinuntergeflossen.« Die Lüge ging glatt über seine Lippen.
»Viel Wasser den Arno hinuntergeflossen? Das hört sich gut an. Heutzutage würden wir sagen: Es ist scheißlange her! Gefällt mir, dieser antike Stil. Wissen Sie, was der Mann sagte, der in Florenz in den Arno pinkelte, weil das Boot seines Bruders in Pisa auf Grund gelaufen war? ›Jedes bisschen hilft.‹ Hahahaha … Der hätte sich auch gewünscht, dass viel Wasser den Arno hinunterfließt, was, Bandini? Hahaha!«
Schweigsam trottete Antonio Bandini hinter Niccolò her, der darauf bestanden hatte, ihn auf dem wohlbekannten Weg zu seiner Dachkammer zu führen, um seinen Wert als Stellvertreter zu beweisen. Diese Wendung der Dinge war vollkommen unerwartet gekommen. Dabei waren die Motive, die Mutter und Sohn Bianchi dazu trieben, ihn hinter dem Rücken des Familienvorstands zu unterstützen, sonnenklar.
Domenico Bianchi junior steckte nominell hinter der Aktion, weil Beatrice Bianchi als gute florentinische Ehefrau im Hintergrund zu bleiben hatte. Natürlich war die Idee dazu aber
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